Euro Psycho
nicht dieses Reisekissen von seiner Frau Jean gegeben – die Keegan vor etlichen Jahren beim Walzertanzen auf der St.-Leger-Kirmes in Doncaster kennengelernt hatte –, es wäre schlimmer gekommen. Keegan hätte sterben können. Und mit ihm unweigerlich ein Teil dessen, was den Fußball so besonders macht.
Den Schlag dämpfen, das tat unser Kissen, und es rettete unseren Lockenkopf-Riesen.
Und dann was?
Keegan sah, dass vor Gericht alles glattging und die Schläger ins Gefängnis wanderten. Dann möbelte er den Range Rover wieder auf. Wahrscheinlich. Zumindest will seine Stimme mir das bedeuten. Ja! Trotz einer zerknitterten Frisur, einer fiesen Wunde und einer schockierenden Rückkehr nach Großbritannien gab Keegan nicht den Kräften der Entropie und des Untergangs nach.
Dies ist Moral, die ich aus diesen Worten ziehe, die Wahrheit, die ich auf meine Verhältnisse anwenden kann. Weil, ja, ich habe eine Niederlage einstecken müssen am Spanner-Spot beim Ableben von dem Trottel. Aber ich muss nach wie vor den Range Rover bei meiner Suche aufmöbeln, weiter drängen, noch mehr geben, weiter nach der Gerechtigkeit suchen. Ich erwache wieder zum Leben, spüre Keegans Entschlossenheit durch mich hindurchfließen wie aufgequollene Essensreste durch ein empfängliches Abflussrohr.
»Chico! Stech mir unsere zehnte Meisterschaftstrophäe«, platzt es charismatisch aus mir heraus. Ich zeige auf meine Tattoo-Vitrine. »Weil wir sie gewinnen werden.«
Ich werde einen anderen Weg finden um herauszukriegen, für wen der Kinnmann gearbeitet hat. Nur weil eine Spur zu Ende geht, heißt es nicht, dass es nicht noch eine andere gibt. Also liege ich da, fühle Chicos Nadel, wie sie die eigenartig knollige Meisterschaftstrophäe umschreibt, die wir im Begriff sind zu gewinnen. Ich rufe nach unserem Fels in der Brandung, Vik Dink, der rüberkommt und sich herunterbeugen muss, weil ich flüstere.
»Wenn ein Schiri bestochen wird, Vik?«
»Ja, Kev«, sagt er und blickt mich verwirrt an.
»Was ist dann mit den Assistenten? Sind die auch gekauft?«
Darauf lacht Vik nur: »Wozu die Soldaten bestechen, wenn du den General schon in der Tasche hast?«
»Dachte ich es mir doch«, antworte ich.
Gut. Also habe ich ein bisschen Spielvorbereitung zu erledigen, nur für den Fall, dass. Ich fühle mich immer noch gut, also sage ich zu Chico: »Mach mir noch eins. Costner als Eliot Ness in Die Unbestechlichen .«
»Ja«, rufen die Jungs. Alle versammeln sich um meinen Stuhl, um zuzusehen, wie die Tinte eingearbeitet wird. Mehr als »Ja« muss auch nicht gesagt werden. Nichts mehr wird gesagt, nicht mal, als ich etwas später am Tag allein einen Hotelgang entlanggehe und meine Nippel auf eine Art umklammere, dass der Laie denken könnte, ein Zusammenstoß mit klassischer Jogging-Ausstattung sei schuld daran. Tatsächlich aber ist es die Folge eines Zusammenstoßes mit undurchdachtem Costner-Filzhut in meinem Brustwarzenhof.
Ob ich es bedauere?
Ganz ehrlich, nicht die Bohne.
Großartige Szenen aus Waterworld werden schon bald auf meinen gejelqten Schwanz gestochen sein. Und die Eröffnungsszene aus Postman wird aus meinem Arsch rausklettern. Ich bin auf dem Kriegspfad, verdammt nochmal!
Ich klopfe an die Tür der Hotelsuite, in der Aram Shishakli jetzt logiert und nur »Ja« sagt – also gehe ich hinein, erwarte sein lange nicht an Louis XV . heranreichendes Damast-und-Baumwoll-Dekor. Aber nein.
Ungezeichneter Bugatti-Stuhl aus rotem Leder neben einem Cocktailtisch von Eileen Gray.
Eine harmonische Allianz von moderner Eleganz und weitläufiger Erhabenheit.
Tatsächlich sehr nett.
Da ist er, der Shish höchstselbst, rundlicher, schokoladiger und nachtischiger als bei unserem letzten Aufeinandertreffen. Und, kein Zweifel, reicher auch. Sein Körpergewicht gibt – nach meiner Erfahrung – einen verlässlichen Hinweis auf seinen aktuellen Wert. Er trägt seine Savile-Row-Tracht: schwarzer Jaspar-Littleman-Anzug, weißes Reuben-Alexander-Hemd, Anello-And-Davide-Brogues. Ich nicke ihm zu, er sitzt auf dem zurückhaltenden Jean-Michel-Frank-Chesterfield-Dreisitzer. Ich nehme in dem Bugatti-Sessel Platz.
»Danke fürs Kommen«, sagt er. Als ob ich ein Fremder oder Speichellecker bin, der für ein Vorstellungsgespräch mit dem CEO aufgekreuzt ist, und nicht ein wahnsinnig hochrangiger Athlet und Gewinnertyp.
»Selber danke fürs Kommen«, sage ich seltsamerweise.
Er blickt finster, ignoriert die Antwort, fährt fort: »Nur noch einen
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