Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig
ich sie bitten kann, mir das zu erklären, beginnt der Boden zu wanken, der Fluss wallt und bäumt sich auf, während sich das Erdreich unter mir auf eine Weise zu verschieben und zu spalten beginnt, die mich an mein erstes kalifornisches Erdbeben erinnert.
Ich ringe darum, meine Stimme wiederzufinden, den Schrei auszustoßen, der in meiner Kehle feststeckt, als Lotos schlagartig verschwindet – sie löst sich einfach in Luft auf, während um mich herum unzählige rote Tulpen sprießen und an ihre Stelle treten.
Ein Zeichen, das nur eines bedeuten kann – Damen ist hier.
Hunderte von Tulpen beginnen sich zu wiegen, und ihre weichen Blütenblätter wispern leise, als er mitten durch sie hindurchläuft, auf mich zustürmt – mich in seine Arme reißt, von den Füßen hebt und mich herumwirbelt. Dann presst er mir die Lippen auf Gesicht, Haare, Mund und Wangen und fängt das Ganze noch einmal von vorn an. Eilig versichere ich ihm, dass ich ja da bin, dass ich es wirklich bin – Adelina/Evaline/Abigail/Chloe/Fleur/Emala/Ever – seine Liebe aus so vielen Leben, die so viele Namen trägt, aber stets nur ein und dieselbe Seele ist. Endlich begreift er
die Wahrheit, nämlich dass ich ihn nie wirklich verlassen habe, trotz allem, was er sich eingeredet haben mag.
»Adelina!« Er hält inne und streicht mir die Haare aus dem Gesicht, während sein Blick hungrig über mich schweift und mich förmlich aufsaugt. Er lacht und begreift kopfschüttelnd, dass er nach wie vor in der Vergangenheit gefangen ist. »Ever!«, sagt er, küsst mich erneut und drückt mich fest an sich. »Du hattest Recht. Du hattest die ganze Zeit Recht. Es gab noch ein früheres Leben – ein ganzes Leben, von dem ich mir nicht einmal hätte träumen lassen.« Er mustert mich und ist nach wie vor ein bisschen überwältigt von den neuen Erkenntnissen. »Aber jetzt, da wir es wissen, was glaubst du, was es alles bedeutet?«, fragt er, als spräche er mit sich selbst.
Ich fahre mir durchs Haar und begreife, dass seine Frage ernst gemeint war, doch ich will unbedingt seine anhaltende Trauer gegen eine weitaus süßere Erinnerung austauschen.
»Also, zum einen heißt es, dass ich nicht immer Jungfrau war.« Ich lächele und denke an die schöne Nacht, die wir als Alrik und Adelina miteinander verbracht haben, und an den herrlichen Teil des anschließenden Morgens.
Er wirft lachend den Kopf in den Nacken und umfasst meine Taille fester. »Also, diese Stunden würde ich liebend gern im Pavillon noch einmal erleben.«
Erneut findet er meine Lippen und küsst mich warm und innig, ehe er mich nach Jude fragt.
»Jude oder Heath?«, frage ich und ziehe eine Braue hoch. »Du weißt, dass sie ein und derselbe sind?«
Er nickt, denn darauf ist er schon selbst gekommen.
Ich weiß nicht genau, was er jetzt von mir erklärt haben will. »Er wollte mich unbedingt begleiten«, beginne ich.
»Und Lotos hat es erstaunlicherweise erlaubt. Sie meinte, die Antworten, die er sucht, seien dort zu finden.«
»Er hat dich damals auch geliebt, nicht wahr?« Damen zieht die Mundwinkel nach unten und sieht mich unverwandt an.
Ich nicke.
»Und der Rest – hast du den Rest gesehen? Alles?«
Ich hole tief Atem und nicke erneut.
Damen seufzt und will sich umdrehen, sich losmachen, aber ich lasse ihn nicht, sondern drücke ihn fest an mich.
Mit skeptischer Miene spricht er weiter. »Kein Wunder, dass Jude immer wieder in meinem Leben auftaucht. Er versucht uns zu trennen, aber nicht aus dem Grund, den ich vermutet habe. Er muss mich erkennen, spüren, wer ich bin, er weiß von innen heraus, was ich bin. Dass mir später gelungen ist, womit ich zunächst gescheitert bin, nämlich meine eigene Unsterblichkeit zu sichern, ehe ich mich um deine gekümmert habe.« Er schüttelt den Kopf. »Die ganze Zeit, all diese Lebensspannen, hat er versucht, mich aufzuhalten, hat versucht, dich vor mir zu bewahren.« Er reibt sich das Kinn und sieht mich müde an. »Ich dachte, ich würde vor Schmerz, dich verloren zu haben, sterben. Ich wollte wirklich sterben. Und glaub mir, wenn ich sage, dass ich meinen Tod regelrecht herbeigesehnt habe. Ohne dich war ich völlig leer, nur noch eine menschliche Hülle.« Er schluckt schwer und wischt sich mit der Hand über die Augen. »Heath hat mich gebeten, nicht gegen Ava und die Zwillinge – oder vielmehr die Personen, die sie damals waren – vorzugehen. Und als er mich nicht umstimmen konnte, hat er mich gebeten, stattdessen ihn zu nehmen.
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