Eulen
nicht leiden, wenn jemand anderes mit seinem Pick-up fuhr, und so war er ziemlich muffig, als seine Frau ihn am Bauwagen absetzte.
Bevor er sich vor dem Fernseher niederließ, nahm Curly seine Pistole aus dem Gurt und machte einen raschen Gang über das Grundstück. Alles schien in Ordnung, nichts war angetastet, nicht einmal die Vermessungspfosten. Er vermutete schon, dass allein seine Anwesenheit ausreichte, um Eindringlinge vom Bauplatz abzuschrecken. Die wirkliche Nagelprobe würde allerdings erst heute Nacht stattfinden – ohne den Pick-up, der sonst immer in der Nähe des Bauwagens geparkt war, würde der Platz verlassen und einladend aussehen.
Er lief am Zaun entlang und stellte erfreut fest, dass ihm keine einzige Wassermokassinschlange begegnete. Das bedeutete, dass er die fünf Kugeln, die er noch hatte, für ernsthafte Bedrohungen aufbewahren konnte. So ein Fiasko wie das mit der Feldmaus wollte er allerdings nicht noch einmal durchmachen, das hatte ihn den letzten Nerv gekostet.
Fest entschlossen, ungebetene Nagetiere fern zu halten, stellte Curly rings um den Bauwagen herum an strategisch günstigen Stellen Rattenfallen auf, nachdem er Erdnussbutter hineingetan hatte.
Gegen fünf machte er sich ein Fertigmenü in der Mikrowelle heiß und schob den Film in den Videorekorder. Das Putengeschnetzelte war nicht übel und der Kirschstrudel erwies sich als erstaunlich lecker. Curly ließ kein Krümelchen davon übrig.
Nur der Film war dummerweise eine Enttäuschung. Er hieß Das letzte Haus am Hexenboulevard, Folge 3, und eine der Schauspielerinnen war niemand anderes als Kimberly Lou Dixon.
Ein Angestellter der Videothek hatte Curly geholfen, den Film zu finden, der schon vor mehreren Jahren gedreht worden war, noch bevor Kimberly Lou Dixon als Mama Paula im Werbefernsehen auftrat. Im Film spielte sie eine College-Studentin, die Cheerleader war und in eine Hexe verzaubert wurde. Daraufhin fing sie an, in ihrem Keller die besten Footballspieler des Colleges in einem großen Topf zu kochen. Ihr Haar war für die Rolle feuerrot gefärbt und sie trug eine künstliche Nase mit einer Gummiwarze.
In der Schlussszene entkommt der Quarterback der Mannschaft dem Kochtopf und streut eine Art Zauberstaub auf Kimberly Lou Dixon, die sich daraufhin von einer Hexe zurückverwandelt in einen hübschen Cheerleader, bevor sie ihm in die Arme sinkt. Aber kaum will der Quarterback sie küssen, verwandelt sie sich wieder, dieses Mal in einen toten Iguana.
Angewidert schaltete Curly den Rekorder aus. Im Fernsehen fand er ein Golfturnier, aber davon wurde er nur schläfrig. Der erste Preis waren eine Million Dollar und eine neue Limousine, trotzdem schaffte es Curly nicht, die Augen offen zu halten.
Als er aufwachte, war es draußen bereits dunkel. Ein Geräusch hatte ihn hochfahren lassen, aber er konnte nicht sagen, was es gewesen war. Da auf einmal hörte er es wieder: Schnapp!
Im selben Moment ertönte ein Schrei, womöglich der eines Menschen, aber Curly war sich nicht sicher. Er stellte den Fernseher stumm und griff nach seiner Waffe.
Etwas – ein Arm, eine Faust? – polterte gegen die Aluminiumwand des Bauwagens. Dann wieder das schnappende Geräusch, gefolgt von einem unterdrückten Fluch.
Curly schlich zur Tür und wartete. Sein Herz klopfte so wild, dass er fürchtete, der Eindringling könne es hören.
Sobald Curly sah, dass der Türknauf sich bewegte, ging er in Aktion. Er senkte eine Schulter, ließ einen Schrei los, wie er es bei der Marine gelernt hatte, und schoss zur Tür hinaus, die er dabei aus den Angeln hob.
Der Eindringling landete schreiend am Boden. Curly stellte ihm einen Stiefel auf den Bauch, um ihn am Wegrennen zu hindern.
»Keine Bewegung!«
»Nein! Nein! Bestimmt nicht!«
Curly ließ seinen Revolver sinken. Im Licht des Bauwagens erkannte er, dass der Einbrecher nichts weiter als ein Junge war – ein großer, fetter Junge. Er war aus Versehen über die Rattenfallen gestolpert, von denen sich zwei um die Turnschuhe des Jungen gelegt hatten.
Das muss doch wehtun, dachte Curly.
»Nicht schießen! Nicht schießen!«, schrie der Junge.
»Ach, halt die Klappe.« Curly steckte seine Pistole zurück in den Halfter. »Wie heißt du, Bürschchen?«
»Roy. Roy Eberhardt.«
»Also, Roy, du steckst ganz schön in der Tinte.«
»Tut mir Leid, Mann. Aber rufen Sie nicht die Polizei, bitte. Okay?«
Der Junge fing an zu zappeln, also drückte Curly ihm den Stiefel noch fester auf den Bauch.
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