Eulenspiegel
fragte Astrid.
»Ich komme gerade von Günther und Stein, deshalb bin ich auch so spät. Diese Blini-Kette ist ein einziger großer Laden, bundesweit gestreut, zentral organisiert, und natürlich haben die ihre eigenen Schlägertrupps, Profis, davon kann man wohl ausgehen. Ist ja wohl klar, was das bedeutet.«
»Wir könnten uns mit den Grevenbroichern zusammensetzen und deren Attentate mit unseren im einzelnen vergleichen. Ich meine, wenn das dieselben Typen sind.« sagte Heinrichs trotzig.
»Wir können gar nichts. Die Sache ist schon ans BKA gegangen, an die große Soko für organisiertes Verbrechen. Günther sagt, die hätten längst V-Leute eingeschleust.«
»Wenn wir der Chefin glauben, müssen wir uns ja keine Sorgen mehr machen, oder sehe ich das falsch?« meinte Astrid spitz. »Der Russenmafia in Kleve ist das Handwerk gelegt, und damit muß es mit den Attentaten auch vorbei sein. Was ist mit dem Postraub und den Anschlägen auf Helmut? Hast du das auch überprüft?«
Van Appeldorn verkniff sich eine ironische Erwiderung. »Hab ich, hab ich. Genauso ein Schuß in den Ofen. Ich vermute, die betreiben hier nur ihren Laden und geben einen Bericht an die Zentrale, wenn es Probleme vor Ort gibt, mit anderen Unternehmern zum Beispiel. Den Rest erledigt dann der ›Große Bruderc. Unsere zwei Geschäftsführer können sich nicht verplappern, weil sie gar nichts wissen.«
Der Verbandwechsel war nicht so schlimm gewesen. Die Ambulanzschwester hatte Toppe einen Packen großer Pflaster mitgegeben, weil er die Wunden ab jetzt allein versorgen konnte. Erst zum Fädenziehen in einer Woche wollten sie ihn im Krankenhaus wiedersehen. Aber baden durfte er nicht, und das wurmte ihn; gerade heute hätte er sich gern für zwei Stunden in die heiße Wanne gelegt und die Welt ausgesperrt.
Kochen war auch immer eine gute Ablenkung, also hielt er auf dem Heimweg kurzerhand am Marktplatz an und kaufte eine Kiste Gemüse für eine Minestrone.
Sein Stammhändler war nicht so diskret wie die Kollegen. »Sie laufen so komisch. Haben Sie ’nen wunden Popo?«
»So was ähnliches«, antwortete Toppe so freundlich wie möglich.
»Ach, ich verstehe«, dröhnte der Gemüsehändler und zog ihn dann verschwörerisch zur Seite. »Hab ich alles schon hinter mir. Meine Frau wollte auch keine Blagen mehr. Ist ja doch schmerzhaft. Und passen Sie bloß auf! Ich bin damals zu früh rumgelaufen, und ich hab vielleicht einen Bluterguß gekriegt. Frag mich nicht nach Sonnenschein! Klöten, so groß wie ’n Handball. Legen Sie sich besser hin, und dann tun Sie ’n Eisbeutel drauf. Das hilft.«
Toppe nickte nur zu all dem und packte sich die Gemüsekiste unter den Arm. Das waren ja goldige Aussichten. Am besten machte er sofort einen Termin beim Urologen, dann war das mit den Schmerzen wenigstens ein Aufwasch.
Das Haus war leer und still; auch Oliver würde nicht vor drei Uhr aus der Schule kommen.
Er stellte das Gemüse auf dem Küchentisch ab und ging zum Telefon, bevor er es sich noch einmal anders überlegen konnte. Der Urologe gab ihm einen Termin für Anfang Juni, aber zu einem Beratungsgespräch sollte er schon nächste Woche kommen.
Das Geräusch an der Haustür ging ihm durch Mark und Bein.
Er zog seine Pistole und schlich lauschend zum Fenster. Dicht gegen die Wand gepreßt, lugte er vorsichtig am Rahmen vorbei. Der Postbote radelte pfeifend vom Hof.
Toppe starrte auf die Waffe in seiner Hand und konnte es selbst nicht glauben. Was hatte er zu Astrid gesagt? Es hätte keinen Sinn, sich verrückt zu machen?
Aber Meinhards Anweisung war wirklich zu idiotisch. Im Präsidium wäre er wesentlich besser aufgehoben.
Wenn ihm jemand ans Leder wollte, dann war das verlassene Gehöft, auf dem er die halbe Zeit mutterseelenallein rumhockte, der ideale Ort dafür. Selbst wenn man hier auf ihn schoß, würden die Nachbarn das vermutlich nicht hören. Und verbarrikadieren konnte er sich auch nicht; es gab zu viele Luken und einfache Holztüren an der Tenne und an den Ställen.
Die Frauen hatten immer schon einen Hund haben wollen.
»Hör auf zu spinnen, Toppe«, sagte er laut, ging in die Küche, legte die Pistole auf den Schrank, holte sich eine Flasche Rotwein aus der Kammer und machte sich ans Gemüseputzen.
Aber er traute sich nicht, das Radio anzustellen. Sein Abendessen wurde ein voller Erfolg. Die Minestrone war sehr gut, das krosse Knoblauchbrot mit Olivenöl und frischen Tomatenwürfeln noch besser, und der Wein war sowieso
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