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Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt

Titel: Eve & Caleb - 02 - In der gelobten Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Carey
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postiert. Ich konnte sie durch die schlanken Bäume sehen, fünf Soldaten standen zusammen und blickten nur gelegentlich hinter sich. Ich rannte los, duckte mich hinter den Springbrunnen, die hohe Hecke verdeckte mich.
    Von Zeit zu Zeit drehte ich mich um, um mich zu vergewissern, dass mir keine Soldaten folgten. Ich hatte einen Kloß im Hals. Clara hatte mich gesehen. Vielleicht weckte sie genau in diesem Moment den ganzen Palast und alarmierte die Soldaten, die auf jedem Stockwerk Wache hielten. Ich senkte den Kopf, jeder unentdeckte Schritt machte mich ruhiger. Ich war draußen, lief durch die Stadt und war schon auf dem Weg zu Caleb. Es gab kein Zurück mehr.
    Die Straßen waren dunkel, die hohen Gebäude warfen ein unheimliches Licht auf den Asphalt. Ich hörte, wie Jeeps ihre Runden durch die Innenstadt drehten. Hoch über mir funkelte Licht in den Fenstern. Ich lief über die Überführung, wie es auf der Karte eingezeichnet war, und hielt mich im Schatten der Gebäude auf der anderen Seite. Vertrocknete Palmen säumten die schmale Straße. Einige der Häuser waren noch immer nicht saniert. Ein Restaurant stand leer, Tische und Stühle waren grau von Staub.
    Jedes Mal, wenn ich einen Jeep neben mir auf der Straße hörte, war auf der Karte eine Abzweigung eingezeichnet und führte mich in die entgegengesetzte Richtung, der Motorenlärm rückte in den Hintergrund. Das Gebäude, das Caleb markiert hatte, lag ungefähr anderthalb Kilometer östlich der Schienenbahn, der Eingang verborgen in einer Gasse hinter einem Kino. Je näher ich kam, desto leichter wurden meine Schritte, mein Körper schwebte vorwärts, ich spürte jeden Nerv.
    Die Gasse war dunkel, die Luft stank nach verfaulendem Abfall. Ich ging durch die Tür, die auf dem Plan eingezeichnet war. Drinnen war es stockfinster. Ich tastete mich an der Wand entlang und eine schmale Treppe hinunter in den Bauch des Gebäudes. Rauch hing in der Luft. Irgendwo sang jemand. Das Murmeln entfernter Stimmen umschwirrte mich. Ich schlich mich weiter vorwärts, stolperte die letzten Stufen hinunter, bis ich am Ende der Treppe durch eine weitere Tür trat.
    Eine Frau in einem silbernen Paillettenkleid stand auf der Bühne, hinter ihr eine dreiköpfige Band. Sie sang in ein Mikrofon, das dem ähnelte, das der König bei der Parade benutzt hatte. Ein trauriges, langsames Lied schwebte in den hinteren Teil des Raums. Ein Mann mit Saxofon beugte sich vor und fügte ein paar tiefe Töne hinzu. Paare drehten sich auf einer dicht besetzten Tanzfläche, eine Frau schmiegte ihr Gesicht an den Hals eines Mannes, während er sich vor und zurück bewegte, seine Hüften schwangen im Takt. Andere saßen in gemütlichen Nischen zusammen und lachten über halbvollen Gläsern. In Plastikaschenbechern lagen glimmende Zigaretten, deren Rauchkringel zur Decke stiegen.
    Zahlreiche bemalte Leinwände schmückten die Wände. Auf einer waren die Gebäude der Stadt mit blutroten Lichtern übersät, was jeden Wolkenkratzer unheimlich aussehen ließ. Hinter der Bar hing ein riesiges Gemälde, auf dem Reihen von Kindern in blendend weißen Hemden und blauen kurzen Hosen standen, die denen der Goldenen Generation ähnelten, ihre Gesichter waren allerdings flach und nichtssagend, eines sah aus wie das andere. Ich musterte jede Person im Raum, hielt an der Bar nach Caleb Ausschau und in der Gruppe Männer, die in der Nähe der Tür stand. Im hinteren Teil, rechts von der Bühne, saß jemand allein in einer Nische. Sein Gesicht war unter dem Schirm einer Mütze verborgen. Er drehte etwas in den Fingern hin und her, selbstvergessen in ruhiger Konzentration.
    Das Lied war zu Ende. Die Frau in dem Paillettenkleid stellte die Bandmitglieder vor und machte einen Scherz. Ein paar Leute hinter mir lachten. Ich stand wie angewurzelt da und sah ihm zu, wie er mit einer Papierserviette spielte und sich kräftig auf die Unterlippe biss. Plötzlich, als hätte er meine Anwesenheit gespürt, sah er auf und unsere Blicke trafen sich. Er starrte mich einen Moment an, auf seinem Gesicht leuchtete ein Lächeln.
    Er stand auf und kam auf mich zu. Als die Frau wieder zu singen begann, war er bei mir und drückte sein Gesicht an meinen Hals. Er schlang die Arme fest um mich, zog mich so dicht an sich, dass er mich hochhob. Wir standen dort, während die Musik um uns herum immer lauter wurde. Unsere Körper passten so perfekt zusammen, als hätten wir nie getrennt werden sollen.

ACHTZEHN
    »Ich hab mir schon Sorgen

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