Eva und die 40 Maenner - Roman
gestern war sie hier, hier im Haus. Seine Freundin. Oh Mann, ich weiß echt nicht, ob es richtig ist, dir das zu sagen. Aber es ärgert mich so! Warum macht er das, jetzt schon? Ich bin noch nicht mal ausgezogen. Sie ist bloß ein paar Jahre älter als ich, und heute Morgen sitzt sie am Frühstückstisch, als ich runterkomme, stell dir das vor! Er hat mich nicht mal vorgewarnt. Mama, ich möchte kommen. Nach Berlin. Ich habe so was von keine Lust, mit diesen zwei Turteltäubchen weiter in einem Haus zu bleiben.«
Eva spürte ihren Herzschlag, langsam und gleichmäßig. Wo war der Schmerz, die Empörung? Sie lauschte einen Moment, als müsse er gleich um die Ecke kommen. Aber da war nichts.
»Mama?«
»Ich bin hier. Ich … es ist alles gut, ich bin nicht aus den Latschen gekippt. Natürlich kannst du kommen, jederzeit, das weißt du doch. Aber dein Abitur …«
»Es ist doch nur noch die mündliche Prüfung, in zwei Wochen. Und Sozialkunde ist mein Lieblingsfach, da kriegeich eh meine 14 Punkte. Mein Abi ist quasi durch, Mama. Und sogar ganz gut.«
Sie musste lächeln. »Hm, na dann. Dann komm doch einfach. Ich wohne allerdings nicht mehr in der Knesebeckstraße. Aber Irmela wird sicher nichts dagegen haben, wenn du hier für eine Weile unterkriechst.« Sie berichtete Oliver etwas geschönt von den Verwicklungen des gestrigen Tages.
»Eine WG mit Irmela? Cool. Aber keine Angst, ich werde euch nicht lange auf den Wecker fallen. Ich will nur mal ein paar Tage hier raus. Soll er sich doch ruhig mal Gedanken machen, was er alles aufgibt für diese blöde Tussi. Aber … wie geht’s dir denn damit?«, fügte er vorsichtig hinzu.
»Tja, ich wundere mich gerade selbst. Mir geht’s gut. Es ist so, als ginge es mich kaum noch was an, verstehst du? Ich bin irgendwie woanders … und nicht nur körperlich. Es ist alles okay.«
Sie konnte Olivers Erleichterung förmlich mit Händen greifen. »Gott sei Dank«, wiederholte er noch einmal. »Ich wusste echt nicht, ob ich’s dir sagen sollte. Aber ich will doch schon morgen kommen, weißt du? Dann kriegst du auch dein Geburtstagsgeschenk wenigstens nicht ganz so spät.«
Sie verabredeten sich noch etwas genauer, dann legte Eva auf. Wieder lauschte sie in sich hinein. Nein, da war tatsächlich keine Verzweiflung, keine Eifersucht. Ihre Ehe war vorbei, und ihr Herz hatte das offenbar längst begriffen. Sie verspürte ein seltsames Gefühl der Leichtigkeit, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Es war vorbei. Obwohl Marcel und sie gute Zeiten gehabt hatten, sogar viele davon, war der Trott und die Schwere der vergangenen Jahre nun endgültig vorüber. Das bedeutete zwar, dass sie nun alleine war – aber sie war auch frei .
Und außerdem 41. Unglaublich, wie egal das sein konnte.
Sie tauchte erst zehn Minuten später in Irmelas Esszimmer auf. In einer Art Trotzanfall gegen die kommende Einsamkeit hatte sie doch noch die gestrige Mail des Unbekannten beantwortet: Ja, sie würde sich gerne treffen, am besten bald. Dann hatte sie rasch geduscht und ihre Kopfschmerzen waren danach tatsächlich ein wenig besser.
Irmela hatte den Tisch sehr hübsch gedeckt und sogar einen Blumenstrauß zwischen die Platten mit Käse und Aufschnitt gestellt. Für einen Augenblick glaubte Eva, die Freundin müsse doch etwas von ihrem Geburtstag wissen. Doch dann entdeckte sie verblüfft, dass insgesamt fünf Gedecke auf dem Tisch standen, und ihr schwante Böses.
»Sag nicht, du hast Silke und Uli hergebeten. Oder ein paar aus der Freundinnenrunde.«
Irmela stützte die Arme auf die runden Hüften. »Na, werde ich dir deinen ersten Tag hier bei mir so versauen? Da solltest du mich aber besser kennen.«
Eva ließ die Luft aus den Lungen und sich selbst auf einen der Stühle fallen. »Aber für wen zum Teufel hast du hier gedeckt?«
Irmela machte eine winzige Kunstpause. »Für den Senator«, sagte sie dann. »Nur, falls sie zufällig ein bisschen Hunger haben. Eigentlich kommen sie nur auf einen Kaffee.«
Eva brachte zunächst kein Wort heraus. Irmela erklärte ihr, dass das Telefon seit dem Morgen nicht stillgestanden habe. Die gestrigen Vorfälle hätten sich herumgesprochen, und über Janna, eine aus Silkes Freundinnenrunde, die bei der Senatsverwaltung arbeite, habe schließlich sogar Hauenschildt von Evas Pechsträhne erfahren. Daraufhin habe er so lange herumtelefoniert, bis er wusste, wo Eva abgeblieben war. Und nun komme er, in Begleitung seiner Frau und einer anderen Person, um ihr ein
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