Eve & Caleb - 03 - Kein Garten Eden
untertauchte, wie es mich getragen hatte, sodass meine Füße kaum noch den sandigen Untergrund berührten. Ich hatte gelesen, dass man, wenn man jemanden vermisste, sich langsam in denjenigen verwandelte: dass man bestimmte Dinge tat, um die Lücke zu füllen, die er oder sie hinterlassen hatte, damit man sich nicht mehr so einsam fühlte. Nun, da ich, Monate nach seinem Tod, hier am See stand, wusste ich, dass das nicht funktionierte. Dadurch, dass ich all diese Dinge tat – dieselben Dinge, die er einst getan hatte –, vermisste ich ihn nur umso mehr.
Ich watete ins Wasser, dessen Kälte ich seltsamerweise tröstlich fand. Einen Moment lang brannten meine Füße und das Gefühl setzte neue Energien in mir frei. Als der Rest der Mädchen sich hinter mir hineinwagte, drehte ich mich um und winkte Pip und Ruby, sich zu uns zu gesellen. Sie saßen auf einem Baumstamm am Ufer, zwischen sich einen Korb, und zupften die Stiele von den wilden Beeren.
»Rektorin Burns würde das nicht gutheißen«, sagte Ruby, wobei ein leises Lächeln ihre Lippen umspielte. Sie strich sich einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. »Schwimmen ist viel zu gefährlich. Habt ihr noch nie von all den Menschen gehört, die vor der Epidemie ertrunken sind?« Sie ahmte die rauchige Stimme der Rektorin nach.
Das war der erste Witz – oder zumindest etwas in der Art –, den ich seit Tagen hörte. Ich hätte auch gelacht, aber neben ihr stand Pip auf unsicheren Beinen. Von der Erschöpfung gezeichnet, bewegte sie sich nur langsam voran. Als ich Beatrice mitgeteilt hatte, dass ich bleiben würde, hatte sie, anders als ich erwartet hatte, nicht versucht, mich umzustimmen. Sie schien auch der Meinung zu sein, dass Pip Ruhe brauchte und es für sie am besten war, wenn sie bis zur Geburt hierbleiben würde – mit dem Wenigen an Information, was Beatrice mir weitergeben konnte, würden wir das Ganze zusammen schon irgendwie über die Bühne bringen. Califia war immerhin noch rund vierhundert Kilometer entfernt, es war also gut möglich, dass wir irgendwo unterwegs liegen bleiben und nicht mehr weiterkommen würden. Wenn sie bleiben wollte, wie konnte ich sie da zwingen zu gehen?
Sie kamen vor bis ans Wasser und sahen zu, wie die Mädchen in ihren kurzen Hosen und T-Shirts im Wasser standen. Einige von ihnen hatten in der Kälte bereits zu bibbern begonnen. »Der erste Schritt ist unterzutauchen«, sagte ich, während ich weiter hineinwatete und mich neben Bette und Kit stellte. »So.« Ich hielt mir die Nase zu und ließ mich fallen, sodass ich platschend untertauchte. Das Wasser rauschte in meinen Ohren. Ich öffnete die Augen, atmete langsam aus und sah zu, wie die Luftblasen an die Oberfläche stiegen. Als meine Lunge zu brennen anfing und mir das Blut in den Ohren pochte, tauchte ich schließlich wieder auf, um Luft zu holen. Sarah war die Einzige, die untergetaucht war. Ihr nasses Haar klebte an ihren Wangen.
Bette beobachtete Benny und Silas, die auf dem Rücken weiter hinaustrieben. Ihre aufgeblähten Bäuche ragten aus dem Wasser. »Nicht zu weit«, brüllte ich und deutete auf den im Wasser liegenden Birkenstamm – die Markierung, die die Jungs früher benutzt hatten, um sie in der Nähe des Strandes zu halten. Benny hob den Kopf, als hätte er mich gehört, dann ließ er sich nach hinten ins Wasser fallen und verschwand wieder.
»Ich pass auf sie auf. Keine Sorge«, sagte Beatrice und ließ drei abgewetzte T-Shirts ins flache Wasser fallen. Sie schlug den Stoff gegen die Steine, um ihn zu reinigen, während einige weitere Mädchen untertauchten. Bette hielt inne, als ihr das Wasser bis zum Hals reichte, und zuckte zusammen, als sie langsam in den See glitt.
Ich zog den nassen Pulli von meinem Bauch, aber er schmiegte sich nur weiter eng an meinen Körper. Also ließ ich mich stattdessen ins Wasser sinken, bis es mir zur Brust reichte, sodass der See mein Geheimnis verbarg. Ich sah wieder zu Benny und Silas hinüber, die gerade damit beschäftigt waren, ihre Münder mit Wasser zu füllen, um sich dann gegenseitig damit zu bespritzen. Beatrice behielt sie im Auge, wie sie es versprochen hatte, und stellte sicher, dass sie nicht zu weit hinausschwammen. »Euer Körper ist so beschaffen, dass er auf dem Wasser treibt. Legt euch einfach auf den Rücken«, sagte ich, während ich zu Sarah hinüberging. Sie ließ sich nach hinten fallen und ich richtete ihre Schultern und Beine so aus, dass sie ein perfektes T bildeten. »Und jetzt einatmen.
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