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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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verschleppt hat.«
    Ich schüttelte den Kopf, nahm mich aber in Acht, nicht zu viel preiszugeben. »Sie haben also einen Artikel gelesen und nun glauben Sie, mich zu kennen?«
    Ich starrte auf die Beete des Gewächshauses, auf Reginald, den Pressesprecher des Königs – auf genau den Mann, der diese Geschichte geschrieben hatte. Er war groß, hatte rotbraune Haut und kurzes, grau meliertes Haar. Der König hatte uns einander am Tag nach meiner Ankunft im Palast kurz vorgestellt. Reginald hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich nach den roten Striemen um meine Handgelenke zu erkundigen oder nach den Stichen auf meinem Arm. Er fragte überhaupt nicht viel. Stattdessen hatte er eine komplette Geschichte erfunden, wie ich aus der Schule geflohen war, um nach meinem Vater zu suchen, von dem ich nicht einmal wusste, dass er der König war. Wie ich mich durch die Wildnis geschlagen hatte, bis ich von einem brutalen Streuner verschleppt worden war. Der Artikel endete mit einem Zitat Starks, in dem er erläuterte, wie er mich »gerettet« hatte.
    »Ich habe die Streuner nie verstanden.« Der Mann schüttelte den Kopf. »Wer wählt schon ein solches Leben, wenn man das hier haben kann?« Er deutete auf den Raum.
    Meine Gedanken wanderten zu Marjorie und Otis, wie sie an ihrem Küchentisch saßen und zufrieden waren, für sich zu leben, frei von den Gesetzen des Königs. »Eine Menge Leute.«
    Der Mann sah mich fragend an, als wäre er nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. Ich wollte mich schon unter einem Vorwand entschuldigen, da kam der König auf uns zu.
    »Genevieve!«, rief er, sein Gesicht verzog sich zu einem ehrlichen Lächeln. »Wie ich sehe, hast du Charles Harris kennengelernt. Ich habe dir schon von ihm erzählt.« Er deutete auf die Kuppeldecke, die kunstvollen Gärten und Marmorböden. »Seine Familie hat beinahe jedes Bau- und Wiederaufbauprojekt innerhalb der Stadtmauern geleitet. Ohne ihn wäre die Stadt aus Sand nicht das, was sie ist.«
    Er war also der Minister für Stadtentwicklung. Mit seinem tadellosen Hemd und den großen blauen Augen wirkte er erstaunlich normal. Jeder Zentimeter von ihm schien anzudeuten, dass er anständig, ja sogar nett war – ein Mensch, dem man vertrauen konnte. Ob er derjenige war, der die Jungen in den Arbeitslagern geschunden hatte? Oder hatte er es andere tun lassen?
    »Ich habe Genevieve gerade erzählt, wie unglaublich es ist, dass sie wohlbehalten hier angekommen ist. Es ist sicherlich ein Beweis ihrer Stärke.«
    »Ich freue mich, dass sie zu Hause ist.« Der König hielt ein Glas in der Hand. »Charles lebt seit der Gründung der Stadt hier. Seine Familie gehört zu den wenigen glücklichen – seine Eltern haben beide die Seuche überlebt. Sie haben ihr Vermögen gespendet, um die Gründung der neuen Stadt finanzieren zu helfen. Sein Vater war bis zu seinem Tod der Minister für Stadtentwicklung.« Ich betrachtete Charles, sein strahlendes glatt rasiertes Gesicht und den dicken schwarzen Haarschopf. Er war höchstens fünf Jahre älter als ich. Es unterschied ihn so wenig von den Jungen in der Höhle – ihre Eltern waren gestorben, seine nicht.
    »Es war eine Ehre, das Erbe meines Vaters anzutreten«, sagte er nüchtern.
    Der König deutete auf die Glaskuppel über uns. »Das hier war Charles’ erstes Projekt. Er verbrachte gut ein halbes Jahr damit, die geretteten Pläne des Wintergartens zu studieren und sich Bilder aus der Zeit vor der Epidemie anzusehen, um alles originalgetreu zu rekonstruieren. Und natürlich ein paar Verbesserungen vorzunehmen.«
    Charles deutete auf den höchsten Punkt der Kuppel. »In diese Seite des Wintergartens war ein Kleinflugzeug gekracht und hatte ein gewaltiges Loch hinterlassen.«
    Als das Streichquartett in der Ecke ein Lied anstimmte, gingen einige Paare zum Tanzen in die Mitte des Raums. Menschen stießen mit erhobenen Gläsern an und brachten Toasts aus. Der König hob die Hand und winkte zwei Frauen heran. Die jüngere schien in meinem Alter zu sein und hatte strohblondes Haar und dünne glänzende Lippen. Die andere Frau sah ihr ähnlich, war allerdings älter, ihre Wimpern dick mit Wimperntusche verklebt. Ihre Haare trug sie in einem strengen goldenen Bob. »Perfektes Timing«, begann der König und legte der älteren Frau die Hand auf den Rücken. »Genevieve, ich möchte dir gern meine Schwägerin Rose und meine Nichte Clara vorstellen. Rose war mit meinem verstorbenen Bruder verheiratet.«
    Der König hatte sie am

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