Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
herrschaftlich aus«, staunte Adriana.
»Dann wartet mal ab, bis ihr euren neuen Proberaum seht.«
Vio klopfte Fabio fröhlich auf die Schulter.
Vor dem großen Haus erwarteten Sam, Konrad und ein etwa 40-jähriger, elegant gekleideter Mann unsere Ankunft. Herr Drachenberg, Sams und Konrads Vater, war groß und schlank und hatte ebenfalls eine sehr helle Haut und blonde Haare. Sein Gesicht bestach durch ebenso schöne makellose Züge, wie sie auch bei Sam und Konrad zu bewundern waren. Seine karierte Weste trug er über einem blütenweißen Hemd und aus seiner Hosentasche baumelte eine feine goldene Kette, welche zu einer Taschenuhr gehörte. Besonders auffallend war die rote Fliege um seinen Hals. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals einen Mann getroffen zu haben, der eine Fliege trug. Dies verlieh ihm einen nahezu altertümlichen, ja adligen Touch.
»Da seid ihr ja«, rief Konrad und riss die Tür vom Transporter auf. »Ich dachte schon ihr findet den Weg nicht.«
Konrad hob Vio aus dem Transporter.
»Traust du mir etwa nicht zu, dass ich mir den Weg merken kann«, fragte sie mit gespieltem Entsetzen und knuffte ihn in die Seite.
»Na ja, zur Not hätte ich einspringen können.« Curly stieg aus und tänzelte anmutig, wie eine Primaballerina, geradewegs zu Herrn Drachenberg. Ich versuchte einen möglichst entspannten Eindruck zu machen, doch ich war viel zu nervös. Sams bloße Anwesenheit bescherte mir eine enorme Verlegenheit. Mein verspannter Kiefer schmerzte. Unwirsch zog ich an meinem Anorak, als Herr Drachenberg auf uns zu kam und jedem die Hand zur Begrüßung entgegenstreckte.
»Freut mich euch kennenzulernen«, sagte er förmlich. »Schön, dass das Schwimmbad jetzt doch genutzt wird.«
Seine Hand war kalt, als er sie mir reichte. Etwas, was in der Familie zu liegen schien.
»Guten Tag, schön Sie kennenzulernen«, sagte ich zaghaft. Sam und Herr Drachenberg tauschten einen bedeutungsvollen Blick aus, den ich nicht deuten konnte.
»Dann viel Spaß und bis später.« Herr Drachenberg ging ins Haus und drehte sich im Türrahmen nochmals um. Ich spürte, dass sein prüfender Blick auf mir lag.
»Also Leute, lasst uns mal loslegen.« Fabio öffnete die Türen, am hinteren Teil des Transporters, um die Instrumente auszuladen.
Und schon schleppten wir die Einzelteile des Schlagzeugs, die Verstärker und meterlange Kabel in die neuen Räumlichkeiten.
Das Gebäude erinnerte in keinster Weise an eine herkömmliche Scheune. Von ihrem Ursprung war nach dem Umbau nicht viel übrig geblieben. Sie sah von außen wie ein normales Wohnhaus aus. Im Erdgeschoss war das Schwimmbad. Erstaunt über den Anblick ließ ich meinen Blick durch das Bad schweifen, welches einen Marmorboden hatte. Das türkis gekachelte Becken verfügte über bullaugenförmige Strahler, die seitlich in die Fliesen eingefasst waren. Vor Kopf gab es sogar eine Bar und hinter einer Glasfront befand sich eine überdachte Terrasse, die zu einer großen Rasenfläche führte, welche durch Buschgruppen eingegrenzt wurde.
»Sei bloß vorsichtig mit dem Hi-Hat!« Nik raufte sich die Haare, als Konrad das Becken-Paar einhändig balancierte. Während er die Sprossenleiter zum Boden des Schwimmbeckens hinab kletterte, wackelte es bedenklich hin und her.
»Hab alles unter Kontrolle, keine Sorge.« Schon war er am Boden angekommen und reichte Nik das Hi-Hat.
Nachdem der Transporter ausgeladen war, lehnte ich unschlüssig an der Bar. Nik und Fabio bauten das Schlagzeug auf und Adriana reichte ihnen auf Zuruf die verschiedenen Teile. Sam, Curly und Vio kümmerten sich um die Stromversorgung und verlegten meterweise Kabel. Nur ich fühlte mich wie bestellt und nicht abgeholt. Ich vergrub meine Hände in den Hosentaschen undbemühte mich Sam so unauffällig wie möglich anzuschmachten. Auf der gegenüberliegenden Seite entdeckte ich eine Glastür, die zu einem Treppenaufgang führte. Darüber musste man wohl in den ersten Stock, in Sams und Konrads Reich, gelangen. Rechts von mir stand ein Barhocker. Ich zog ihn zu mir und setzte mich auf die rote Polsterung, wobei ich mich neugierig zur Bar drehte. Die leeren, verspiegelten Regale machten einen trostlosen Eindruck. Merkwürdig, auch hier gab es keine Getränke. Noch nicht einmal Gläser konnte ich entdecken. Vielleicht lag es auch daran, dass das Schwimmbad nicht genutzt wurde. Wozu sollten hier dann Gläser sein? Diese Erklärung schien mir plausibel und ich gab mich damit zufrieden und
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