Etwas Endet, Etwas Beginnt
gehabt in irgendeinem Winkel, wo es still und ruhig war, Radau zu machen.
Die ganze Korona außer Monika, die diesmal entschlossen und überzeugend eine Migräne vortäuschte. Natürlich versuchte man, sie zu überreden. Er versuchte es. Natürlich lehnte sie ab. Er wollte bei ihr bleiben. Das lehnte sie ebenfalls ab.
Warum, fragte sie sich später, als sie allein spazieren ging, ohne Ziel, ohne auf die Gegend zu achten oder auf die an der Straße entlangführenden Trampelpfade anderer Urlauber. Warum habe ich abgelehnt? Wovor habe ich Angst?, dachte sie, während sie den zweiten am Wege gefundenen Zweig bog. Wovor fliehe ich? Vor dem Leben? Weil das Leben keine Poesie ist?
Ich werde bis zum Abend so spazieren, dachte sie. Und am Abend …
Am Abend werde ich wirklich Kopfschmerzen haben. Ich spüre es schon. Etwas Ungutes geht mit mir vor. Etwas sehr Ungutes.
Ein kleiner Junge, den seine Mutter mit Gewalt von einem Kiosk voller bunter Köstlichkeiten wegzog, schaute die vorübergehende Monika an und begann unvermittelt durchdringend, hemmungslos zu schreien.
Sie beachtete ihn nicht.
Wovor habe ich Angst?, dachte sie. Vor der Enttäuschung? Ist denn das, was ich jetzt tue, keine Enttäuschung?Was werde ich empfinden, wenn ich mich heute Abend verkrieche, mich vor ihm einschließe? Die erfüllte Liebe, von der die Geliebte Walthers von der Vogelweide singt – vielleicht liegt darin wirklich der Sinn? Und vielleicht steckt er nicht im Wort »Liebe«, sondern im Wort »Erfüllung«? Vielleicht könnte ich mich morgen früh, dachte sie, während sie ihren Zweig immer stärker bog, vielleicht wäre ich morgen früh tatsächlich imstande, stolz um mich zu blicken und zu rufen: Seht alle, seht, wie ist so rot mein Mund!
Vielleicht.
Ich weiß, wovor ich Angst habe, dachte sie, als sie über die Brücke ging.
Vor meiner eigenen Schwäche.
Wie viel, dachte sie, während sie den Zweig bog, würde ich dafür geben, stark zu werden. Nein, nicht schön, obwohl …
Aber stark.
Der Zweig brach mit einem Knacken.
Unter der Brücke, am Rande des Flusses, begann einer der vorüberfahrenden Kajakfahrer gotteslästerlich zu fluchen, während er konsterniert auf die beiden Bruchstücke des Paddels in seinen Händen starrte.
Flammen. Lodernde Flammen, die sie von allen Seiten umringen, Hitze, die in die Augen schlägt, Rauch ohne Zug. Eine Kette, die in den Leib schneidet, erbarmungslos fesselt … Das Fauchen des brennenden Ofens, bereit, Feuer und Kohlen zu versprühen …
Sonne. Und Wind. Wind vom
Fluss
, das Rauschen des Erlenlaubs. Ein Arm, um sie geschlungen, der Wärme und Kraft verströmt. Du bist bezaubernd, weißt du das? Du hast eine Menge Zauber in dir. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich dein Gesicht.
Ach, Jacek.
Ich will nicht in den Wald, schreit Elka, genannt das Schneehuhn. Nein, dort gibt es Spinnen! Ich fürchte mich vor Spinnen! Ich würde wohl sterben, wenn …
Tandaradei! Helle Augen, fast durchsichtig. Wenn du als Nachtfalter zurückkehrst, wirst du entflammen.
Sag, dass du mich gernhast. Die Augen des Minnesängers sind schwarz und riesig. Sag es mit der Stimme eines glücklichen Mädchens, das zusammen mit dem Geliebten auf einem Bett von Blumen geruht hat. Und dort, auf dem Bett von Blumen …
Du wirst entflammen. Du wirst verlöschen. Der Rost wird dich zerfressen.
Wo habe ich dieses Lächeln gesehen?
Ein schwarzer Hain, riesige krumme Eichen, ihre schwarze Rinde bedeckt von Auswüchsen, die wie Geschwülste aussehen. Eine Menschenmenge, alle in Pelzmasken mit großen, hochstehenden Ohren. Ein Mädchen, nackt bis zum Gürtel.
Ein Stein, schwarz, flach. Auf ihm … Rosen?
An den Rosen er wohl mag
Sehen, wo das Haupt mir lag …
Tandaradei!
Zernebock, schreit Elka, genannt das Schneehuhn. Euch zieht der
Fluss
an, zieht euch an wie ein Magnet. Helle Augen, fast durchsichtig. Ein Einhorn, die Vorderbeine zu einer heraldischen Pose erhoben.
Gib die Hand. Das ist der Minnesänger. Nein, nein, schreit Elka, nehmt ihn weg, er ist abscheulich, ihr wisst, dass ich mich vor Spinnen fürchte.
Du weckst mich … Ich erinnere mich an die vollen Lippen von Beatrix, der Tochter Berengars von Passau.
Zernebock
, schreit das halbnackte Mädchen und drückt die Rosen auf den flachen, schwarzen Stein.
Der Schwartze Wahnsinn!
Gib die Hand. Steh auf. Du wirst mit mir kommen, um die Wahrheit zu erfahren. Klugheit bringt keinen Betrug, glaub das nicht. Klugheit
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