Eve und der letzte Englaender
hatte auch nicht ungern mitgespielt, aber im Grunde hatte das mit mir als Person und wie ich wirklich war nichts zu tun. Sie sahen in mir nur Dom, den Mega-Drummer. Eve musste denken, dass ich in ihr nur eine Fantasiegestalt sah, mit der ich mal eben meine Spielchen spielte. Und ich hatte ihr ja noch nicht mal die Wahl gelassen, ob sie das auch sein wollte. Jetzt war es definitiv zu spät gewesen, ihr zu stecken, was sie für mich war. Aber ich merkte auch, dass ich mir das alles nicht nur eingebildet hatte. Sie berührte mich auf eine Art, die ich bisher nicht kannte. Das war kein Hirngespinst, das wusste ich. Das einzige, das ich nicht wusste war, was ich ihr bedeutete.
Ich stand immer noch an der Stelle, an der Eve mich stehen gelassen hatte, als ich Schritte näher kommen hörte. Mein Herz überschlug sich und ich sprang in der Hoffnung auf, Eve habe es sich doch anders überlegt und sei zurückgekommen. Doch zwischen den Bäumen kam nicht sie, sondern James zum Vorschein, der wirklich miserabel aussah. Ich musste mich allerdings in einem mindestens genauso beschissen Zustand befinden, denn er sah mich nur fragend an.
„ Was ist denn mit dir passiert, Alter? Und wo ist Eve?“
„ Sie ist gegangen. Ich habe ihr von Georges Prophezeiungen erzählt und sie war alles andere als begeistert von der Rolle, die er für sie vorgesehen hatte.“
„ Willkommen in meiner Welt“, bemerkte James nur trocken und hielt mir die Schnapsflasche entgegen, die er in seiner Hand hielt.
Ich schüttelte nur den Kopf, nahm aber schließlich doch einen ordentlichen Schluck daraus. Wir schwiegen und sahen uns nur an. Und trotzdem wussten wir ganz genau, was der andere gerade durchmachte. Ich las in seinen Augen seine unbeschreibliche Trauer und er in meinen die Unsicherheit darüber, was Eve für mich empfand. Wir nickten uns vielsagend zu, umarmten uns kurz und fest und ich rannte los, um Eve zu finden.
Atemlos kam ich an ihrem Hotel an und wartete eine Ewigkeit vor dem Aufzug, der sich natürlich ausgerechnet jetzt dazu entschieden hatte, nicht beizukommen. Ich eilte zur Treppe und nahm drei Stufen auf einmal, bis ich endlich im obersten Stock ankam. Warum mussten Suiten nur immer unterm Dach sein? Ich suchte die richtige Tür und sah, dass sie einen Spalt offen stand. Vorsichtig klopfte ich, doch niemand meldete sich.
„ Eve?“, fragte ich zaghaft.
Stille. Ich drückte die Tür langsam auf und blickte mich um. Niemand war da. Keine Kleidungsstücke und kein Koffer deutenden darauf hin, dass hier jemand wohnte. Scheiße, sie war abgereist! Auf dem Bett entdeckte ich nur ihr Halstuch, auf dem ein Zettel lag. Ich strich mir damit über die Wange und atmete tief ein. Verdammt, ihr Geruch hing noch daran! Ich nahm den Zettel und faltete ihn auseinander.
„ Ich kann das einfach noch nicht“, stand darauf.
Ich setzte mich aufs Bett und ließ meinen Kopf verzweifelt auf meine Hände sinken.
Kapitel 13
Eve
Ich wusste wirklich nicht, wie ich es hierher geschafft hatte. Es sah aus wie mein Zuhause, aber ich nahm alles nur verschwommen war, seit ich vor vier Stunden die Tür hinter mir zugezogen hatte. Es musste jetzt schon Sonntag früh sein, die Sonne würde bald aufgehen und mich wieder daran erinnern, wie es sich angefühlt hatte, sie mit Dom über dem Meer aufsteigen zu sehen. Er konnte jetzt das gleiche sehen, wenn er wollte. Nur gefühlte eine Million Kilometer von mir entfernt. Mein Herz zog sich zusammen und ich starrte wieder vor mich hin, beobachtete die raschelnden Blätter an den Bäumen, die schon vom nahenden Herbst dunkelgrün gefärbt wurden. Bald würde der Wind sie davon wehen. Vielleicht würde er mich mitnehmen.
Ich dachte an Doms Worte. Was hatte mich nur so wütend gemacht? Ich wollte nicht, dass er mich für etwas hält, das ich nicht war. Ich wollte, dass er mich für das mochte, was ich war. Ich merkte, wie sich mir die Kehle zuschnürte. Ich hatte Angst, das war es. Angst, ihm und seinen Vorstellungen von mir nicht zu genügen. Ich schloss meine Augen und fand mich wieder in dem Moment, in dem mein Ex mit mir Schluss gemacht hatte.
„ Ich brauche dich dort nicht“, hatte er gesagt, kalt und abweisend.
In meiner Vorstellung sah ich Dom, wie er genauso vor mir stand, aus seinem Mund kamen immer wieder diese Worte. Ich riss meine Augen auf und rannte ins Bad, ließ mir kaltes Wasser über mein glühendes Gesicht laufen und kroch anschließend in mein Bett. Schlafen, ich musste
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