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Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Evelyns Fall - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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für Ihre Arbeit. Es ist ganz großartig, was Sie tun. Und sehr wichtig.“ Die Caritasmitarbeiterin lächelt. Ich komme mir ein wenig einfältig vor. Wir geben einander die Hand und jetzt gehe ich endgültig.
    Hätten sich nicht vor allem Céline und Roger mehr um ihre Mutter kümmern müssen? Sie waren die, die am besten gewusst haben, wie es um sie stand. Sie hätten dafür sorgen müssen, dass sie zu einem Arzt geht. Oder dass sie eines der Arbeitsprogramme absolviert. Andererseits: Ist das nicht ein bisschen viel verlangt? Wie sehr ist jeder selbst verantwortlich für sein Leben? Roger kommt schon mit seinem nicht klar, wie es scheint. Seine Startvoraussetzungen dürften allerdings auch keine besonders guten gewesen sein. Céline hat, nach den allgemein geltenden Maßstäben, etwas aus ihrem Leben gemacht: Sie studiert, sie hat die Chance auf eine Karriere als Sängerin. Kann man ihr vorwerfen, dass sie sich um diese Karriere kümmert? Und immerhin hat sie ihrer Mutter bei allen möglichen Behördenwegen geholfen. Was man von ihrem Halbbruder nicht behaupten kann. – Ob er tatsächlich am Tag, an dem seine Mutter gestorben ist, bei ihr war? Was wollte er?
    Ich gehe auf den kleinen Parkplatz zu, nur wenige Autos stehen hier. Ich suche in der Tasche nach dem Schlüssel, öffne den Wagen mit der Fernbedienung. Ich habe einen SUV. Ob die Nachbarin wirklich einen klassischen Geländewagen gesehen hat? Oder eines der vielen Allradautos, die unterwegs sind? Ich möchte wissen, wer die Frau war, die in Lissenberg … Andererseits: Kann man das Gerede der Nachbarin für bare Münze nehmen? Gut, das mit dem dicken Auto hat gestimmt … das mit dem Alkohol allerdings nicht. Vesna wollte etwas über den Tod von Evelyns Jugendfreund Hubert und über seinen Vater, den Minister Osthof, herausfinden. Ich rufe sie an.
    „Wenn du möchtest, dann komm“, sagt sie. Es klingt nicht eben einladend, aber doch so, als ob sie es sei, die möchte, dass ich komme. Besser, man kümmert sich um seine Freunde, solange sie leben.
    Ich finde beinahe direkt vor dem Haus von Vesna einen Parkplatz. „Sauber! Reinigungsarbeiten aller Art!“, steht auf einem großen Schild an der Hauswand. Gibt es einen Grund, das Gebäude abzureißen? Es gibt viele. Das Dach sieht aus, als wäre es nicht mehr dicht. Die Fassade müsste dringend renoviert werden. Neue Fenster hat Vesna auf eigene Kosten einbauen lassen, die Fenster der anderen Wohnungen sind alt und schließen sicher nicht mehr richtig. Die Gasleitungen gehörten dringend erneuert, das weiß ich von Vesna. Und: Das Grundstück ist inzwischen deutlich mehr wert als das Haus oder gar die daraus zu erzielenden Mieteinnahmen. Eine kleine Gasse mit einem Baum, abgewohnte Häuser rundum, aber immerhin innerhalb des Gürtels und ruhig. „Gute Wohnlage in Innenstadtnähe“, könnte es in den Inseraten heißen, mit denen in ein paar Jahren um Käufer für neue, schicke Eigentumswohnungen geworben wird.
    Aber noch steht das Haus ja und die Eingangstür ist wie immer untertags offen. Ich steige zu Vesnas Büro hinauf, das Tür an Tür mit ihrer Wohnung liegt, und läute. Üblicherweise sind gleich darauf ihre Schritte zu hören, aber da ist nichts. Ist etwas passiert? Warum kommt sie nicht? Ich läute noch einmal. Ein leises Summen. Habe ich es nach dem ersten Läuten überhört? Ich drücke gegen die Tür und sie ist offen. Sieh an, Vesnas Büro wird nobel. Jetzt hat sie sogar schon einen automatischen Türöffner. Ich spähe nach oben. Eine winzig kleine Videokamera in der rechten Ecke des Türrahmens. Jeder, der nicht genau hinsieht, würde sie für ein großes Insekt halten. Ich gehe durch das kleine Vorzimmer und sehe durch die offene Bürotür, wie Vesna am Schreibtisch hinter dem Computer sitzt. Inzwischen ist sie in Computerdingen um einiges besser als ich, aber sie hat auch mit Fran einen hervorragenden Lehrmeister. Nächstes Jahr macht er seinen Bachelor in „Software Engineering“, dann will er mit Computerlogik oder so weitertun. Eine Mutter, die gut drauf ist und ihr kleines Unternehmen immer weiter ausbaut. Zwei Kinder, beide talentiert und auf dem besten Weg, zumindest einen Teil ihrer Ziele umzusetzen. Na gut. Jana schwebt noch immer so etwas wie eine gerechtere Welt vor. Aber wer sagt, dass wir uns die großen Utopien rauben lassen sollen?
    Vesna hebt den Kopf und knurrt etwas. Von „gut drauf“ ist zumindest im Moment also doch keine Rede. Ich gehe um den Schreibtisch herum und

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