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Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Titel: Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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sich immer diese Lieder ausgedacht, während wir arbeiteten.« Caleb sah über die Schulter zu mir, seine Wangen röteten sich und er musste plötzlich grinsen.
    »Was für Lieder denn? Worüber lachst du?«
    Er drehte sich um. »Das willst du nicht wissen.«
    »Meinst du.«
    »Gut. Aber behaupte nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.« Er räusperte sich mich gespielter Ernsthaftigkeit. »Meine«, schmachtete er völlig schräg, »Eier schwitzen, meine Eier schwitzen. Ich kann nicht anders, meine Eier schwitzen, neein, neeein, neeein!«
    Als ich mich zu ihm vorbeugte, fielen mir die Fältchen in seinen Augenwinkeln und die blassbraunen Sommersprossen auf seinen Wangenknochen auf. »Was soll daran lustig sein? Was für ›Eier‹? Hühnereier?«
    Caleb zog die Zügel straffer und ließ sich nach vorn fallen, sein Rücken bebte vor Lachen.
    »Was? Was hast du denn?«, bohrte ich.
    Es dauerte einen Moment, bis er sich wieder gefangen hatte. »Es sind …«, setzte er an, während sich sein Gesicht verzog. »Diese Dinger, die …«, er hielt inne, als wäre er in Gedanken versunken, dann schüttelte er plötzlich den Kopf. »Nee, tut mir leid, ich kann nicht. Es ist einfach lustig, Eve. Glaub mir.«
    Am liebsten hätte ich so lange weitergebohrt, bis er mit der Sprache herausrückte, aber irgendetwas sagte mir, dass der Witz besser unerklärt blieb.
    Die Stute trabte das letzte Stück des Hangs auf eine Hügelkuppe hinauf. Vor uns lag der See und spiegelte den orangeroten Himmel wider. Von hier oben konnten wir das Feld überblicken, wo wir das Wildschwein gestellt hatten, außerdem Waldstücke und einen felsigen Streifen Strand.
    »Da sind welche«, sagte Caleb und deutete auf einige Hirsche, die am Ufer Wasser tranken. Selbst von der Klippe aus konnte ich ihr goldenes Fell und die Geweihe erkennen, die sich den Baumwipfeln entgegenstreckten.
    Caleb lenkte das Pferd wieder den Pfad hinunter. »Was ist denn passiert?«, fragte ich schließlich, als wir den Wald fast erreicht hatten. »Mit Leif?«
    Calebs geschmeidiger Körper folgte den Bewegungen des Pferdes, als wären sie eins. Ich starrte auf die Rückseite seines grauen T-Shirts, besonders auf die Stelle, wo der Stoff an den Nähten auseinandergerissen war. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, die Hand auszustrecken und ihn zu berühren, doch ich ließ die Hände fest auf Lila liegen. »Leif hatte damals einen Zwillingsbruder. Asher. Egal, was man sagte, sie sahen immer erst einander an, bevor sie etwas antworteten. Leif schien immer erst mal abzuwarten, was Asher tun würde, und Asher schien darüber nachzudenken, ob er lachen sollte oder nicht.« Wir ritten wieder durch den Wald, hinunter zum steinigen Ufer. »Als wir eines Tages zur Arbeit rausgingen, blieb Asher krank zurück. Im Nachhinein glaube ich nicht, dass es irgendetwas Ernstes war, konnte es einfach nicht sein. Doch die Aufseher bekamen Panik. Es war nur wenige Jahre nach der Epidemie.« Er fuhr mit der Hand durch seine braunen Haare. »Als wir zurückkamen, war seine Schlafstelle verlassen. Er war weg.«
    »Ist er gestorben?«, fragte ich. Die Stute bewegte sich unter mir und ich streichelte ihre Flanke, dankbar für ihre ruhige, warme Anwesenheit.
    »Nein.« Caleb schüttelte den Kopf. »Sie haben ihn in die Wälder geschleppt und dort ausgesetzt.«
    »Wer?«
    »Die Aufseher. Sie haben seine Beine mit Felsbrocken beschwert. In jener Nacht konnten wir sie prahlen hören, dass sie uns alle vor der Rückkehr der Seuche gerettet hatten.«
    Ich schlug die Hand vor den Mund und stellte mir einen der Jungen aus dem Camp vor, allein im Wald, krank, ohne eine Chance wegzulaufen.
    »Da scheint etwas in Leif zerbrochen zu sein. Ich hab es nie wieder gesehen – sein altes Ich. Nach dieser Nacht war er ein anderer Mensch.« Caleb stieg ab, spannte Pfeil und Bogen und ging langsam auf die Hirsche am Ufer zu. Ein paar Tiere hoben den Kopf, doch als sie Caleb so entspannt und ruhig sahen, wandten sie sich wieder dem Wasser zu.
    Er lief noch einige Schritte, bevor er auf eine Hirschkuh am Rand zielte. Der Pfeil löste sich vom Bogen und einen Moment später bohrte er sich tief in den fleischigen Hals des Tieres. Die anderen Hirsche stoben auseinander, als sie erschrocken nach hinten taumelte. Innerhalb weniger Sekunden schoss Caleb den zweiten Pfeil ab, der sie in die Flanke traf. In Panik sprang sie zum Wasser, dann strauchelte sie zurück ans Ufer, wo sie eine Blutspur hinter sich herzog.
    »Hör auf!«, schrie ich

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