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Eva und die Apfelfrauen

Eva und die Apfelfrauen

Titel: Eva und die Apfelfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Kraetschmar
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auf der Schaufel angestarrt und über sie gelacht hatten, war grässlich gewesen. Aber die Storys ihrer Freundinnen trösteten sie. Das konnten eben nur Worte von guten Freundinnen.

9. Kapitel
    Am leuchtenden Sommermorgen
    Geh ich im Garten herum.
    Es flüstern und sprechen die Blumen,
    Ich aber, ich wandle stumm.
    Heinrich Heine
    Vieles, was ihnen auf dem Lande zuerst seltsam, befremdlich, vielleicht sogar beängstigend vorgekommen war, erschien allmählich so normal, dass sie kaum noch Worte darüber verloren.
    Die Eule, die jeden Abend auf die Jagd ging, hatten sie Lady D’Arbanville getauft. Gelegentlich fanden sie eine Feder ihrer Eulenlady, die sie in einer kleinen Vase sammelten, die auf dem Küchensims stand.
    Sie hatten– bis auf Nele– gelernt, die toten Mäuse aus der Falle zu nehmen. Sie warfen sie auf den Kompost, von wo sie stets bis spätestens zum nächsten Morgen verschwanden. Entweder, weil Caruso zu faul zur Abendjagd war, Lady D’Arbanville den Weg des geringsten Widerstands ging oder die anderen Mäuse Kannibalen waren. Sie hatten die Mäuselöcher mit Drahtwolle verschlossen und Holz davorgenagelt, und jetzt schien in der Speisekammer Ruhe eingekehrt zu sein.
    Dorothee versuchte mit zunehmendem Erfolg, seltener mit Mimi zu telefonieren.
    Marion machte abends mit Julika Tai-Chi. Im Apfelgarten hatte sie ihre Zielscheibe aufgestellt, tief in sich versunken trainierte sie jeden Tag Bogenschießen, was ihr den Spitznamen » Wilhelmina Tell « einbrachte.
    Die Äpfelchen, die Eva jeden Morgen bei ihrem Gartenspaziergang inspizierte, wuchsen erstaunlich schnell. Und es waren erschreckend viele.
    Sie stellten jeden Abend auf alle Türklinken Büchsen mit Steinchen, die mit einem Mordskrach herunterfallen würden, sollte Eva noch einmal schlafwandeln. Aber das hatte sie glücklicherweise nicht mehr getan. Vielleicht hatte Marion recht, und sie tat es wirklich nur alle dreißig Jahre einmal.
    Die schrumpeligen Dahlienknollen, die Eva an den unbepflanzten Stellen in das rechte Beet gesetzt hatte, trieben sicher bald aus. Eva fand Loh seit der Schaufelaktion deutlich weniger grimmig. Wenn sie sich jenseits des Zaunes sahen, unterhielten sie sich sogar– über seinen Biohof, den Feldanbau, die Sonnenblumen, die Galloways und Hühner, über ihr Home Office und seine Büroarbeit, die er nicht gern machte. Und wenn er, was selten genug vorkam, lächelte, fand Eva ihn richtig nett.
    Sie hatten einen Haushaltsplan aufgestellt, an den sich alle mehr oder weniger hielten. Abends auf der Terrasse saßen sie zusammen, sprachen über den vergangenen Tag, tranken gelegentlich ein bisschen zu viel Rotwein und warteten darauf, dass endlich mal eine Sternschnuppe vom Himmel fiel. Bis jetzt vergeblich.
    Sie hatten einen Spaziergang zum Wannsee gemacht. Der Weg führte an Lohs Rinderherde vorbei. Kühe sind Kühe, hatten sie gedacht– schwarz-weiß, glatt, mit eingefallenen Flanken und schwer hängenden Eutern. Falsch, ganz falsch. Diese Galloways waren etwas Besonderes. Etwas Reizendes. Sie waren… süß. Klein und kompakt, mit kurzen Beinen und wuschligem Fell sahen sie wie Riesenschneeflocken mit braunen Ohren und Schnauzen auf der grünen Weide aus. Die Kälber waren heller als ihre Mütter, eine Mischung zwischen Eisbärbaby und Shetlandpony. Der Bulle war sowohl anhand seiner zwei deutlich bulligen Merkmale ( » Aber hallo! « , sagte Nele, als sie seine Eier sah) als auch an dem Kupferring erkennbar, den er in der Nase trug. Er hatte etwas abseits geweidet, ein mächtiges, wunderschönes Tier. Sie hatten » Primus! « gerufen, aber er hatte nur seinen schweren Kopf geschüttelt, als sei der Zuruf seiner Bewunderinnen nichts als eine lästige Fliege im Ohr. Auch die anderen Tiere hatten sich nicht um sie geschert, waren gelassen weiter über die Weide gezogen.
    Sie kannten die Fleischverkäuferin inzwischen mit Namen: Cindy. Neben den mundwässernden Köstlichkeiten bei Karoppke hatten sie auch mehrere Großeinkäufe beim Discounter im überübernächsten Dorf gemacht. Hinterher waren sie sich einig gewesen, dass Karoppkes Fleisch und Wurst unendlich viel besser schmeckte als das abgepackte Zeug.
    Sauert hatte sie bis jetzt erstaunlicherweise in Frieden gelassen. Sie waren noch nicht in der Kirche gewesen und hatten infolgedessen auch nicht die fünf bis acht Gläubigen

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