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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen
Autoren: Tania Kraetschmar
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zwei Stunden später. Er sah Eva erwartungsvoll an und reichte ihr ein Klemmbrett: » Sie bezahlen ja bar, haben Sie gesagt. «
    Alles war ausgeladen. Oben in fünf der sechs Zimmer standen Bett oder Couch der jeweiligen Bewohnerin. Darauf und daneben stapelten sich Kisten, ebenso in der Küche. Nur im Wohnzimmer hatten sie alles gelassen, wie es war. Das leere Zimmer im Erdgeschoss wollten Eva und Nele zum Office machen, dort standen Schreibtisch und sämtliches Büromaterial, das sie brauchen würden.
    Jetzt nahm Eva das Klemmbrett, kritzelte nachlässig ihre Unterschrift, reichte dem Mann das Geld und Trinkgeld.
    Â» Die Firma dankt « , sagte er und wandte sich zum Gehen.
    Nele und Eva begleiteten die Umzugsmänner hinaus. Sie stiegen in ihr Fahrzeug und fuhren rückwärts aus der Einfahrt. Der Fahrer hupte einmal kurz, als er die beiden Frauen passierte. Sie winkten und sahen dem Wagen nach, der die Dorfstraße in Richtung Berlin fuhr. Nicht mal zwei Stunden war die Stadt von dem kleinen Dorf in der Mark Brandenburg entfernt, aber hätte genauso gut am Ende der Welt sein können.
    Eva und Nele sahen sich an.
    Â» Tja « , sagte Nele und rieb sich über die nackten Arme. Sie hatte Gänsehaut. Im Auto war ihr kurzärmeliges rotes T-Shirt perfekt gewesen, aber hier draußen war es frisch. » Jetzt sind wir hier. Was glaubst du? «
    Â» Ich weiß nicht genau « , antwortete Eva, » aber es fühlt sich an wie eine Chance. «
    Â» Auf was? «
    Â» Auf Zeit für Neues und darauf, dass wir uns noch besser kennenlernen. In einem anderen Umfeld. Auf dem Land. Mit Garten. Und überhaupt– wir zu fünft. In einer WG ! Eine Auszeit. Oder vielleicht sogar der Anfang von immer. «
    Â» Ja, ich weiß, was du meinst. Das sehe ich ganz genauso « , sagte Nele. » Und hör doch bloß mal! «
    Eva lauschte. » Was denn? Ich hör nichts. «
    Â» Genau! Das mein ich. Direkt vor unserer Nase ist eine Straße, und trotzdem herrscht hier eine Stille… Nichts als Vogelzwitschern, das ist einfach… «
    In diesem Moment ertönte das laute Blubbern eines Motors, der angelassen wurde, gefolgt von dem Knall einer Fehlzündung. Und dann schoss aus der Nachbareinfahrt ein schweres Motorrad heraus, ein Chopper. Der Mann, der es fuhr, war definitiv nicht der Bauer mit der Schirmmütze, der den Traktor gelenkt hatte. Dieser Mann hier trug als einzige Oberbekleidung ein ärmelloses, enges blaues T-Shirt und darüber einen Nierengurt. Seine muskulösen Arme waren über und über mit Tattoos bedeckt. Dunkelblaue Figuren, Ornamente und seltsame Schriftzeichen verbanden sich zu einem spektralen Gesamtkunstwerk. Er hatte eine knallenge Jeans an, die am Knie zerrissen war, sein Schalenschutzhelm hatte wohl mal als Fliegerhelm im Zweiten Weltkrieg gedient. Langes blondes Haar lugte darunter hervor.
    Der Motorradfahrer machte Anstalten, in die Straße abzubiegen, wozu er nach links und rechts schauen musste. Und so entdeckte er Eva und Nele. Einen Moment sah er verblüfft aus, dann bremste er scharf und rammte seine Cowboystiefel in den Boden. Schließlich stellte er den Motor ab.
    Â» Aber hallo! « , rief er. » Ihr müsst die Weiber sein, die Annas Hütte abgegriffen haben. Lohs neue Nachbarinnen. Hat sich im Dorf schon rumgesprochen. «
    Wenn Eva etwas noch blöder fand, als wenn man Frauen mit » Girlie « bezeichnete, dann war es, wenn jemand sie » Weib « nannte. Vor allem, wenn es sich um einen Kerl wie diesen hier handelte, eine Mischung aus Rocker, fröhlichem Landmann und Wikinger. Auch » abgreifen « fand sie völlig missglückt.
    Kühl erwiderte sie: » Wir sind eben eingezogen, Herr…? «
    Er lachte fröhlich und machte damit zumindest einen Teil des ersten schlechten Eindrucks wieder wett. » Na, › Herr ‹ sagt man hier in Wannsee aber nicht. Wir sind hier auf Du und Du. Von Sauert mal abgesehen. Schade um Dani. Ich bin Gandalf, Lohs Hobbyknecht. Und ihr zwei Hübschen? «
    Â» Eva Wedekind « , sagte Eva, aber da war Gandalfs Blick schon weiter zu Nele gewandert und blieb dann anerkennend geschätzte fünfundzwanzig Zentimeter unter ihrem Kinn hängen.
    Nele spürte den Blick und ging unweigerlich in den Flirtmodus über. » Nele Neumann « , sagte sie lächelnd und fuhr sich durch das blonde Haar.
    Â» Vorsicht mit dem T-Shirt, Nele
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