Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war
in seinem Kopf.
»Nein«, erwiderte ich und wich seinem Blick aus. »Das wollen wir nicht.« Ich duckte mich in den Tunnel, froh, ihn los zu sein.
»Deine Türöffnung ist die dritte auf der rechten Seite«, erklärte er, als die moosbedeckte Platte hinter mir zuklappte und mich in dem engen Korridor einschloss.
Als ich in unseren Höhlenraum kam, war ich froh, Ardens vertrautes Gesicht im Licht der schwächer werdenden Taschenlampen zu sehen. Trotzdem hatte ich weiche Knie, meine Hände zitterten und mein Herz schlug wie wild. Er hatte so schnell sagen können, wo mein Zimmer lag. Zu schnell.
Ich drückte mich kerzengerade gegen die kalte Wand und lauschte auf die Echos im Tunnel voller Angst, dass diese schwarzen Knopfaugen genau in dem Moment kommen würden, wenn ich am wenigsten darauf gefasst war.
DREIZEHN
Caleb und ich ritten im Zickzack durch den Wald. Nachdem in der letzten Nacht Truppen gesichtet worden waren, hatten die ältesten Jungen den ganzen Tag Wache gehalten, um sicherzugehen, dass die Soldaten aus der Gegend abgezogen waren. Niemand redete mit mir, niemand wagte es, mich anzusehen. Erst als sie frische Reifenspuren auf der Straße fanden, die vom See wegführten, hoben sie mein Kontaktverbot auf. Ich hatte mich gerade um Arden gekümmert, als Caleb in unserer Türöffnung auftauchte und mich fragte, ob ich mit ihm auf die Jagd gehen wollte. Es war mir egal, dass ich Jungenkleider – zerrissene Baumwollshorts und ein lockeres Hemd – tragen und mein Haar zur Tarnung zusammenbinden musste. Ich war einfach dankbar, an die frische Luft zu kommen, raus aus der feuchtkalten Höhle. Raus aus dem unterirdischen Schlupfwinkel und weg von diesem Tier Leif.
Als wir an einer Lichtung ankamen, suchte Caleb den Waldrand ab und spähte zum felsigen Ufer hinunter. »Nichts.« Er wendete das Pferd. »Wir müssen uns einen Beobachtungsposten suchen.«
Am tieforangefarbenen Himmel bauschten sich rot geränderte Wolken. Wir hatten ein Wildschwein vom Feld bis zu einem Steinbruch verfolgt, doch am Ende war es von einem herunterfallenden Felsbrocken aufgeschreckt worden. Nun hielten wir nach Hirschen Ausschau. Ich rutschte auf dem Pferd ein Stück nach hinten und versuchte, die Freiheit außerhalb der Höhle zu genießen. Doch die Begegnung der letzten Nacht verfolgte mich.
»Dein Freund Leif …«, setzte ich an und versuchte, mir einen Reim auf Calebs Verhältnis zu ihm zu machen – wie konnte er tagein, tagaus mit einem dermaßen verrohten Typen zusammenleben und -arbeiten? Ich hatte Caleb vor zwei Tagen kennengelernt und bisher hatte er mir meinen Bedenken zum Trotz nicht den geringsten Anlass zu Misstrauen gegeben. Er hatte mich am Fluss nicht im Stich gelassen. Er hatte Arden und mir Frühstück und Mittagessen gebracht, Handtücher und frisches Wasser zum Baden. Er hatte sogar den Raum für uns gefegt, während wir schliefen. »Er ist ja wirklich ausgesprochen charmant«, beendete ich meinen Satz und konnte die Schärfe in meiner Stimme nicht unterdrücken.
Caleb starrte auf die Felswand vor uns, von seiner Schulter baumelte sein Pfeilköcher. »Tut mir leid, dass er dir letzte Nacht Angst eingejagt hat. Er war stinksauer wegen der Soldaten.« Eine Hand strich über den Hals der Stute und entwirrte ihre dichte schwarze Mähne. »Er ist fest davon überzeugt, dass du die Geschichte mit dem kleinen Mädchen erfunden hast. Da lässt er nicht mit sich reden.«
»Warum sollte ich mir eine solche Lüge ausdenken? Ich hab sie gesehen«, sagte ich zu Calebs Rücken. »Ich war allein dort draußen und er hat mich mehr oder weniger bedroht.«
Caleb schüttelte den Kopf, als wir den Hang hinaufritten, die unsteten Schritte des Pferdes ließen uns von einer Seite auf die andere schwanken. Auch Caleb glaubte nicht, dass ich ein kleines Mädchen gesehen hatte, aber er nahm mir zumindest ab, dass ich irgendjemanden gesehen hatte. »Leif war nicht immer so. Er war früher …« Caleb hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort. »… besser.«
Wir zogen beide den Kopf ein, als wir unter einem tief hängenden Zweig hindurchritten. »Schwer vorstellbar.« Die Blätter streiften über mein Rückgrat, als ich mich vorbeugte und darauf achtete, genug Abstand zu Caleb zu wahren.
Er wurde ruhig. »Leif war mal lustig«, meinte er schließlich. »Wirklich lustig. Wir haben den ganzen Tag Häuser abgerissen, Stein für Stein, und das Material auf Laster geladen, die es in die Stadt aus Sand transportierten. Leif hat
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