Ethan von Athos
mörderischen Wahnsinnigen oder von – Leuten, die eine Heidenangst haben. Und während ich für Hauptmann Rau nicht die Hand ins Feuer legen würde, kommt mir Ghem-Oberst Millisor nicht wie ein Wahnsinniger vor.«
»An meinem Fall könnten Sie es nicht herausfinden«, sagte Ethan düster. Sein Sehvermögen war immer noch nicht wieder ganz in Ordnung, in seinen Muskeln kamen und gingen Zuckungen.
Sie kamen zu einer großen Luke in der Korridorwand. Renovierung stand auf einem hellen Schild, Betreten für Unbefugte verboten.
Kommandantin Quinn machte sich an der Steuerbox zu schaffen – Ethan bekam nicht ganz mit, was sie da tat –, und die Luke öffnete sich. Quinn ließ die Palette hindurchschweben. Aus dem Korridor, den sie gerade verlassen hatten, waren eine Stimme und ein Lachen zu hören. Sie ließ die Luke schnell wieder schließen. Totale Finsternis umgab sie.
»Na also«, murmelte sie und schaltete ein Handlicht ein. »Niemand hat uns gesehen. Unverdientes Glück. Es wird auch verdammt Zeit, dass es uns mal hold ist.«
Blinzelnd sah sich Ethan in der neuen Umgebung um. Ein leeres rechteckiges Bassin bildete das Mittelstück eines großen, luftigen Raums voller Säulen, durchbrochenem Gitterwerk, Mosaiken und kunstvollen Fensterbögen.
»Das soll die genaue Replik eines berühmten Bauwerks auf der Erde sein«, erklärte Kommandantin Quinn. »Die Elhamburger oder so was. Ein sehr wohlhabender Transportunternehmer ließ sie fertigstellen – tatsächlich war sie schon ganz fertig –, als sein Vermögen plötzlich durch einen Rechtsstreit blockiert wurde. Der Prozess zieht sich jetzt schon vier Monate hin, und die Baustelle ist immer noch behördlich geschlossen. Sie können hier auf unseren Freund aufpassen, bis ich wieder zurückkomme.« Sie klopfte auf den Deckel des Kanisters.
Um den Tag komplett zu machen, hätte für Ethan nur noch gefehlt, dass es aus dem Kanister zurückgeklopft hätte. Aber sie hatte schon die Palette auf den Boden sinken lassen und stapelte ein paar Kissen auf. »Keine Decken«, murmelte sie. »Meine Jacke muss ich behalten. Aber wenn Sie sich darin vergraben, dann sollte Ihnen warm genug sein.«
Es war, als fiele er in eine Wolkenbank. »Vergraben«, flüsterte Ethan. »Warm …«
Sie griff in ihre Jackentasche. »Und hier ist ein Schokoladenriegel, der wird Sie vor dem Verhungern retten.«
Er konnte sich nicht zurückhalten und grapschte danach.
»Ach, noch etwas. Sie können hier die sanitären Anlagen nicht benutzen. Das würde auf den Computermonitoren gemeldet werden. Ich weiß, es klingt schrecklich, aber – wenn Sie mal müssen, dann benutzen Sie den Kanister.« Sie machte eine kleine Pause. »Es ist schließlich nicht so, als ob er es nicht verdient hätte.«
»Ich würde lieber sterben«, sagte Ethan deutlich, den Mund voll mit Nüssen und Süßzeug. »Ah – werden Sie lange weg sein?«
»Mindestens eine Stunde. Hoffentlich nicht mehr als vier. Sie können schlafen, wenn Sie wollen.«
Ethan bemühte sich wach zu bleiben. »Danke.«
»Und jetzt«, sie rieb sich munter die Hände, »Phase zwei der Suche nach dem L-X-10 Terran-C.«
»Dem was?«
»Das war der Codename von Millisors Forschungsprojekt. Abgekürzt Terran-C. Vielleicht stammte ein Teil dessen, woran immer sie arbeiten, von der Erde.«
»Aber Terrence Cee ist ein Mann«, sagte Ethan. »Die fragten mich dauernd, ob ich hier war, um ihn zu treffen.«
Einen Moment lang war sie völlig still. »So …? Wie seltsam. Wie äußerst seltsam. Das habe ich bisher nicht gewusst.« Ihre Augen waren hell wie Spiegel. Dann war sie auch schon fort.
KAPITEL 5
Ethan erwachte jäh und hielt den Atem an, als etwas auf seinem Bauch landete. Er schnellte hoch und blickte wild um sich. Vor ihm stand Kommandantin Quinn im schwankenden Schein ihres Handlichts. Die Finger ihrer anderen Hand trommelten einen nervösen Staccato-Rhythmus auf ihr leeres Betäuberhalfter. In seinem Schoß stießen Ethans Hände auf ein dickes Bündel Stoff: den Overall eines Arbeiters der Station, um ein dazu passendes Paar Stiefel gewickelt.
»Ziehen Sie das an«, befahl sie, »und beeilen Sie sich. Ich glaube, ich habe einen Weg gefunden, wie wir die Leiche loswerden können, aber wir müssen dort vor Schichtwechsel ankommen, damit ich die richtigen Leute im Dienst antreffe.«
Er zog sich an. Sie half ihm ungeduldig bei den ungewohnten Laschen und Haken und ließ ihn wieder auf der Schwebepalette Platz nehmen. Er kam sich dabei
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