Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
Kopfhaut, sie standen in alle Himmelsrichtungen, wie sie es immer taten. Er wirkte so entspannt, als hätte er den ganzen Tag noch keinen Finger gekrümmt. Ratlos ging ich verschiedene Möglichkeiten durch, die eine Erklärung für das boten, was ich sah. Am Ende kam ich zu dem Schluss, dass Sam entweder so gut trainiert war und daher nicht schnell schwitzte, oder eine Stoffwechselerkrankung hatte, von der ich nichts wusste. Grinsend schüttelte ich den Kopf, da selbst mir meine Überlegungen ziemlich wirr erschienen. Ich nahm mir vor, darüber nicht weiter nachzudenken.
Der goldene Fritz glänzte im warmen Licht. Nachdem der Pokal durch alle Spielerhände gewandert war, thronte er nun in der Mitte des Mannschaftstisches. Traditionell wurden alle Siege im »Di Lorenzo
«
gefeiert. Sam saß mir gegenüber. Seine unglaublich grünen Augen ruhten auf mir, und als ich schüchtern seinen Blick erwiderte, verzog er sein Gesicht zu diesem entwaffnenden schiefen Lächeln. In meinem Magen drehte eine Achterbahn einen Looping. Ich errötete und schaute verschämt nach rechts zu Curly, die anscheinend nichts davon mitbekam oder es sichnicht anmerken ließ. In diesem Moment erschienen Adriana und Fabio mit Riesentabletts. Sie tischten Getränke und Körbe mit Pizzabrötchen auf. Erleichtert darüber, dass die peinliche Situation unterbrochen wurde, nippte ich an meinem Wasser. Nik erhob sich und schlug leicht mit der Gabel an sein Glas. Die Gespräche verstummten.
»So Leute, danke für eure Aufmerksamkeit. Ich möchte auf unseren Sieg mit euch anstoßen …« Zustimmendes Zurufen erklang. »… und natürlich darauf, dass wir einen so tollen neuen Spieler im Team haben, der einen wichtigen Treffer zum heutigen Sieg erzielt hat.« Nik deutete auf Sam, der eine wegwerfende Handbewegung machte. »Nur keine falsche Bescheidenheit. Also, ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich finde Sam hat Pascal mehr als gut ersetzt.« Anerkennend klopften wir mit den Knöcheln auf die Tischplatte. Nik erhob feierlich sein Glas. »Lasst uns also anstoßen, auf den Pokalsieg, und auf unseren neuen Spieler Sam.«
Gläser klirrten und wurden in großen Zügen geleert. Fabio sammelte die leeren Gläser ein, um Nachschub zu organisieren, wobei er Sams und Curlys Gläser stehen ließ. Die Getränke schienen unberührt. Warum hatten die beiden nichts getrunken? In meinem Kopf überschlugen sich Überlegungen bis hin zum absoluten Durcheinander. Dann schämte ich mich. In solchen Dingen etwas Merkwürdiges zu sehen war wirklich paranoid. Schließlich blieb es ihnen überlassen, ob sie etwas trinken oder nicht. Sam fuhr mit seiner Fingerkuppe den Rand des Glases nach und musterte mich prüfend, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich verspürte erneut die unglaubliche Sehnsucht, ihn endlich zu berühren. Ich biss mir auf die Lippen. Fahrig strich ich eine Haarsträhne aus meinem Gesicht und räusperte mich.
»Ich wollte noch ins Krankenhaus zu Pascal«, sagte ich zu Curly.
»Oh. Klar. Soll ich dich vielleicht fahren?« Grinsend blickte sie zu Nik, der in Feierlaune war und immer noch Lobeshymnen auf das Spiel anstimmte, während Adriana fasziniert an seinen Lippen hing. »Dein Bruder könnte dann hier bleiben und weiterfeiern.«
»Das wäre toll.«
Wir verabschiedeten uns und ich wandte mich widerwillig von Sam ab. Ich spürte seinen Blick, der an mir haften blieb.
Das sterile Licht von Neonröhren machte Krankenhäuser nicht unbedingt einladender. Die Wände waren in diesem typischen Krankenhaus-Lindgrün gestrichen und der Geruch von Desinfektionsmittel war allgegenwärtig. Pascal lag auf der Station 8, Zimmer 112. Curly setzte sich auf eine Bank im Flur. Sie zog es vor auf mich zu warten, da sie Pascal nicht näher kannte. Vor der Zimmertür atmete ich tief ein und klopfte, bevor ich sie öffnete.
»Hi.« Ich blieb in der Tür zum Krankenzimmer unschlüssig stehen.
Pascal lag allein in dem Zimmer, der Fernseher lief. Als Privatpatient musste er sich mit niemanden das Krankenzimmer teilen. Der Raum wurde ebenfalls durch Neonröhren beleuchtet. Durch Kissen in seinem Rücken gestützt, saß Pascals aufrecht in seinem Bett. Das geschiente Bein ruhte auf einem extra Kissen. Neben dem Bett stand ein Tropf, dessen durchsichtiger Schlauch in seiner Hand endete. Er sah erschöpft aus, als er seinen Kopf zu mir drehte.
»Hi. Komm doch rein!«
Ich blieb zögernd vor seinem Bett stehen. Wie sollte ich mich verhalten? Eigentlich wollte ich
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