Eulenflucht - Kay, E: Eulenflucht
Thema.« Herr Krauss notierte sich meinen Namen und das Thema. »Wer ist dein Partner für das Referat?«
Unschlüssig schaute ich zu Adriana. Soweit ich wusste, hatte sie sich noch für kein Fachreferat gemeldet. Sie könnte meine Partnerin sein. Sie nickte stumm.
»Meine …«
»Ich bin ihr Partner«, unterbrach mich die schönste Stimme auf Erden.
Ich erstarrte. Ganz langsam und gleichmäßig atmen. Konzentration. Als ich mich zaghaft zu ihm umdrehte, trafen sich unsere Blicke. Sein Lächeln offenbarte zwei entzückende Wangengrübchen.
»Ich mache das Referat zusammen mit Mae.«
Sam sagte es so, als wäre es das Normalste überhaupt und es keinen Zweifel daran gäbe. Herr Krauss ergänzte seine Notizen um Sams Name.
»Gut. Falls ihr Fragen habt oder Hilfe braucht, ich bin für euch da.«
»Danke, Herr Krauss«, erwiderte er förmlich.
Für den Rest der Stunde war ich damit beschäftigt mich an den Gedanken zu gewöhnen mit Sam ein Fachreferat zu schreiben. Dies bedeutete wir würden uns allein sehen. Ohne die anderen. Eine spontane Hitzewallung schoss durch meinen Körper und auf meiner Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen. Wo war mein Riechfläschchen? Das konnte ja heiter werden.
Ich war immer noch sprachlos, als er nach der Stunde zu mir kam. »Ähm … wir sollten was ausmachen, wegen des Referates.« Wieder lächelte er. Ich kramte aufgewühlt in meinen Sachen, damit ich nicht in sein Gesicht blicken musste und ganz aus dem Konzept kam.
»Ja. Gute Idee.« Meine Stimme zitterte. Ich biss die Zähne zusammen. Wie sollte es nur werden, wenn ich ganz allein mit ihm im Raum war. Würde ich dann in Ohnmacht fallen?
»Wie wäre es mit heute?«
»Ist heute nicht Bandprobe?«, platzte ich heraus.
Er rieb sich das Kinn. »Ja. Aber erst um 18 Uhr. Davor hätte ich Zeit.« Sam fuhr sich durch sein blondes Wuschelhaar. »Also, wenn du auch Zeit hast?«
Das würde bedeuten mit ihm den Nachmittag und den Abend zu verbringen. Den Nachmittag alleine mit Referatsvorbereitungen und den Abend bei der Bandprobe. Oh mein Gott. Ich war so nervös. Er folgte mir auf den Flur und blickte mich immer noch fragend an, da er keine Antwort von mir erhalten hatte.
»J-ja … warum nicht.« Ich konzentrierte mich darauf, möglichst lässig zu wirken. Dabei achtete ich nicht auf meinen Weg, als er abrupt seinen Arm um mich schlang und mich festhielt.
»Vorsicht!«
Erschrocken blickte ich nach vorne. Ich stand nur wenige Zentimeter von einem riesigen Blumenkübel entfernt. Ohne sein beherztes Eingreifen wäre ich glatt in die Pflanzen hineingelaufen. Er löste seine Umarmung.
»Tja … danke. Danke, dass du mich vor einer Riesenblamage gerettet hast.« Ich seufzte. Was sollte ich anderes sagen? Es war offensichtlich, ich war eindeutig unzurechnungsfähig. Ich konnte noch nicht mal einen Flur entlanggehen, wenn er anwesend war, ohne in tollpatschige Beinahe-Katastrophen zu geraten.
Sam ging über meinen Kommentar hinweg.
»Also, wie sieht’s aus? Sehen wir uns später?«, fragte er erwartungsvoll. »So gegen 15 Uhr?«
»Ist gut … ich bring ein paar Geschichtsbücher mit.«
»Dann bis später.« Mit diesen Worten machte er kehrt und verschwand zwischen den anderen Schülern, die sich den Gang entlang schoben.
Der Feldweg war matschig. In den Unebenheiten hatte sich Regenwasser gesammelt. Ich versuchte, mit meinem Fahrrad sorgsam alle Pfützen zu umfahren. Der Gedanke wie ein Dreckspatz vor Sam zu stehen war wenig verlockend. Mein Gepäckträger, auf dem ich meine Schultasche geklemmt hatte, klapperte bei jedem Holpern. Als ich am Tor ankam, überprüfte ich forschend meine Jeans nach Wasserspritzer. Zufrieden stellte ich fest, dass ich es ohne einen einzigen Dreckfleck bis zum Eisentor der Drachenbergs geschafft hatte. Ich atmete noch einmal tief durch, dann klingelte ich. Obwohl ich mit Sam verabredet war und ich meinte, mich halbwegs unter Kontrolle zu haben, verschlug es mir den Atem, als er die Haustür öffnete und ich ihn den Kieselweg auf mich zukommen sah. Das Blond seines Haares leuchtete wie goldener Honig im zaghaften Sonnenlicht. Er war ganz in weiß gekleidet, so wie in meinem Tagtraum. Nur sein Hemd hatte er nicht halb aufgeknöpft. Mein Herz pochte wie wild und ich spürte eine fiebrige Aufregung in mir aufsteigen. Gleich erreichte er das Tor und dann würde ich mit ihm allein sein. Ich zwang mich, zu lächeln. Ich musste unbedingt den Gedanken verdrängen, dass Sam absolut außergewöhnlich
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