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Europe Central

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Titel: Europe Central Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William T. Vollmann
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ganze Schnee und noch mehr Schnee und die am Bürgersteig festgefrorenen Leichen und Maxim, der mich um etwas zu essen anbettelt, aber wir mussten überhaupt nichts durchmachen, dem Wunder meiner sogenannten »Sinfonie« sei Dank. Die Zurückgelassenen bedeckten die Gesichter mit den Händen und dann … zum Glück hat der liebe Roman Lasarewitsch diesen Winter für mich aufgezeichnet, damit ich mich ewig schuldig fühlen kann! Galischa ist noch immer nicht so, wie ich, also, ein durchgehender Schrei, in der B-Tonart vielleicht, das sollte ich, wissen Sie. Im Opus 110. Diese eisweißen Fenster und dann der, der, aber das Schlimmste waren diese Schlitten. Mit kleinen toten Kindern darauf. Und Maxim, ich muss etwas für Maxim tun. Ich frage mich sowieso, wie es ihm geht, wirklich ein Segen, dass er mit Irina besser auskommt als mit Margarita. Was Galischa angeht, jetzt, da sie verheiratet ist, kann ich nicht, warum das zu Ende denken? Ich muss … Was ist das für ein Laut? Etwas unter dem Flügel. Bestimmt eine (das wird Lebedinski gefallen!), eine Ratte aus meinem Rattenthema.
    Bald darauf musste Lebedinski aufbrechen, weil, nun, Sie wissen schon. Aber Schostakowitsch wollte nicht allein sein! Irina war bei ihrem Mann, also war die Nikolajewa bei ihm und saß unter dem Porträt
der Achmatowa. Sie hielten nicht mehr Händchen. Nun, das war besser so, ihre Erscheinung hatte nämlich etwas leicht, wie soll ich sagen, Kuhartiges ; bei dem Gedanken verzog er das Gesicht in einem Kicheranfall zu lauter Falten, nicht dass er Glikmann davon erzählen könnte, der … Er vergötterte sie; sie war sehr … Ich habe mein eigenes Bild von den russischen Frauen.
    Wieder sprach der Genosse Chruschtschow im Radio. Er sagte zu ihr: Hör dir diesen Flegel an. Heute streitet er alles ab, aber natürlich hat er früher neben Stalin gesessen und den Leuten die Hälse durchgeschnitten …
    Still, Mitenka! Bist du verrückt geworden? Es könnte doch jemand …
    Natürlich, du hast recht. Ich wollte sagen, wir beide werden wirklich gut versorgt. Aber seine Stimme, weißt du, setzte Schostakowitsch seinen Vortrag fort, nun, sie ist ganz stumpf geworden, genau wie meine. Sogar der Genosse Chruschtschow braucht Ruhe! Tatjana, mein kleiner Engel, kennst du dich noch mit den Blechbläsern aus? Siehst du, in Leningrad habe ich von Glasunow persönlich gelernt, dass es zwei Arten …
    Steile Schalltrichter und flache, unterbrach ihn die Nikolajewa, die es nicht ertragen konnte, für dumm gehalten zu werden.
    Genau. Und ein steiler Trichter – sag mir, wenn ich mich irre, mein liebes Mädchen –, nun, die Schwere und Beschaffenheit des Metalls geben ihm einen, nun, was ich sagen will, einen schallenden Ton. Es gibt noch sehr viel Musik, die ich schreiben möchte, aber ich bin heute bloß noch ein flacher Trichter, so wie Nikita Sergejewitsch im Radio. Alles, was ich früher komponiert habe …
    Du trinkst zu viel, Mitja.
    Nein, nein, nein, das ist nur zum Aufwärmen. Mein liebes Mädchen, bitte, sei doch etwas … Nun, flache Trichter, weißt du, bestehen aus weichem Metall. Die dunklen Töne, die sie erzeugen können, als, als, nun, als würde jemand in Katakomben Posaune spielen …
    Die Präludien und Fugen, die du mir geschrieben hast, waren ganz und gar nicht so, sagte die Nikolajewa ernst. Sie machen mich glücklich. Ich will sie mein ganzes Leben lang aufführen …
    Es könnten ein paar gute Noten darin sein, ja, ja, ja, meine Liebe, sagte der alte Mann nicht ohne Befriedigung. Und ich sage nicht, dass
es nicht mehr davon geben wird. Das Allegro molto in der, weißt du, der Des-Dur-Fuge ist recht – nun, das weißt du ja, es tut mir leid, dass es nicht ganz …
    Also macht dich nicht einmal das glücklich? Was ist mit deiner 7. Sinfonie? Wenigstens hat sie die Menschen zusammengeführt. Du hast mir einmal erzählt, wie lebendig du dich damals gefühlt hast; da hast du dein Bestes gegeben, hast du gesagt …
    Hast du nie in der Schule gelernt, wollte er mit Gehässigkeit in der Stimme wissen, dass Iwan der Schreckliche seinen Architekten erst beschwatzt hat, beim Bau der Basilius-Kathedrale, sozusagen, sein Bestes zu geben, und ihm danach die Augen hat ausstechen lassen ? Nun, in unserem Jahrhundert sind die Dinge so viel einfacher.Obwohl, die Frau von Meyerhold, weißt du, der haben sie auch die Augen ausgestochen, wenn ich mich richtig erinnere. Mit einem … ha ha ! Das war ganz besonders … Sie muss wirklich ein

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