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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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Beschilderung, bis er das Bauamt gefunden hatte. Hinter dem Tresen stand ein blasser junger Mann mit sommersprossigem Gesicht und hängenden Schultern. Als der Angestellte ihn gar nicht zur Kenntnis nahm, ging Roy mutig auf ihn zu und bat um die Akte für Mama Paulas Pfannkuchenhaus AG.
    Der Sachbearbeiter schien amüsiert. »Weißt du denn das Aktenzeichen?«
    »Wovon?«
    »Von dem Grundstück.«
    »Ich weiß, wo es liegt. Ecke East Oriole und Woodbury.«
    Der Angestellte sagte: »Das ist keine genaue Kennzeichnung. Das ist ja kaum eine richtige Adresse.«
    »Tut mir Leid, mehr hab ich nicht.«
    »Brauchst du das für die Schule?«, fragte der Mann.
    Wieso eigentlich nicht?, überlegte Roy. »Ja«, sagte er dann.
    So eine kleine Notlüge konnte doch nicht so schlimm sein, wenn sie half, die Eulen zu retten.
    Der Angestellte sagte, Roy solle warten, während er die Adresse überprüfte. Nach einer Weile kam er mit einem Haufen Akten unter dem Arm zurück. »So, und welche willst du nun sehen?«, fragte er mit einem leicht spöttischen Grinsen.
    Roy starrte ihn entgeistert an. Er hatte keine Ahnung, womit er anfangen sollte.
    »Vielleicht mit der, in der die Baugenehmigungen sind?«, schlug er vor.
    Der Angestellte ging den Stapel durch. Roy hatte die dunkle Vorahnung, dass die Formulare und Dokumente so unverständlich geschrieben waren, dass er sie vermutlich ohnehin nicht verstehen konnte. Genauso gut könnten sie auf Chinesisch geschrieben sein.
    »Hm, hm«, machte der Sachbearbeiter und schaute den Stapel noch einmal durch. »Die Akte ist nicht da.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Roy.
    »Der Ordner mit all den Genehmigungen und den Inspektionsberichten – anscheinend ist er ausgeliehen.«
    »Von wem denn?«
    »Ich muss erst mit meiner Chefin sprechen«, sagte der Sachbearbeiter, »aber die ist schon nach Hause gegangen. Unser Büro macht um halb fünf zu, und es ist – mal sehen – drei Minuten vor halb.« Er klopfte mit dem Finger nachdrücklich auf seine Armbanduhr.
    »Na gut, dann komme ich morgen wieder«, sagte Roy.
    »Vielleicht solltest du dir lieber ein anderes Thema für dein Referat suchen«, sagte der Sachbearbeiter mit aufgesetzter Höflichkeit.
    Roy lächelte kühl. »Nein, danke. So schnell geb ich nicht auf.«
    Vom Rathaus fuhr er zu einem Angelladen und kaufte von seinem übrigen Essensgeld eine Schachtel mit lebenden Grillen. Eine Viertelstunde später schlich er über den Schrottplatz.
    Fischfinger war nicht im Eiswagen, aber sein Schlafsack war noch da. Roy wartete eine Weile, doch ohne Klimaanlage war es im Wagen unerträglich heiß und stickig. Nicht lange, und Roy saß wieder auf seinem Rad, dieses Mal in Richtung East Oriole und Woodbury.
    Das Tor war verschlossen und von dem mürrischen, glatzköpfigen Wachmann war nichts zu sehen. Roy ging außen am Zaun entlang und hielt Ausschau nach Beatrice’ Stiefbruder oder irgendwelchen netten Überraschungen, die der Junge für die Pfannkuchentypen hinterlassen haben mochte.
    Roy hätte nichts Ungewöhnliches bemerkt, wenn er nicht eine der Eulen erschreckt hätte, die daraufhin von ihrem Bau aufflog und in der Kabine eines der Bulldozer landete. In dem Moment bemerkte Roy, dass der Sitz fehlte. Sofort schaute er zu den übrigen Baumaschinen hinunter – überall das Gleiche.
    Aha, dachte Roy, das hatte Fischfinger neulich abends vor. Und deswegen sollte ich einen Schraubenzieher mitbringen.
    Roy ging zurück zum Tor, öffnete die Schachtel mit den Grillen und hielt sie an den Zaun. Eine nach der anderen sprang zwischen den Drahtschlingen hindurch und landete am Boden. Roy hoffte, dass die Eulen sie finden würden, wenn sie zum Abendessen aus ihren Höhlen kamen.
    Er hätte vermutlich verschwinden sollen, als er es zum ersten Mal hupen hörte, aber er tat es nicht. Er hockte einfach geduldig da und wartete, bis auch die letzte kleine Grille die Schachtel verlassen hatte.
    Inzwischen war aus dem Hupen ein blökender Dauerton geworden und der blaue Pick-up kam mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Roy ließ die Schachtel fallen und schwang sich auf sein Rad, aber es war zu spät. Der Wagen versperrte ihm den Fluchtweg.
    Mit einem Satz war der glatzköpfige, rotgesichtige Fahrer aus dem Auto und hob Roys Rad am Sitz hoch. Roy strampelte wie verrückt, kam aber nicht von der Stelle.
    »Wie heißt du? Was machst du hier?«, polterte der Wachmann. »Das hier ist ein Privatgrundstück, weißt du das nicht? Du willst wohl in den Knast, wie?«
    Roy

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