Eve und der letzte Englaender
nichts Gutes verhieß.
„ Na gut, dann muss ich das eben übernehmen – gemeinsam mit Eve!“
Ich dachte, ich hörte nicht recht und zog skeptisch eine Augenbraue hoch.
„ Was genau soll das bedeuten?“
„ Och, nur dass wir morgen Abend ein bisschen, nun ja, sagen wir speziell aussehen werden.“
Ich sah zu Dom rüber, der sich ein fettes Grinsen nicht verkneifen konnte.
„ Ich bin dafür! Lass den lieben James mal machen, sein Geschmack ist exquisit und kaum zu übertreffen.“
Ich hatte gar keine Gelegenheit, Einspruch zu erheben, denn James spurtete schon los und reichte mir den ersten, hautengen und potthässliche Fummel, den er zu greifen bekam.
„ Oh mein Gott, das ist nicht dein Ernst!“
James grinste nur und schmiss mir ein neongrünes Plastikkäppi zu.
„ Wunderhübsch!“ entfuhr es Dom nur, der sich angesichts meines völlig entgleisten Gesichtsausdrucks kaum noch halten konnte.
Zwei Stunden und drei Einkaufstüten später schlürften Dom und ich leicht erschöpft an unseren Latte Macchiato. James hielt seine Errungenschaften akribisch unter Verschluss und fauchte wie ein balzender Marder, wenn man ihm zu nahe kam. Wir hatten aber auch nicht mehr die Energie, ihm die Tüten zu entreißen und nachzuschauen, was dieser Nerd für das Konzert ausgeheckt hatte. Dom war, während ich mich von James mit furchtbaren Glitzerleggins versorgen lassen musste, aus dem Laden getürmt und kam erst nach 20 Minuten freudestrahlend zurück. In seine Tüte durfte ich also auch nicht schauen.
„ Man, ihr seid echt fies!“
„ Tja, so geht das nun mal zu auf Tour, Süße“, ließ mich James mit leicht näselnder Stimme wissen.
„ Männer unter sich, nur Quatsch im Kopf“, dachte ich mir und nickte vielsagend.
Dom
Wir liefen nebeneinander an der Binnenalster entlang, James unermüdlich vor sich hinplappernd und in ein Gespräch mit sich selbst vertieft, Eve und ich leise miteinander flüsternd.
„ Ich habe mir diesen Tag schon so oft vorgestellt. Ich glaube, ich träume gerade immer noch, Eve.“
Ich spürte, wie sie nach meiner Hand griff und ihre Fingerkuppen ganz langsam über meine gleiten ließ, bevor sich unsere Finger ineinander verhakten. Ich zog sie so eng an mich, dass die weißen Atemwolken, die aus unseren Mündern strömten, eins wurden. Ich sah sie von der Seite an und versuchte, ihren Blick aufzufangen.
„ Es gab Momente, da war ich mir nicht sicher, ob dieser Tag überhaupt kommen wird“, flüsterte sie ernst.
Ich sah sie fragend an.
„ Ich war mir sicher, du würdest es dir anders überlegen – oder ich.“
„ Eve –“
„ Psst“, machte sie nur und sah mich an.
James war mittlerweile fast außer Hörweite und merkte gar nicht, dass wir stehen geblieben waren.
„ Jetzt sind wir beide hier.“
„ Ja“, erwiderte ich tonlos. Sie nahm mein Gesicht in beide Hände und zog mich an sich. Vorsichtig schlug ich meinen Mantel um ihren Rücken, so dass sie ganz nah bei mir war. Ihre Lippen schmeckten immer noch so verdammt gut. Heiß und weich wie ein Versprechen in einer unendlichen Sommernacht.
„ Wir müssen ganz dringend hier weg.“
„ Ach ja?“
Eves Hand wanderte unter mein Longsleeve und strich über meine Hüfte.
„ Oh ja.“
„ Aber wir können James nicht alleine lassen.“
Eves Finger wanderten noch tiefer, während sie das sagte.
„ Der ist mir gerade ziemlich egal, weißt du.“
„ Das ist aber nicht nett von dir“, hauchte Eve in mein Ohr und drückte sich fester an mich.
„ Ich bin auch kein netter Junge, weißt du.“ Ich sah Eve auffordernd an. „Komm mit.“
Ich zog sie hinter mir her, durch die vollen Straßen der Innenstadt, zu unserem Hotel am Hafen. Sollte James sich ruhig noch ein bisschen mit sich selbst unterhalten.
Eve
Ich hörte James wie durch Watte singen.
„ I can’t get you out of my head“, echote es in meinem Kopf.
Ich erwachte aus meiner kurzzeitigen Trance und stand auf. Er hatte mir neulich erzählt, dass es sich auf der Bühne momentan so anfühlte, als wäre sein Herz ein rohes Stück Fleisch, auf das er mit jeder Zeile, die er sang, mit kleinen Nadeln einstach.
„ Sie ist einfach in allem, weißt du?“
Ich spürte einen Stich in meiner Brust bei dem Gedanken daran, wie James sich da oben gerade fühlte. Da konnte ihn auch sein durchgeknalltes Outfit nicht von ablenken, das ich jetzt aus sicherer Entfernung vom Bühnenrand aus bewunderte. James trug eine pinke Satinhose,
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