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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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wahnsinnig lebensecht, so atemberaubend präzise und authentisch. Waren das richtige Geschäfte oder nur Fassaden, quasi Filmkulissen? Welche Welt würde sich ihm auftun, wenn er da vorne den Laden namens Gucci betrat oder das Café, das ausgerechnet den Namen Einstein trug? Und die vielen Menschen, die vorbeihasteten! Waren die alle mit Zielen und Wünschen und Vorlieben und Abneigungen programmiert worden? Am liebsten würde er mit jedem einzelnen reden. Ob diese Gespräche alle unterschiedlich ablaufen würden? Wie um alles in der Welt hatten die Spielentwickler eine derartige Komplexität zustande gebracht? Ihm war schwindelig vor Aufregung und Vorfreude darauf, es herauszufinden. «Dieser Spieler würde gern ein Gespräch anbahnen», sagte Finn.
    «Schritt für Schritt», sagte Rouge. «Zuerst brauchen wir einen Stadtplan.» Sie hatte endlich den Regenschirm aufgespannt, auch wenn zwei Speichen jetzt verbogen waren und eine gefährlich abstand. Sie spähte hinter dem Schirm hervor und zeigte auf einen kleinen Laden mitten auf dem Bürgersteig. «Denkst du, da gibt es Karten?»
    «Ein Kiosk!», bemerkte Finn.
    Auf der Rückseite der City Toilette – oder war es in Wahrheit die Vorderseite? – waren Illustrierte und Zeitungen auf Ständern gestapelt, Reklametafeln priesen Eiscreme und Flaschengetränke an. Finn hätte die ganzen zwei Stunden einfach nur dort stehen bleiben können,ohne sich von der Stelle zu rühren – so hingerissen war er von den Details. Der kleine Laden hatte alles, was das Herz begehrte: Schokolade und Comics und Kaugummi – sogar Hubba Bubba!   –, Deutschlandfähnchen und Teddybären, angezogen mit Berlin- T-Shirts , und, ja, Stadtpläne. Finn sah sich das Zeitungssortiment an – ihm blieb verblüfft die Luft weg. «Das gibt’s doch nicht!», rief er.
    «Was denn?», fragte Rouge.
    «Sieh dir doch das Datum an.» Er deutete auf eine Zeitung, «Wir haben den 24.   April 2004!»
    Rouge sah ihn verständnislos an.
    «Das ist das Datum von Elianas letztem Tagebucheintrag! Sie will sich mit ihrer Mutter auf dem Markt treffen und dann mit ihr in ein Buchgeschäft gehen, um ein Geburtstagsgeschenk für ihren Bruder zu kaufen. Ist das ein Zufall oder ist das ein Zufall?»
    Rouge lachte auf. «Du immer mit deinem Tagebuch. Bitte, Finn, wir müssen uns an den Plan halten. Professor Grossmann verlässt sich auf uns.» Sie zeigte auf den Kiosk. «Besorgst du die Karte? Deutsch ist nicht meine Stärke.»
    «Na und? Ist doch bloß ein Spiel.»
    Rouge schüttelte den Kopf. «Wir würden unnötig Zeit verlieren.»
    «Wie du willst», sagte Finn mit einem Achselzucken und ging zu dem Kiosk, wo eine etwa fünfzigjährige Frau hinter einem offenen Verkaufsfenster saß und ziemlich gelangweilt dreinblickte.
    «Ja bitte?», sagte die Frau.
    «Dieser Reisende hätte gern eine Berlinkarte», sagte Finn. Er sprach klar und deutlich. Er war zufrieden mit seiner Leistung.
    Die Frau starrte Finn an, beugte sich dann vor und überdie Theke, als suchte sie irgendjemanden neben oder hinter Finn. «Welcher Reisende?», fragte sie dann.
    «Dieser Reisende.»
    Ihre Augen wurden schmal.
    Plötzlich dämmerte es ihm. «Ach so, Verzeihung», sagte er, als ihm sein Fehler klar wurde. «Dieser Mann meinte   … er meinte   … Ich   … äh   …   –» Er räusperte sich, sammelte seine Gedanken, sah einen Stadtplan und zeigte darauf. «Ich wollte sagen, ich hätte gern   –»
    «Sie wollen eine Karte?», fragte sie ungeduldig.
    «Ja. Danke.»
    «Was denn für eine? Von Berlin? Von Berlin und Umgebung? Von ganz Deutschland?»
    «Dieser Käufer   … ich meine, ja, ja bitte, ich hätte gern eine Straßenkarte von Berlin. Einen Stadtplan.»
    Sie streckte die Hand aus, schnappte sich einen Stadtplan und klatschte ihn auf die Theke. «Was anderes haben wir nicht.» Finn sah, dass der Stadtplan wie ein Buch aussah und sich auch wie eines aufklappen ließ.
    «Sonst noch was?», fragte die Frau unwirsch.
    Finns Augen nahmen das Kaugummiangebot ins Visier. «Ja, dieser Käufer   … äh   … ich hätte gern Hubba Bubba, bitte sehr.»
    «Welcher Geschmack?», fragte sie und tippte den Preis für den Stadtplan in die Kasse.
    «Geschmack?», sagte Finn.
    Sie seufzte. «Rot oder gelb?»
    Finn fühlte sich einigermaßen überfordert. «Vielleicht   … rot?»
    «Das macht dann sieben Euro dreißig.»
    Finn zückte seine Geldbörse, bezahlte und trat zu Rouge. «Wir sind jetzt offizielle Besitzer eines Stadtplansvon

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