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Everlasting

Everlasting

Titel: Everlasting Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly-Jane Rahlens
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ein dickes Buch, und es sah genauso aus, wie er es in Erinnerung hatte: ein Stoffeinband mit unterschiedlich breiten Querstreifen in kräftigen Farben, türkis und pink, gelb, orange, und grün, jetzt allerdings durch die Jahre etwas verblasst.
    Was hatte das zu bedeuten? Wie war das Buch, eine Vision im Spiel, hierher gekommen? Erlaubte sich Rouge einen Scherz mit ihm? Oder Professor Grossmann? Hatten sie seine Erinnerungen durchforstet? Das war doch strengstens verboten! Oder gab es irgendeine andere Erklärung?
    Finns Hände zitterten, als er das Buch aufschlug. Ja – es war ihr Tagebuch. Das war ihre Schrift. Säuberlich wie immer.
    Er fing an zu lesen.
     
    Sonntag, 25.   April 2004
    Ich liebe dieses neue Tagebuch! Das Papier ist nicht ganz so edel und weich wie in dem Ledertagebuch von Papa, aber es ist schwerer und hat mehr Glanz. Mein Füller gleitet richtig angenehm drüber. Wie beim Schlittschuhlaufen ganz früh morgens im Eisstadion, ehe die Massen kommen und die Eisbahn sulzig treten. Die Oberfläche des Papiers ist wie poliert. Und mir gefällt das Geräusch, wenn ich die Seiten vor- und zurückblättere oder wenn ich mit den Fingernägeln darüberkratze. Ich habe mir das Tagebuch beim Umblättern ans Ohr gehalten und gelauscht. Robert meint, ich sei eine Papierfetischistin. Vielleicht stimmt das ja. Oder bin ich Tintenfetischistin? Ich rieche Tinte so gerne, besonders, wenn sie noch feucht auf der Seite ist.
    Gestern waren wir in dem neuen Dusenhuber, um für Robert ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen, und da habe ich es entdeckt (das Buch hier, meine ich). Hinterher sind wir nach oben ins Café, und ich habe einen Erdbeer-Smoothie getrunken – und die Hälfte von Mamas Caffè Latte. Und da haben wir ein echt komisches Pärchen kennengelernt. Austauschstudenten aus Greifswald. Ihr Deutsch war voll –
     
    Finn merkte, wie ihm heiß wurde. Und dann zitterte er unkontrolliert. Seine Knie wippten auf und ab, als hätten sie ein Eigenleben. Er versuchte, sie mit den Händen festzuhalten, aber die Muskelkrämpfe ließen nicht nach. Er riss das Fenster auf. Kalte Luft strömte herein und schlug ihm ins Gesicht. Einige Augenblicke blieb er dort vorm Fenster stehen und atmete die eisige Luft ein, dann setzte er sich wieder an den Schreibtisch.
     
    Und da haben wir ein echt komisches Pärchen kennengelernt. Austauschstudenten aus Greifswald. Ihr Deutsch war voll seltsam. Irgendwie gestelzt und steif. Sie hat kaum was gesagt, war aber unglaublich schön, wenn auch ein bisschen streng. Sie hatte ganz tolle rote Haare. Wie Kupfer. Und lockig. Er war –
     
    Das kann nicht sein. Das kann einfach nicht wahr sein.
     
    Er war so   … anders. Sympathisch, richtig gut sah er auch aus, aber irgendwie so   … ich weiß es nicht   … anders eben. Und er hat mich die ganze Zeit so intensiv angeguckt, als ob ich ein Bild im Museum wäre oder so was. Okay, nicht die ganze Zeit. Aber viel. Und dann habe ich ihm gezeigt, wie man Kaugummiblasen macht, echt lustig, und er – er heißt übrigens Finn – hat seinen Kaugummi runtergeschluckt! Mama hat gesagt –
     
    Finn fröstelte. Er schloss das Fenster, drückte die Stirn gegen die Glazex-Scheibe und blickte nach unten. Dort lagen die roten Dächer von Greifswald im Dämmerlicht. Er war wach und in bester Verfassung. Das hier war kein Traum, kein Spiel. Es musste eine vernünftige Erklärung geben. Es
musste
.
     
    Mama meinte, er sei «süß». Ich hasse es, wenn sie das Wort benutzt. Bloß weil sie in der Filmbranche arbeitet, denkt sie, sie wüsste, was Mädchen heutzutage «süß» finden. «So süß», hat sie hinterher zu Papa gesagt, «aber wie aus einer anderen Welt.» Sie meinte, er hätte so was Ätherisches an sich, dass er eine geheimnisvolle Traurigkeit ausstrahle. «Eine alte Seele in einem jungen Herz», waren ihre Worte. Kotz! Würg! Die übertreibt dermaßen. Dann ist sie in ihr Atelier gegangen und ist mit einem historischen Quelle-Katalog vom Frühjahr/Sommer 1992 zurückgekommen, den sie benutzt, um die Kostüme für diesen Ost-West-Film zu entwerfen, den sie gerade macht. Und sie hat uns darin eine Patchworkjacke aus Leder gezeigt, mit Schulterpolstern von hier bis nach Reykjavik, und ich war total baff, aber es war wirklich die Jacke, die die Frau mit den roten Haaren angehabt hatte. Rouge hieß sie. Und dann hat Mama auch noch seine Jacke in dem Katalog gefunden! Eine Pilotenjacke. Auch mit Schulterpolstern. Und sein gestreiftes Polohemd. Echt

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