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Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war

Titel: Eve & Caleb - 01 - Wo das Licht war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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Grunztöne von sich.
    »Das war’s«, sagte er, als er stehen blieb, um erneut zu schießen.
    Ich drehte mich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, dass er mit der Pistole auf meinen Rücken zielte. Ich kniff die Augen zusammen und betete, es möge schnell gehen, mein Kopf möge nicht zucken wie bei der Hirschkuh und ich möge diesen Ort ohne allzu große Schmerzen verlassen.
    Ein Schuss fiel.
    Ich spürte meinen Oberkörper und wartete darauf, dass das Blut aus der Wunde strömen würde, dass ich das Brennen fühlen würde, wenn sich die Kugel in mein Fleisch bohrte. Aber ich spürte nichts. Kein Loch, keine Schmerzen.
    Nichts.
    Hinter mir blieb Fletcher wie angewurzelt stehen. Er ließ die Pistole fallen. Mitten auf seinem Hemd breitete sich langsam, aber unaufhaltsam ein roter Fleck aus und arbeitete sich brustabwärts und zu den Seiten vor. Er gab ein gurgelndes Geräusch von sich, dann kippte er mit aufgerissenem Mund in die Blumen.
    Ich drehte mich um und entdeckte eine Gestalt am anderen Ende des Felds. Eine alte Frau kam auf mich zu, sie musste um die siebzig sein, ihr gespenstisches weißes Haar hing ihr in einem Zopf über den Rücken. Sie tätschelte die Waffe in ihrer Hand, als wäre sie ein Schoßhündchen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie und musterte mein Gesicht. Ich presste die Hand auf den Oberkörper, um mein immer noch pochendes Herz zu beruhigen.
    »Ja«, brachte ich heraus. »Ich glaube schon.«
    Sie hob Fletchers Pistole auf und schüttete die Munition in ihre Hand. Dann verpasste sie ihm einen harten Tritt in die Seite. Er rührte sich nicht. Er war schon tot.
    »Danke«, flüsterte ich, obwohl ich nicht wusste, ob man das sagen durfte.
    Die alte Frau lächelte, ihr faltiges Gesicht war wunderschön. »Marjorie Cross«, stellte sie sich vor und streckte mir ihre runzlige Hand entgegen. »Die Freude ist ganz meinerseits.«

FÜNFUNDZWANZIG
    »Da wären wir«, sagte Marjorie, als wir ins Haus traten. »Geht einfach durch und macht es euch gemütlich.« Sie deutete auf das Wohnzimmer, in dem ein rosa Sofa vor dem Feuer stand, auf den Seitenlehnen lagen gelbe Spitzendeckchen. Davor köchelte etwas in einem Topf und erfüllte den ganzen Raum mit dem Duft wilder Beeren.
    Ich bedeutete Arden und Lark mit einer Handbewegung, ins Haus einzutreten. »Alles ist gut«, flüsterte ich, als Marjorie die Pistolen auf den Küchentisch legte. »Wir sind in Sicherheit.«
    »Otis!«, rief Marjorie die Treppe hinauf. »Otis!« Sie hielt sich den Hals beim Schreien, jedes Wort schien sie anzustrengen. »Tut mir leid«, sagte sie mit einem Blick auf uns. »Wisst ihr, Hörgeräte sind heutzutage nicht aufzutreiben.«
    »Warum sind wir im Haus dieser verrückten Frau?«, flüsterte mir Arden zu, als wir uns auf dem Sofa niederließen. Sie drückte auf ihren Arm, der von der Schulter bis zum Ellbogen aufgeschrammt war, die helle Innenseite war rußverschmiert.
    »Diese verrückte Frau hat mir das Leben gerettet.« Ich hatte zwanzig Minuten lang in den Wald gerufen, bis Arden und Lark sich schließlich gezeigt hatten. Sie hatten gefürchtet, Fletcher würde ihnen eine Falle stellen. Unter Marjories Führung waren wir zu dem schindelgedeckten Haus im Wald gelaufen, in dem nur eine Laterne im Fenster brannte. Es war das Licht, das ich gesehen hatte, als ich vor Fletcher davonrannte.
    Marjorie hantierte in der Küche herum und nahm einen Tellerstapel in die Hand.
    »Es ist schön hier«, stellte Lark fest. Ihr Gesicht war noch immer feucht und ihr Kittel voll roter Schlammflecken. »Es gefällt mir.«
    Das Sofa sah bequem aus und die hübschen Kissen rochen im Gegensatz zu den meisten Polstern nach der Epidemie nicht nach Schimmel. Feine Teetassen – keine davon angeschlagen – standen in einer Vitrine neben Porzellanfiguren, die Kinder zeigten, die miteinander tanzten und durch ein Teleskop spähten. Den langen Esstisch auf der anderen Seite des Küchentresens schmückte eine Silberschale mit roten, gelben und grünen Tomaten.
    Ich dachte an das begehrteste Bilderbuch in der Schulbibliothek, das von einem kleinen Mädchen namens Nancy handelte, das Tutus besaß und Haarspangen und all die anderen Luxusgegenstände, die es in der Schule nicht gab. Als wir klein waren, hatten Pip, Ruby und ich uns zusammen ins Bett gekuschelt und uns vorgelesen, wie ihre Familie einen Ausflug zu einer Eisdiele machte, und blieben immer bei der Stelle hängen, in der sie ihre Eltern fein macht, ihrem Vater die Brille aufsetzt und

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