Euro Psycho
Zeit gegen mich. Also ging es sofort zur Sache. Ich rutschte gleich rüber – meine Turnschuhe waren Schlittschuhe, die Bodenkacheln Eis –, eine Hand elegant hinter meinem Rücken gekrümmt, die andere zupfte den Blackhawk!-Punch-Dagger raus.
Ich verpasste ihm einen schwungvollen Stich unter das Glockenspiel seines Brustkorbs, sagte noch »Sorry, daneben«, und verpasste ihm ein weiteres keckes Ding zwischen seine zwei unteren Rippen. Dorthin, wohin ich beabsichtigt hatte zu treffen. Denn dort trifft man einen angenehmen Widerstand des Bandes zwischen den Rippen. Der zweite Hieb – nach meinem kläglichen ersten Fehlversuch – machte mich tatsächlich hungrig.
Aber das musste warten. Also bewegte ich mich wieder zum Original-Schiri hin, der inzwischen an einem Drahtabfallkorb zusammengebrochen war. Ich baute mich vor ihm auf, gierig zuzustechen, war kurz davor, ihn alle zu machen, dann aber streifte mein Blick den Inhalt des Abfallkorbs.
»Warte, verfickt noch mal«, dachte ich. »Schau dir das an.«
Der Korb war rappelvoll mit Papiertüchern, bis zum Rand voll mit zerknülltem Papier. Kurz gesagt, eine verfickte Schande.
Wenn ihr mögt, gönnt euch einen Augenblick eures hektischen, wenn auch sinnlosen Tages. Stellt euch eine Person vor, einen Mann, einen Schiri zum Beispiel. Unseren Schiri, in glücklicheren Zeiten vor der Messerstecherei. Er kommt aus dem Pissbereich der von ihm auserkorenen Fitnesscenter-Filiale. Gut rasiert, lebhaft optimistisch; er wäscht sich. Zupft ein Papiertuch aus dem optimal angebrachten Spender.
Okay? Verstanden?
Dann beantwortet mir dies: Wie viel Prozent des Papierhandtuchs wird in Kontakt mit dem Wasser auf seinen Händen kommen? Welcher Anteil der Absorptionskapazität des Handtuchs wird benötigt?
Zwei Drittel? Die Hälfte?
Vielleicht genauso viel wie bei Handtuch Nummer eins.
Ja, ich nutze das Wort eins absichtlich, weil dieser hygienische Schiri wieder versuchen wird, ein weiteres Handtuch rauszuzupfen. Und dieses Mal wird die Prozentzahl der Handtuchnutzung niedriger sein. Vielleicht werden dreißig Prozent vollgesogen, vielleicht sogar nur noch zwanzig. Und stellt ihn euch jetzt vor, er überprüft sein Nasenhaar im Spiegel. Und während er das tut, abgelenkt, langt er nach einem dritten Handtuch und nutzt vielleicht gerade mal sieben Prozent von dessen Kapazität, ehe er es wegwirft.
Widerlich. Drei Handtücher.
Versteht mich jetzt nicht falsch, das wird hier keine Öko-Tirade, der menschliche Abfall und die beschissene Umweltzerstörung kümmern mich einen Monster-Anus. Das ist nicht mein Punkt. Umwelttechnisch kann der Schiri drei Handtücher nutzen, zehn Handtücher. Er kann seine Hände mit dem kompletten Amazonas-Regenwald abtrocknen, ihn dann auf einer Bank im Park liegen lassen und wegfahren – so weit es mich betrifft.
Weil ich diese ganze Global-Warming-Menschen-plündern-die-Natur-Scheiße niemandem abkaufe.
Kann man den stolzen Adler in die Höhen schwingen lassen und ihn dann vom Jagen abhalten?
Den brüllenden Löwen vom Furzen und Ficken?
Nein. Sie sind Tiere. Es liegt in ihrer Natur. So wie die Verschwendung von Tonnen von Scheiße und das Fahren abgefuckter Motoren und das schwachsinnige Scheiße-Sein in unserer Natur liegt. Das kann man nicht ändern.
Mich interessiert die Erde nicht. Sie ist nur ein verloren gegangener Hoden, der sich in der Dunkelheit dreht, ein ungenau gespielter Fußball, dem im weltumspannenden Ginsterbusch die Luft ausgeht. Es ist nicht der Abgeholzte-Bäume-Aspekt, der mich bei der exzessiven Nutzung von Handtüchern interessiert.
Es ist der Lifestyle-Blickwinkel.
Womit ich natürlich den Dyson-Airblade-Blickwinkel meine. Denn warum hat der offenbar recht spießige Erfinder James Dyson sein revolutionäres Handtrocknersystem entwickelt, wenn es nicht gekauft und eingesetzt wird? Wenn man ihm keine angemessenen Einsätze verschafft? Ich meine, Dyson hat den Airblade mit digitaler Impuls-Technologie ausgestattet: 650 Stundenkilometer schnelle Luftblätter pusten das Wasser förmlich von den Händen seines Benutzers. Dyson toppte das, indem er einen anti-mikrobiellen Hepa- H12 -Filter hinzufügte. Dann ging er sogar noch weiter – zu weit, sagten einige –, indem er den Airblade-Handtrockner mit zerstörungssicherem Druckguss-Aluminium umschloss. Das stellte in Kürze die gesamte öffentliche Scheißhaus-Handtrockner-Kultur auf den Kopf.
Also fragt man sich, warum es hier keinen Handtrockner gibt?
Ich gebe
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