Eve - Das brennende Leben
Gottes Hand herausgeholt, um entweder Felder zu bestellen oder der Geistlichkeit zu dienen. Das ist anderswo genauso. Die Aufseher, die Wachen und sogar die Sklaven selbst werfen ein Auge darauf, ob jemand aussichtsreich ist. Wer immer für würdig befunden wird, wird aus dem Staub entlassen und darf auf den Feldern oder in einer Fabrik arbeiten. Oder vielleicht in einer Schule, einer Kirche oder sogar in der Verwaltung. Natürlich gibt es Grenzen, aber es gibt Grenzen für alles in dieser Welt.«
»Bist du damit glücklich?«, fragte Ralea. Ihre Stimme war so flach wie der schlammige See neben dem Wald auf der anderen Seite der Felder.
»Ich denke, dass es eine … fabelhafte Sache ist. Schrecklich und fabelhaft zugleich.« Er sah ihren Ausdruck und fügte schnell hinzu: »Ich bin verantwortlich für dieses großartige Gebäude, das unserem Herrn – und den Großgrundbesitzern – gefällt. Ich kann hier Sklaven fortbilden, dafür sorgen, dass sie gesund bleiben und sie in den Schoß des Imperiums integrieren. Wenn einige derjenigen, die du gesehen hast, niemals das Konvent sehen, werden ihre Kinder es aber sehen, weil ihre Eltern sie ermutigen oder vorantreiben. Wir denken über ein einzelnes Leben und seinen Fortschritt hinaus.«
»Das, was ich da unten gesehen habe, war kein Leben. Diese Leute über leben höchstens, und auch das nur mit Mühe und Not«, hielt Ralea dagegen.
Sandan sah sie ernst an. »Du wusstest davon. Die Sklaven des Imperiums, die Gebräuche unserer Welt. Es ist schockierend zu sehen, aber es ist nicht an uns, darüber zu Gericht zu sitzen.«
»Es gibt Wissen und es gibt Wissen .«
Sandan seufzte. »Ja. Man kann etwas wissen, ohne es zu verstehen, und man kann verstehen, ohne zu akzeptieren.« Er klopfte Ralea sanft auf die Schulter und stand auf. »Du darfst gerne, so oft du möchtest, dort hinausgehen. Kehre danach hierher zurück und denk eine Weile über den Glauben nach und wie er praktisch angewendet wird. Wir haben auch darüber nachgedacht. Wir sind keine Monster, Ralea.«
»Wird dort Vitoc verwendet?«, fragte sie.
»Wie bitte?«
» Wird es verwendet?« , beharrte sie.
Der Geistliche schaute sie lange an.
»Ja«, sagte er schließlich. »Dort wird Vitoc verwendet.«
»Wo ist es?«, fragte sie.
Er wollte den Raum verlassen.
» Wo ist es? «, fragte sie erneut.
Sandan blieb an der Tür stehen.
»Im Wasser«, sagte er. »Es ist im Wasser.«
»Du musst diesen gottverdammten Dieb finden«, sagte Theban. »Es ist mir egal, wie du das anstellst.«
»Wir suchen nach ihm, so gut wir können«, sagte Sandan zu ihm. Dann fügte er unklugerweise hinzu: »Aber wir müssen auch eine Ernte einbringen.« Die beiden Männer standen im Hauptgang des Konvents in Raleas Hörweite.
Jemand hatte das teure Khuumak-Ausstellungsstück gestohlen. Theban war natürlich vor Wut an die Decke gegangen. Und selbstverständlich gab er als Erstes lauthals den Sklaven die Schuld.
Räume wurden durchsucht, gewöhnlich mit Genehmigung, aber man fand nichts. Die Felder wurden abgesucht, die Wälder durchkämmt. Der See wurde schließlich auch noch ausgebaggert, obwohl sich niemand vorstellen konnte, dass jemand
– egal, ob Amarr oder Minmatar – auf die Idee kommen würde, ein Khuumak in seine schlammige Tiefe zu werfen.
»Eure Ernte ist mir scheißegal. Ich könnte das alles hier auf der Stelle kaufen. Und ich sage dir noch was«, sagte er und zeigte mit dem Finger auf Sandan, »bei den Leuten, die du hier reinlässt, würde es mich nicht wundern, wenn einer davon seine Finger im Spiel hat. Sie hatten Zugang. Sie wussten, dass es dort war. Irgendein schäbiger Sklave kann es nicht verschwinden lassen, ohne Hilfe zu haben.«
Ralea, die hin und wieder Jorek gesehen hatte, der sehnsüchtig in Richtung der Minen starrte, sagte nichts.
»Ich bin mir nicht sicher, ob du derartige Anschuldigungen ohne Beweise erheben solltest«, sagte Sandan ernst.
»Daran arbeite ich schon«, sagte Theban und plusterte sich stolz auf. »Ich lasse gerade jedes Mitglied dieser Gesellschaft überprüfen.«
»Moment mal …«
»Jeden! Und wenn ich erst einmal herausfinde, von welchem Pack und welchen Kriminellen ich hier umgeben bin, kannst du darauf wetten, dass in diesem Kirchturm die Glocken läuten. Und wage es nicht, mir zu drohen. Ich werde dafür sorgen, dass Kopien der Ergebnisse an die Behörden aller vier Imperien geschickt werden.«
Ralea fluchte leise und eilte zu Hecis Quartier. Sie klopfte an die Tür
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