Eulenspiegel
Hürde nehmen wir auch noch.
»Sind Sie nicht krank geschrieben?«
»Nein, Frau Meinhard, bin ich nicht.« Er reckte seine 190 cm. Er verschwieg, daß er eigentlich zum Verbandswechsel hätte gehen sollen, und daß sie ihn sicher danach krank geschrieben hätten. Auch Astrid wußte das, aber sie hielt den Mund.
Die Chefin war unbeeindruckt. »Dann möchte ich, daß Sie unverzüglich Urlaub nehmen.«
»Das werde ich nicht tun. Wir brauchen jeden Mann.«
»Sie haben immer noch nichts begriffen, nicht wahr? Es ist nicht zu fassen! Übrigens, dies ist nicht mein letztes Wort in der Angelegenheit. Wir sprechen uns noch.«
Die Tür knallte ins Schloß, und Toppe grinste: Sieh da, die Fassade bekam kleine Risse. »Wo steckt Norbert?«
»Keine Ahnung«, zuckte Heinrichs die Achseln und sah schon freundlicher aus. »Ich vermute, der hat sich die halbe Nacht mit diesen Pfannkuchenheinis um die Ohren gehauen. Aber frag mich nicht.« Er tippte auf seinen Monitor. »Einen Bericht hat er noch nicht geschrieben.«
Ackermann schob Toppe einen Stuhl hin. »Wenn man bloß ir’ndwo ’n Kissen herkriegte!«
»Geht schon. Hat Meinhard die Soko mittlerweile aufgelöst, oder wo sind unsere Helfer?«
»Soko is’ ab heut’ nich’ mehr. Wir wären mit de Altlasten durch, sacht Charly. Wenn da ma’ bloß wat bei rumgekommen war’, aber Pustekuchen!«
Auch Astrid setzte sich. »Na gut, dir ist sowieso nicht zu helfen, Helmut. Also, wie ich dich kenne, fangen wir mit Glöckner an.«
»Ja, eins nach dem anderen. Wenn unsere erste Theorie stimmt, muß Glöckner irgendwie in dieser Unternehmermafia mit dringehangen haben.«
»Der?« rief Ackermann. »Nie!«
»Wieso sind Sie denn da so sicher? Ich wollte Sie eigentlich bitten, sich mal genauer umzuhören.«
Ackermann salutierte. »Gebongt! Aber wißt ihr, wat ich mich die ganze Zeit schon frach? Wieso is’ dat Arschloch ein’tlich Ehrengast bei de Messe? Ich mein’, der reißt sich so ’n Kirchending unter ’n Nagel, wat ihm nich’ gehört – un’ kein Mensch kann mir erzählen, dat der dat all die Jahre nich’ gewußt hat! – un’ weil er dat dann endlich den rechtmäßigen Besitzer wiedergibt – un’ ich könnt’ drauf wetten, der krichte bloß langsam Muffe wegen Fegefeuer un’ so –, gibbet für den noch ’ne Ehrung. Dat is’ doch hirnrissig! Habbich schon gedacht, wie ich dat am Freitach inne Zeitung gelesen hab. Un’ wißter wat? Ich wett’ auch drauf, der hat dat selbs’ vorgeschlagen, dat mit de Ehrung, der alte Geck.«
Toppe, Heinrichs und Astrid sahen ihn verständnislos, aber geduldig an.
»Ach, ihr kennt den Piepenkopp nich’! Hat doch fast jede Woche ’ne Huldigung inne Presse stehen. Schreibt er übr’ens alle selbs’, hab ich mir sagen lassen. Wegen Tschernobyl-Kinder, die er persönlich all’ gerettet hat, un’ Krebshilfe un’ wat weiß ich. Er hat ja soga’ dat Bundesverdienstkreuz, eigenhändig beantracht. Un’ so ’n Schpleen mit de Kirche hatte der sowieso. Aber au’ spitze Ellbogen. Der hat so manch einen aussem Rennen gekickt. Der Typ war die Pest am Arsch, wenner mich fracht. Dat den einer über die Klinge gehen lassen wollt’, also, mich wundert dat nich’. War bestimmt schonn anne eigene Seelichsprechung am murksen. Aber, tja, zu spät, Pech, wa? So kannet gehen.«
Toppe schaffte es endlich, dazwischen zu kommen. »Können wir das mal im Klartext haben? Wen hat Glöckner aus dem Rennen gekickt? Wer wollte ihn über die Klinge springen lassen, und warum?«
»Wat? Ja, weiß ich au’ nich’. Aber dem sein einer Jung’ war bei mir inne Klasse. Wat dat Kind von seinem Alten verprügelt worden is’, noch mit siebzehn, dat geht auf keine Kuhhaut! Aber immer schön heimlich im Keller, damit et de Nachbarn nich’ mitkriegen. Seine Frau hat er au’ oft genuch durchgelassen. Aber jeden Sonntach brav inne Kirche un’ immer de christliche Nächstenliebe un’ de Barmherzigkeit inne Schnauze!«
Es klopfte, und Charlotte Meinhard war wieder da. Diesmal mit einem Stück Papier in der Hand.
»Ich habe gerade mal Ihre Überstunden addiert«, meinte sie süß. »Also, da kommt ja einiges zusammen. Es hat keinen Sinn, wir müssen endlich mit dem Ausgleich beginnen. Bei Ihnen, Herr Toppe, komme ich auf fast drei Wochen, und das geht nun auf gar keinen Fall. Es liegt auf der Hand, daß Sie den Anfang machen. Ab heute! Schöne freie Tage, wünsche ich.«
Toppe preßte die Kiefer zusammen.
»Und damit keine Zweifel aufkommen,
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