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Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme

Titel: Eva schläft - Melandri, F: Eva schläft - Eva dorme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesca Melandri
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Anflug von Reue oder gestandene Ehemänner, die trotz allem etwas für die Mutter ihres unehelichen Kindes empfanden. Aber alle waren sie so offensichtlich überfordert von dem Drama, das die von ihnen geschwängerten Frauen erlebten, dass die Schwester Pförtnerin kein gar zu hartes Urteil über diese verhinderten Väter fällen mochte. Wie verzogene Kinder kamen sie ihr vor, unfähig, die ganze Härte des Schicksals zu erfassen, das ihre Geliebten erwartete. Mädchen, die man überwachen musste, damit sie sich nichts antaten. Sie brachten ihnen billigen Modeschmuck mit und bedrängten sie, die Pförtnerin, ihn weiterzugeben. Wöchnerinnen mit Brustdrüsenentzündung, die nicht stillen konnten, weil sie ihr Kind schon zur Adoption freigegeben hatten, schlugen sie romantische Wochenenden in irgendwelchen abgeschiedenen Hotels vor, um den günstigen Umstand auszunutzen, dass die Ehefrau verreist war. Und das waren nicht die Schlimmsten: Sie immerhin hatten sich gemeldet. Im guten Anzug standen sie mit betretenen Mienen vor dem Tor und versuchten hinüberzuspähen. Der Schwester Pförtnerin war bewusst, dass sie alles gegeben hätten für ein Wort oder auch nur einen Blick von ihrer Seite, der ihren Entschluss für verständlich, unvermeidlich, ja richtig erklärte, ihr Kind nicht anzuerkennen und die Mutter nicht zu heiraten. Je mehr solcher Männer sie sah, desto weniger verstand die Nonne, was an ihnen dran war, wie es ihnen gelungen war, die jungen Mädchen dazuzubringen, sich ihretwegen der Gefahr einer Schwangerschaft auszusetzen. Für sie war das ein Rätsel, und die Begegnung mit Hannes Staggl trug sicher nicht dazu bei, ihr die Sache einleuchtender zu machen.
    Als sie den schweren, schmiedeeisernen Riegel zurückzog, stand vor dem Tor ein cremefarbener Mercedes 190, auf dessen verchromtem Kotflügel die Nonne einen großen weißen Vogel erblickte: ihr eigenes Spiegelbild. Erst als sie die Augen hob, registrierte sie Hannes. Er stand hinter seinem Wagen mitten auf der Straße und schaute zu den Fensterreihen jenseits der Umfassungsmauer hoch. Allerdings waren die Nonnen nicht so einfältig, die Mädchen in den zur Straße hinausgehenden Räumen unterzubringen, weil diese andernfalls ihre Tage damit zugebracht hätten, wartend hinauszusehen, ob sich nicht doch das Wunder näherte, das sie aus ihrer Not retten würde. Hinter den Fenstern, wo Hannes das Mädchen, dem er ein Kind gemacht hatte, zu erblicken versuchte, waren Nonnen bei der Arbeit.
    An dem jungen Mann fielen ihr besonders das fast orangefarbene Haar auf, die durchsichtig wirkende Haut und die Hände voller Sommersprossen. Als Hannes sich nach Gerda Huber erkundigte und dem Kind, das sie zur Welt gebracht hatte, atmete die Schwester Pförtnerin erleichtert auf. Zu viele uneheliche Kinder hatte sie schon zur Welt kommen sehen, die dazu verurteilt waren, für immer das Gesicht des Vaters, der sie verlassen hatte, zu tragen. Gerdas Tochter aber schien Glück zu haben und ganz nach der Mutter zu schlagen.
    »Es ist ein Mädchen. Es ist gesund. Die Mutter ist auch wohlauf.«
    Seine durchscheinenden Augenlider begannen zu flackern. Mit voller Wucht traf ihn die Realität, traf ihn dieses eine Wort: Mutter.
    »Wie heißt sie?«
    »Eva.«
    Einen Moment lang blickte Hannes auf seinen Mercedes.
    »Ein schöner Name.«
    »Ja. Der ist schön.«
    Erneut sah er zu den Fensterreihen hoch und kniff die Augen zusammen. Um in die Zimmer hinter den Scheiben, in denen sich der Himmel spiegelte, zu blicken? Um Zeit zu gewinnen? Um sich an diesen schönen Namen zu gewöhnen?
    So, nun ist es so weit, dachte die Nonne Pförtnerin, jetzt kommt seine Bitte. Er hat weder ein Päckchen noch Blumen in der Hand, aber das Auto sieht nach reicher Familie aus, und wenn ein Mädchen hier wegen eines Kerls landet, der Geld hat, gibt es wenig Grund, sich etwas vorzumachen.
    »Kann ich sie sehen? Die Kleine?«
    Die Schwester Pförtnerin presste das Kinn gegen die Brust und schaute ihn von unten herauf an.
    »Ja, wenn du ihr deinen Nachnamen gibst.«
    Er senkte den Blick, schaute hinunter auf seine gut gearbeiteten Schuhe. So stand er eine ganze Weile da. In den Augen der Nonne hatten die kastanienbraunen Regenbogenhäute mit dem Alter ihre klaren Konturen verloren und lösten sich mit gräulichen Rin gen an den Rändern auf. Aber die Pupillen waren noch schwarz und klar gezeichnet. Ihr Blick war nicht streng, sondern sachlich, geduldig, illusionslos. Er drückte keine Verurteilung, aber

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