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Europa nach dem Fall

Titel: Europa nach dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Laqueur
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passiert ist. Doch selbst wenn sich ein gemäßigter Islam durchsetzt, wird Europa nicht mehr so sein wie früher.
    Die Politik der säkularen Kräfte in Europa wird sich auf ein gewisses Maß an Beschwichtigung ( appeasement ) stützen, wie schwer das auch für viele zu akzeptieren sein mag (wenn Terroristen zu »Militanten« geworden sind, warum dann nicht lieber den Begriff »Schlichtung« verwenden?). »Appeasement« ist ein in Verruf geratener Begriff, was im Hinblick auf seine geschichtliche Konnotation mit den 1930er-Jahren auch gerechtfertigt ist. Doch da es kein hartes Durchgreifen gegeben hat, das die gegenwärtige Krise verhindert hätte, als das noch möglich war, was sind dann die Alternativen, wenn Einwanderer muslimischer Herkunft im Begriff sind, die Mehrheit in bestimmten Städten und Regionen zu bilden?
    Schlichtung bedeutet unter anderem, von der Kritik an grundlegenden Glaubenssätzen und Praktiken der anderen Seite abzusehen. Wenn eine Religion 1,2 Milliarden Anhänger hat, ist es nicht ratsam, offen und freimütig über deren negative Aspekte zu sprechen; Quantität schlägt um in Qualität, um die marxistische Lehre zu zitieren. Einige glauben, dass die sonderbare Bemerkung von Prinz Charles, dass die muslimische Kritik am Materialismus ihm geholfen habe, die heilige islamische Spiritualität wiederzuentdecken, ein Vorbild für die Friedenstifter sein könnte, wie sie Freunde machen und Menschen in einem Zeitalter der Spannungen beeinflussen können. Der frühere deutsche Bundespräsident Horst Köhler wurde 2010 für Äußerungen in dieser Richtung getadelt. Ein gewisses Maß an Selbstzensur wird von westlichen Politikern und Medien bereits praktiziert, und das könnte in Zukunft noch mehr werden, wie etwa die Entscheidung einer europäischen Fernsehanstalt, es Al-Dschasira gleichzutun und eine Sendung über die Lage verfolgter Christen in der arabischen Welt nicht auszustrahlen. Ganz allgemein dürfte die Tendenz zunehmen, das derzeit unglückliche Schicksal christlicher Minderheiten im Nahen Osten herunterzuspielen.
    Schlichtung mag bedeuten, dass Bürger in bestimmten Regionen Deutschlands und anderswo gut beraten sind, sich passable Kenntnisse der türkischen oder arabischen Sprache anzueignen, so wie in den USA die Einwohner Südkaliforniens und einiger Südstaaten sich oberflächliche Kenntnisse der spanischen Sprache erworben haben. Im Times Weltatlas steht zu Deutschland: »Währung: Euro; Sprache: Deutsch und Türkisch«. Das war vielleicht etwas vorschnell gehandelt, aber es könnte zu einem künftigen Zeitpunkt zutreffen. Schlichtung bedeutet auch einen sensibleren Umgang europäischer Behörden mit den muslimischen Gemeinschaften in ihrer Mitte, die, wie ich wiederholt betont habe, alles andere als monolithisch sind. Es gibt keinen Grund, warum die Behörden sie wie ein integriertes Ganzes behandeln sollten, was sie nie gewesen sind. Das britische Beispiel, »moderate Fundamentalisten« so zu behandeln, als ob sie die einzigen authentischen Repräsentanten der muslimischen Gemeinschaft wären, ist kein großer Erfolg gewesen, sondern stärkte eher die antiwestlichen Elemente. Regierungen und lokale Behörden sollten mit allen Spielarten muslimischer Gruppen in Verbindung treten. Die entscheidende Frage ist natürlich: Wie weit soll diese Schlichtung gehen? Wie viel Toleranz sollte es gegenüber den nicht an Toleranz Glaubenden geben?
    Ich habe auf diesen Seiten auch die Wichtigkeit der Bildung betont. Doch genau da ist das deutsche Vorgehen am wenigsten erfolgreich gewesen. Alarmierenden Berichten zufolge ist ein normaler Unterricht an einigen Berliner Schulen, die von Migrantenkindern aus muslimischen Ländern besucht werden, kaum noch möglich. Diese Schulen sind, wie mehrmals berichtet, zu einem Klassenzimmerschlachtfeld geworden, auf dem Araber Türken angreifen, Türken gegen Kurden kämpfen, Muslime sich gegen Einwanderer aus Russland und den Balkanländern wenden und alle auf die Deutschen losgehen.
    Hätte es anders verlaufen können? Muslimische Kinder kommen oft aus patriarchalischen Familien mit so gut wie keiner Schulbildung, wo sie oft schon für leichte Verstöße gegen die herrschenden Regeln geschlagen werden. Ihre Begegnung mit progressiver Erziehung muss für sie ein Kulturschock gewesen sein. Die Lehrkräfte wissen wenig über den Islam und seinen Lebensstil, und ihre eigene antiautoritäre Erziehung hilft da auch nicht. Eren Ünsal, die Sprecherin des

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