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Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht

Titel: Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Kay
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mussten jetzt ungefähr auf der Höhe vom Strand sein, an dem Vio angespült worden war. Die Erinnerung daran schnitt mir ins Herz. Wenn ich es doch nur irgendwie hätte verhindern können.
    »Er hat uns bemerkt«, riss mich Curly aus meinen trübseligen Gedanken und blieb unvermittelt stehen. Ich hielt ebenfalls an und horchte angestrengt in die Finsternis. Außer der Brandung und meiner eigenen Atmung drangen keine Geräusche an mein Ohr.
    »Er starrt die ganze Zeit zu uns rüber, aber er rührt sich nicht«, flüsterte Curly nach einer schier endlosen Zeit. »Ich glaube wir können vorsichtig weitergehen.« Sie zog mich mit. Nach ein paar Metern konnte ich schemenhaft etwas vor mir ausmachen. Curlys Arm hielt mich wieder zurück, brachte mich schließlich zum Stillstand.
    »Was wollt ihr hier«, fauchte es aus dem Dunkeln. Eine Gänsehaut kroch über meinen Rücken. Es war tatsächlich Konrads Stimme. Sie war ganz nah, er musste nur wenige Meter von uns entfernt sein.
    »Hallo Konrad, wir haben dich gesucht«, erwiderte Curly neben mir. Nichts in ihrer Stimme verriet etwas über die Brisanz der Situation. Sie hätte in dem Tonfall auch genauso gut sagen können, dass sie ihm ein Eis mitgebracht hat.
    »Ihr solltet eher das Weite suchen«, ertönte es noch näher vor mir. Dann konnte auch ich ihn sehen. Konrads Pupillen glommen rot auf, wie glühende Kohlen, die unvermittelt von einem Windhauchgetroffen wurden. Curly und er stierten sich gegenseitig an. Beide trennte weniger als ein Meter. Sie belauerten einander unbeweglich, sofort bereit zum Sprung anzusetzen, bei einer falschen Geste des Gegenübers. Curly konnte mich nicht nur beschützen, sondern war auch willens, es zu tun.
    »Und warum genau sollten wir das tun?«, fragte Curly. Immer noch hörte ich keinen drohenden Unterton in ihrer Stimme, nur einen sanften Tadel. Gleichberechtigte, gleichstarke Wesen unter sich.
    »Weil es besser für euch wäre. Und weil es hier ja eine Person gibt, die
noch
an ihrem Leben hängt«, sagte Konrad wütend.
    »Verdammt nochmal!«, platzte Curly der Kragen. »Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Meine Mutter hat schon halb Norddeutschland nach dir abgesucht …«
    »Oh, und da sollte ich mich jetzt freuen und vor Freude in die Hände klatschen oder was?« Konrad schnaubte abfällig.
    »Konrad, wir wollen dir nur helfen.«
    »Ich brauche aber keine Hilfe, verstanden?« Sein hasserfüllter Blick blieb an mir kleben. Ich hatte während ihres ganzen Gespräches unbeweglich neben Curly gestanden und vor Anspannung kaum gewagt zu atmen. »Und schon gar nicht von einer Mörderin!« Er spie die letzten Worte förmlich in mein Gesicht.
    Trotz wallte in mir auf und besiegte meine aufkeimende Furcht, als ich mich ihm zuwandte. »Ich kann nichts für Vios Tod. Das … das war ein Unfall. Ein Blitzschlag, Konrad. Ich war es nicht. Und glaub mir, ich würde alles tun, damit sie wieder lebt. Wirklich alles. Ich habe sie nicht umgebracht, ich …«
    »
Das war ein Unfall
«, äffte Konrad meine Stimme nach. »Dafür kann ich mir bis in alle Ewigkeiten nichts kaufen, Mae. Aber weißt du was, ich habe eine interessante Nachricht für dich. Mein Unglück soll ab jetzt auch deins sein.« Ich hörte ein Zerren und Ziehen, schließlich ein metallisches Klicken.
    »Was – was hast du vor?« Meine Stimme überschlug sich vor Aufregung. Ich konnte nichts erkennen.
    »Konrad, nein! Tu nichts, was dir leidtun könnte«, rief Curly. Die plötzliche Angst in ihrer Stimme verwandelte meine innere Aufruhr in Panik.
    Konrad kicherte. Es war kein freundliches Kichern, sondern eher das Kichern eines Geisteskranken. Ich schauderte.
    »Oh nein. Dies wird mir ganz bestimmt nicht leidtun. Ich werde jetzt endlich für Gerechtigkeit sorgen.«
    »Konrad …«, rief Curly erneut, flehend.
    »Sued, iem ereresim!« Seine Beschwörung hallte unheilvoll durch die Luft und kaum ausgesprochen, flackerte das Amulett in seiner Hand auf. Der mittlere Kristall, der zwischen den beiden Drachenköpfen eingefasst war, leuchtete goldbraun und beschien Konrads Miene. Ich erschrak beim Anblick seiner Fratze und strauchelte zurück.
    »Nein, das kannst du nicht tun! Willst du uns denn alle ins Unglück stürzen? Konrad, das kannst du doch nicht wirklich wollen!«, Curly hatte ihre sanfteste Stimme aufgesetzt und redete beruhigend auf den Werwolf-Vampir ein. Offenbar wusste sie mehr als ich, denn es war das erste Mal, dass ich einen Anflug von Panik in ihrer sonst so ruhigen

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