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Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman

Titel: Eure Kraft und meine Herrlichkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Petery
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in meiner eigenen Kotze aufgewacht bin. Nicht damals. Aber du hast es kommen sehen. Sag mir, dass du es geahnt hast. Ich weiß, dass du mich gehasst hast. Ich weiß, dass du mich deshalb nie gefragt hast, wie es in der Schule war. Was ich mal werden will. Wieso ich die Zeitschriften nicht mag. Wieso ich so bin, wie ich bin. Warum ich manchmal nachts weine.
    Sag mir, dass es auch Mamas Schuld war. Weil sie arbeiten wollte. Weil sie nicht perfekt war, keine perfekte Hausfrau, nicht auf Kante parallel zu dem Wohnzimmertisch, nicht unverknickt. Dass sie schuld ist. Dass sie bestraft werden musste. Dass ich bestraft werden musste. Dass du wusstest, dass ich da oben am Fenster bin und dich sehe. Dass du danach trotzdem traurig warst. Sag mir, dass du mich vermisst hast. Ich habe dich vermisst, Papa.
    Wo warst du, Papa? Warst du immer da? Immer hinter mir her? Immer der, dessen Blick ich gespürt habe? Hast du Recht behalten? Bin ich so schlimm, wie du es vorausgeahnt hast?
    Du hast es doch geahnt? Du hast doch gewusst, dass ich hässlich bin. Richtig ekelhaft.
    Warum hast du nichts getan? Warum hast du mir nicht geholfen?
    Nein, bitte, geh nicht, ich mach dir doch keine Vorwürfe. Du bist perfekt. Du kannst nur perfekt sein. Du bist doch mein Vater. Es ist Mamas Schuld. Es ist alles Mamas Schuld. Weil du sie gebraucht hättest. Aber sie ist wie ich, von ihr habe ich diese Gene, ich bin ihre Tochter, die Säuferin und ihre Tochter, verludert, verlottert, Schweinestall ohne dich.
    Ich war auch dein Kind.
    Bin ich dein Kind? Deine Anita? Kennst du mich noch? Bin ich dein Wirklichkeit gewordener Alptraum? Oder bist du das selbst? Bist du von dir enttäuscht? Dass du mich nicht hast retten können? Nicht unbefleckt und unverknickt halten konntest?
    Wo bist du, Papa?
    Bist du Papa?
    Nein, du bist nur der Fremde, dessen Drink ich verschüttet habe. Mir ist so schlecht.
    Ich war mir nicht sicher. Aber die Begegnung mit meinem Vater steht mir ins Gesicht geschrieben. Meine Augen sind sehr grün in dem Neonlicht hier, ringsum schmutzige weiße Fliesen, genauer möchte ich sie nicht anschauen. Ich versuche, ihn abzuwaschen.

    Ich versuche seit Monaten, dich abzuwaschen.
    Aber er sah genauso aus wie er. Doch er kann es nicht gewesen sein. Wenn ich doch nicht so betrunken wäre.
    Mit jedem Wasserschwall weniger. Ich könnte mich ertränken hier drinnen. Christiane F. und ich auf dem Klo. Ich würde sterben. Ich würde einfach einschlafen, damit das Wasser in meine Lungen gelangen kann. Damit alles ganz rein wird, da in mir, einfach nur Wasser, glasklar. Oder alles Blut raus und dann Wasser rein. Ich könnte den Spiegel zerschlagen, den würde ich schon noch treffen, und dann würde ich meine aufgeschlitzten Handgelenke leersaufen, das kann ich schon noch, das schon. Und dann Wasser in die Wunden. Und ganz leicht sein, so leicht, dass ich an die Decke schwebe und nie gefunden werde, weil ich, sobald ihr die Tür öffnet – am besten du, Melanie –, hinausfliegen werde, durch die Bar über eure Perücken hinweg und eure rote Haut, so viel Mensch unter mir, so viel Fleisch. Und dann in die Welt, meine Welt, ich bin der Geist unter euch, über euch, seht euch um, ich bin da. Ich werde da sein, immer für dich da, meine Kleine, meine Süße, wo immer du bist, ich werde nicht gehen. Lieber tot als fort.
    Mehr Wasser. Klar denken, Anita, klar denken.
    Ich bin nicht deine Anita. Ich war nie deine Anita. Du hast mich nie Anni genannt.
    Du bist schuld.
    Oder bin ich es?
    Was, wenn das wirklich mein Vater war? Was, wenn ich echt meinem Vater im Vollsuff begegnet bin, seinen Martini verschüttet habe und vielleicht auch noch etwas gesagt habe? Was, wenn ich mich vor ihm ausgeschüttet habe, weil ich betrunken war, wie einen Eimer Schmutzwasser?

    War es nicht schlimm genug, dass ich ihn einmal vertrieben habe? War das meine Chance? Bin ich verludert, verlottert? Verhurt? Bin ich eine Schlampe, die mit fremden Männern in Bars geht, nur weil sie ihr einen Zombie geben, zwei, drei, und wenn sie artig war, einen Champagner?
    Mehr Wasser.
    Ich muss einfach nur nach Hause. Das ist alles.
    Das kann nicht mein Vater gewesen sein. Er würde nicht hierherkommen. Hier bin nur ich. Mein Vater steht über so etwas.
    Ob er wohl eine neue Familie hat? Eine wunderschöne Frau, die ihm wunderschöne Kinder gebiert und sie mit ihm aufzieht? Was für eine perfekte Familie sie bei der Abiturfeier sein werden. Wie gut, dass ich nicht mehr zur Schule gehe. Wie gut,

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