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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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ihn anfunkelte. Sie war von eleganter Schönheit, ein glänzend polierter und in Gold gefasster Topaz. Daran hingen beigefarbene Ledersenkel mit Goldspitzen.
    «Es war doch bloß eine Vision, oder?», fuhr Finn fort. «Wenn wir im Traum ein Glas Wein trinken, wachen wir doch nicht betrunken auf.»
    «Die Macht der Suggestion in ‹Projekt Zeit› darf man nicht unterschätzen», erklärte der Professor. «Deshalb gehen wir äußerst vorsichtig vor.» Er zwinkerte Finn väterlich zu.
    Finn hatte Professor Grossmann seine Gedanken über das Spiel gleich bei seiner Ankunft mitgeteilt. Der ältere Mann hatte aufmerksam zugehört, seine Vermutungen aber weder bestätigt noch von sich gewiesen. Und Finn war zu müde gewesen, weiter darauf zu beharren. Level 2, so stellte er nach Ende des Spiels fest, war anstrengend und verwirrend gewesen. Die Eliana aus dem Spiel unddie Eliana aus dem Tagebuch gerieten in seinen Gedanken ständig durcheinander. Und dann war er doch tatsächlich im Untersuchungsraum eingeschlafen, während Professor Grossmanns Assistentin Yuka Shihomi, eine schüchterne PA, die vielleicht ein oder zwei Jahre älter war als er, ihn abgetastet hatte. Professor Grossmann hatte ihr Nachgespräch vorzeitig abgebrochen, Finn umgehend ins Memolabor geschickt, wo seine Erinnerungen heruntergeladen wurden, und ihn dann mit einem Robotaxi nach Hause bringen lassen.
    Finn fiel sofort ins Bett und schlief lange. Aber als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich nicht etwa ausgeruht, sondern noch unruhiger als am Tag zuvor. Er hätte gern mit Rouge gesprochen, um mit ihrer Hilfe seine Gedanken über das Spiel zu ordnen, aber sie war mit Jaydeep Makhijani dienstlich unterwegs. Finn wollte sie nicht kontaktieren. Er befürchtete, sie könne das als Annäherungsversuch missverstehen. Im Spiel hätten sie sich beinahe geküsst. Im Nachhinein hatte ihn das verunsichert, und es hatte zu seinem Unbehagen beigetragen. Gut, dass es nicht dazu gekommen war. Rouge war einfach nicht die Richtige, sie war zu kontrolliert und kühl. Aber andererseits würde ihm genau diese Eigenschaft helfen, diesem merkwürdigen Gefühl auf den Grund zu gehen. Er würde nun bis Silvester warten müssen, um mit ihr darüber sprechen zu können – Rirkrit Sriwanichpoom hatte zur alljährlichen Silvesterparty im Eisberg eingeladen.
    Die folgenden zwei Tage verbrachte Finn im BAD PAD. Er las alles, was er über die Buchhandlung Dusenhuber finden konnte, recherchierte die Geschichte der Kantstraße und andere Kleinigkeiten, auf die er in ElianasTagebuch gestoßen war. Er frischte auch sein Deutsch auf, indem er sich alte Tonaufnahmen anhörte und Zelluloids guckte. Sein Deutsch, so schien es ihm, hatte sich im Spiel etwas schwerfällig angehört, und das wollte er verbessern.
    Doch die ganze Zeit ging ihm das Spiel einfach nicht aus dem Kopf. Wie viel von dem Spiel hatte er selbst erfunden? Und wie viel war von den Spielentwicklern geschaffen worden? Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr beschlich ihn das Gefühl, dass das Ganze eine Vision war, ein Traum. Das war die einzige logische Schlussfolgerung. Aber wie hatten sie es geschafft, all diese Bilder aus seinem Unterbewusstsein zu holen, daraus eine Geschichte zu gestalten, und diese Vision dann noch auf Rouge zu übertragen? Denn sie hatte seinen Traum eindeutig miterlebt. Abgesehen von der garantierten «absoluten Immersion» war das das eigentlich Bahnbrechende am neuen Spiel.
     
    Der Silvestertag war dunkel und bitterkalt. Der kurze Radweg von der SwiftShuttle-Station zum Eisberg war anstrengend. Trotz der Handschuhe schmerzten ihm die Finger vor Kälte. Weil er noch etwas Zeit hatte, ging er in sein Büro, machte sich einen Ingwertee und gab eine Zingtablette dazu. Er hatte vor, ein paar B B-Nachrichten zu beantworten, doch gerade als er sich hinsetzen wollte, glitt sein Blick über den Schreibtisch. Vor lauter Schreck verfehlte er glatt seinen Sessel und plumpste auf den Boden.
    Finn wusste, dass er hyperventilierte, er hörte, wie er keuchte, nach Luft rang. Schweiß brach ihm aus, seine Hände wurden feucht, alles drehte sich. Er schloss die Augen und kämpfte gegen die Übelkeit an. Das konnte nur ein Scherz sein. Oder das letzte graue Nachmittagslichtnarrte ihn. Er wartete ab, bis sich sein Herzschlag normalisiert hatte, hievte sich dann hoch und riskierte einen zweiten Blick.
    Es war noch da. Elianas Buch. Das Buch, das sie bei Dusenhuber in der Hand gehalten hatte.
    Es war

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