Eve - Das brennende Leben
Speichenbomben vor und tauchte in den dunklen Tunnel ein. Dabei unterdrückte er jedes Panikgefühl, damit seine Urteilsfähigkeit nicht getrübt wurde. Er konnte sich des ständigen, lähmenden Déjà-vu-Gefühls nicht erwehren, als er sich in das Stationswrack begab, denn er wusste, dass ein Kapselpilot dafür verantwortlich war. Das hier hatte nichts mit dem zu tun, was andere Piratenschiffe sonst anrichteten. Dennoch weigerte er sich, dieses Gefühl zu einem Problem werden zu lassen, und kanalisierte seine Wut. Er benutzte sie als Antrieb für seine zielgerichteten Handlungen. Nein, er würde diese Leute nicht sterben lassen.
Er hörte, wie die Angel-Truppen ihm folgten. Er schickte dem Captain zwei Signale. Zum einen gab er dessen Team Zugriff auf die Zeitsignaturen der Speichenbomben, zum anderen sorgte er dafür, dass seine Markierungen für alle sichtbar waren. Der Captain akzeptierte schweigend die beiden Verbindungen. Seine Männer flogen dadurch nicht in die Luft und bekamen umgehend Meldung, sobald Drem auf Leben stieß.
Yaman und Verena signalisierten Drem, dass sie am Tunneleingang angekommen waren.
Drem drang weiter vor und aktivierte weitere Speichenbomben. Es dauerte einige Minuten, bis er sein erstes Opfer fand. Es war durch Metallbalken und elektrische Leitungen gefangen in einer winzigen Nische. Der Mann war ungefähr in Ortags Alter. Er war bei Bewusstsein, hatte aber offensichtlich große Schmerzen und umklammerte sein zerschmettertes Bein. Drem markierte den Mann auf dem Display und bekam eine Bestätigung der Angel-Agenten. Dann sprach er ein paar beruhigende Worte, bevor er weiterging.
Er bahnte sich einen Weg durch den Schutt. Minuten dehnten sich zu Stunden. Er markierte Opfer und gab denen, die sich weigerten, ihn gehen zu lassen, ein Beruhigungsmittel. Die Zerstörung war unglaublich. Es sprach allerdings für die hervorragenden handwerklichen und technischen Fähigkeiten des Kartells, dass die Kolonie bisher noch nicht vollständig zusammengebrochen war.
Drem, der glaubte, etwas sagen zu müssen, um das Schweigen des Tunnels zu durchbrechen, machte eine Bemerkung über diesen glücklichen Umstand zu den Angel-Agenten. Einer von ihnen – nicht der Captain – sagte: »Nun, das Windei konnte ohne Gegenschlag angreifen. Als unsere Jungs endlich angeflogen kamen, hatte er bereits das, was er wollte, und war abgehauen.«
Das Schweigen, das unmittelbar darauf folgte, ließ Drem darauf schließen, dass irgendetwas auf den Privatkanälen der Angels gesagt wurde. Er konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen: »Die Blutjäger fackeln nicht lange, bevor sie Truppen für ihre Jungs losschicken.«
»Die Spielregeln ändern sich, wenn es sich um Kapselpiloten handelt«, sagte Rhan. Drem hörte den unterdrückten Ärger in seiner Stimme.
Er beschloss, das Risiko einzugehen und eine kleine weiße Flagge zu schwenken: »Sind nicht gerade Freunde von Ihnen, oder?«
»Wenn jeder Einzelne für immer verschwunden wäre, würde ich bestimmt nicht trauern«, antwortete Rhan. Über offene Kanäle war das ein bemerkenswertes Geständnis. »Und wenn irgendjemand von euch das meinen Vorgesetzten erzählt, wird er bald Teil einer kurzen und spektakulär misslingenden Rettungsmission sein, das verspreche ich euch.«
Drem grinste grimmig und wandte sich wieder seinem Erkundungsgang zu.
Es lief wie immer hervorragend. Nachdem sie den letzten Mann, den die Drohnen aufgespürt hatten, herausgezogen hatten, forderte Drem die Berichte der anderen Teams der Schwestern an. Dabei zeigte sich, dass fast alle Vermissten gefunden worden waren. Mehr als einhundert Leute, die man für tot gehalten hatte, waren wieder quicklebendig. Wenn das kein Grund war weiterzumachen, dann wusste er nicht, was einer sein sollte.
Einige dieser Berichte deuteten allerdings darauf hin, dass sich das Herzstück der Station immer weiter destabilisierte. Grundsätzlich hätte das kein Problem dargestellt – wenn halt die äußere Hülle nicht so schwer beschädigt gewesen wäre. Wenn das Innere nachgab und die Hülle instabil war, waren schlagartige Druckabfälle nicht mehr vermeidbar.
»Alles klar, lasst uns hier Schluss machen«, sagte einer der Angels. Die meisten hatten sich bereits aus den Tunneln zurückgezogen, nur Drem und sein Team waren für letzte Erkundungen zurückgeblieben.
»Was ist los?«, fragte Verena ihn.
Drem war von ihr beeindruckt. Durch den Anzug und das Schweigen hindurch hatte sie bemerkt, dass ihm die
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