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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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nach oben. Wo im April rosa Blütenzauber geherrscht hatte, hingen nun Unmengen kleiner grüner Äpfelchen. An den ersten Bäumen waren sie hell und schon etwas größer, einige Bäume weiter waren sie noch winzig klein.
    Was sind das nur für Sorten?, überlegte Eva, trank einen Schluck Rotwein und fragte sich, welche Äpfel sie kannte. Boskop, Granny Smith, Braeburn… was noch? Golden Delicious. Das war’s. Mit ein bisschen Glück würde das für den Garten hier reichen. Wenn nicht, musste ein Bestimmungsbuch her. Amazon wird ja wohl auch aufs Dorf liefern, dachte Eva gerade, als sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm, die ihre Überlegungen unterbrach.
    Am Zaun zum Nachbargrundstück schlich eine schwarze Katze durchs Gras. » Miez, Miez « , rief Eva und ging auf das Tier zu.
    Die Katze ignorierte sie vollkommen. Plötzlich stolperte Eva über ein dickes Grasbüschel, das sich unter einer Schicht frischem Grün verborgen hatte. Gerade noch rechtzeitig fing sie sich mit der freien Hand am Stamm eines Baumes ab, aber der Rotwein schwappte über ihr beiges T-Shirt.
    Â» Verdammt « , schimpfte sie und sah an sich hinunter.
    Das wiederum ließ die Katze aufhorchen. Sie wandte sich ihr zu, setzte sich und blickte Eva aus gelben Augen gleichmütig entgegen.
    Â» Miez, Miez « , schmeichelte Eva erneut.
    Â» Caruso « , sagte in diesem Moment eine männliche Stimme.
    Eva fuhr zusammen. Hinter dem Schuppen trat ihr Nachbar hervor. Er trug nicht mehr den Blaumann, speckige Jacke und Schirmmütze wie am Nachmittag auf dem Traktor, sondern ein Polohemd und eine schwarze Jeans. Er war groß und drahtig, sein dunkles, mit einem Hauch Grau durchzogenes Haar sah aus, als könnte er mal wieder bei Gaby’s Friseursalon vorbeischauen. Sein Gesicht war wettergegerbt, der Mund schmal. Die vielen Fältchen rund um die Augen kamen vom Arbeiten im Freien und dem Zwinkern gegen die Sonne, vermutete Eva, bestimmt nicht vom Lachen. Ihr Nachbar sah nicht so aus, als wüsste er überhaupt, wie das geht.
    Keine Frage, er wirkte grimmig. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass er jetzt nicht auf dem Traktor saß, ihr keinen Vogel zeigte, die Ohren nicht mit Kopfhörern verschlossen hatte und auch keine Gummistiefel trug. Er war offensichtlich ein Bauer, der Feierabend hatte. Aber eben ein grimmiger.
    Â» Er heißt Caruso « , sagte der Mann. Er wies auf die Katze, die ja eigentlich ein Kater war und hochschaute, als er seinen Namen hörte.
    Â» Caruso? Ein ausgefallener Name für eine Landkatze « , fand Eva.
    Â» Na, nicht alle Katzen auf dem Land heißen Muschi « , antwortete der Nachbar eine Spur anzüglich.
    Statt darauf zu antworten, beugte Eva sich hinunter, um Caruso zu streicheln, der ihr jetzt um die Beine strich. Sein Fell war ungewöhnlich kurz, sehr dicht und samtweich, wie das eines Riesenmaulwurfs.
    Â» Na, Caruso « , sagte Eva leise.
    Sie liebte Tiere. Als Kind hatte sie im Frühling kleine Vögel nach Hause gebracht, die aus dem Nest gefallen waren. Sie hatte sich zu jedem Geburtstag und jedem Weihnachtsfest einen Dackel gewünscht, den sie ebenso regelmäßig nie bekommen hatte. Und einmal hatte sie in der Fischabteilung des KaDeWe einen Weinkrampf bekommen, weil ihr die Karpfen im Becken so leidtaten.
    Â» Ich bin Eva. Eva Wedekind « , sagte sie und schaute von dem schnurrenden Caruso hoch. » Wir sind heute Nachmittag hier eingezogen. Meine vier Freundinnen und ich. «
    Â» Simon Lohmüller. Loh. Ich wohne hier schon immer « , sagte der Nachbar. Sein Blick wanderte kurz über Evas bekleckertes T-Shirt und dann zu dem leeren Rotweinglas in ihrer Hand.
    Â» Das hat uns Gandalf vorhin erzählt. Dass Sie hier wohnen. Und auch, dass man bei Ihnen frische Eier kaufen kann. «
    Nun verzog Loh das Gesicht doch zu etwas, das mit einem bisschen guten Willen entfernt an ein Lächeln erinnerte. » Stimmt. Braucht ihr welche? Wir duzen uns übrigens alle in Wannsee. Außer Sauert. Den siezen alle. «
    Â» Wer ist eigentlich dieser Sauert? « , fragte Eva.
    Â» Der Bürgermeister. Ein mieser Typ. «
    Â» Oh, der. Den haben wir schon kennengelernt. Aber soooo schrecklich kann er ja für das Dorf nicht sein, wenn er gewählt wurde « , antwortete Eva nonchalant. Loh antwortete nicht darauf, also sagte sie: » Aber ein paar Eier nehmen wir gern. «
    Â»

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