Eternally - Cach, L: Eternally
Anzeichen von den Kreischern. Keine seltsamen, »hypnagogischen« Halluzinationen, also Halluzinationen im Halbschlaf vor dem Einschlafen. Keine nur halb-erinnerten merkwürdigen Geschichten, die in Caitlyns Kopf herumschwirrten, wenn sie aufwachte. Nichts.
Nach Jahren der Angst vor den Dingen, die sie nachts in ihren Träumen heimsuchten, wünschte sich Caitlyn jetzt, dass sie in all ihrer herrlichen Grauenhaftigkeit zurückkommen und ihr den Kopf vollkreischen würden. Vor Angst halb zu sterben war besser als diese Leere, die sich mit dem Schlaf auf sie niedersenkte und zwischen dem Abend und dem Morgen nichts zu bieten hatte als verlorene Zeit.
Sogar Madame Snowe hatte in dieser Angelegenheit etwas zu sagen. Sie hatte Caitlyn zu einer Unterredung gebeten, da sie wegen des leeren Traumtagebuchs beunruhigt war.
»Ich kann doch nicht für immer aufgehört haben zu träumen, oder?«, fragte Caitlyn mit fast hysterischer Stimme. »Das ist nicht möglich, oder?«
»Leider doch.« Caitlyn hörte unterschwellige Verärgerung in Madame Snowes Stimme, als habe Caitlyn absichtlich etwas getan, um sie zu verstimmen. »Das sehr seltene Charcot-Wilbrand-Syndrom wird seit etwa 1880 erforscht. Eine Hirnverletzung kann den Totalverlust von Träumen zur Folge haben. Dein Gehirn schien nach dem Unfall keine Schwellung aufzuweisen, aber vielleicht haben die Ärzte etwas übersehen.«
»Aber die Träume kommen doch zurück, oder?«
»Möglicherweise ja, aber wenn, dann sind sie oft schwächer und seltener. Und weniger lebhaft. Ein Schatten ihres früheren Selbst, wenn du so willst.« Die Schulleiterin blähte die Nasenlöcher, als sei es verachtenswert, dass Caitlyn nicht mehr träumte.
»Das kann nicht sein! Sie müssen zurückkommen«, sagte Caitlyn und hoffte verzweifelt auf Bestätigung.
»Vielleicht hast du Glück«, sagte Madame Snowe schroff. » Fortune rota volvitur .«
Bestürzt von dem barschen Ton der Schulleiterin und der Möglichkeit, ihre Träume und Raphael für immer verloren zu haben, hatte Caitlyn den Kopf geschüttelt.
»Zur Hölle mit Fortuna«, murmelte sie jetzt, als sie daran dachte.
»Wie meinen?«, sagte Amalia und blickte von einem dicken Wälzer auf.
»Ich habe die Launen von Fortuna verflucht.«
»Wenn du schon dabei bist, kannst du auch den Setzer dieses Buchs verfluchen. Die Buchstaben sind kaum lesbar.«
Caitlyn, Naomi und Amalia saßen um einen Bibliothekstisch, den sie in den letzten paar Wochen zu ihrem erkoren hatten. Sie benutzten Caitlyns Geschichtsarbeit als Vorwand, um die Bibliothekarin darum zu bitten, jedes Buch in der Bibliothek auszugraben, das in irgendeiner Weise die Ära der Caterina de’ Medici in Frankreich und Italien behandelte. Es stellte sich heraus, dass es eine Menge Bücher waren, da sich Madame Snowes Familie für die Medici-Familie interessiert hatte, bestimmt wegen ihres Porträts von Bianca de’ Medici.
Ein weiterer, wesentlich kleinerer Stapel Bücher enthielt einen Band über die Tempelritter, drei Abhandlungen über Geologie, einen schmalen Führer zur Höhlenforschung und zwei Bücher über Hypnose.
Wann immer sie frei hatten, durchforsteten Naomi und Amalia die französischen und italienischen Bücher, Caitlyn ackerte sich durch die englischen. Sie suchten nach irgendeiner Erwähnung der Menschen, die Caitlyn in ihrem Traum gesehen oder von denen sie gehört hatte. Aber als die Tage ergebnislos vergingen, begannen Zweifel an Caitlyn zu nagen. Und mit den Zweifeln kamen Schuldgefühle, weil Naomi und Amalia ihretwegen einen solchen Aufwand betrieben.
Die Schuldgefühle wurden immer größer, bis sie es schließlich nicht mehr aushielt. »Vielleicht ist das alles sinnlos«, sagte Caitlyn. »Vielleicht gibt es nichts zu finden. Es waren schließlich nur Träume. Sie wirkten real, aber – «
»Aber nichts«, sagte Naomi. Sie blätterte eine Seite um und las weiter.
»Wir haben keinerlei Beweis dafür, dass irgendetwas, was ich in meinen Träumen gesehen habe, echt ist. Vielmehr sieht es so aus, als hätte ich mir alles ausgedacht. Ich verliere wahrscheinlich den Verstand.«
Naomi blickte von ihrem Buch auf. »Caitlyn, wir haben diesen Wind am gouffre gespürt.«
»Madame Brouwer sagt, sie ist jetzt sicher, dass es irgendeine Art Fallbö war, eine Art umgedrehter Tornado von einer Sturmwolke. Sie können so stark sein, dass sie Bäume umknicken.«
»Warum hat er dann nicht mal einen Zweig geknickt? Warum hat er nur unsere Haare zerzaust?«
»Sieh es
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