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Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Titel: Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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nach einem besseren Argument, einem besseren Weg, ihn zu überreden, der sämtliche noch vorhandenen Zweifel ausräumt, doch es ist nicht genug Zeit, um lange nachzudenken. Nicht genug Zeit, um ihm zu vermitteln, was ich in meinem tiefsten Inneren als wahr erkannt habe.
    Nicht angesichts dessen, dass die Strömung immer schneller wird.
    Nicht angesichts eines Himmels, der so dunkel wird, dass kein Horizont mehr zu sehen ist.
    Die Linie zwischen Himmel und Erde, Wasser und Luft, oben und unten, ist auf einmal unscharf geworden. Wir befinden uns in einem wallenden, wirbelnden Strudel aus unberechenbaren Wellen, jede höher als die davor, wodurch der Fluss breiter und tiefer wird, unruhiger und wilder, sodass wir uns bald nur noch aneinanderklammern können, um nicht über Bord zu gehen oder mitsamt dem Boot zu kentern.
    Der Himmel öffnet sich mit einem so lauten Donnerschlag,
dass wir am einzigen Ort Schutz suchen, der uns noch bleibt – beieinander. Zitternd halten wir uns unter einem heftigen Wolkenbruch – einem gnadenlosen Gewitterregen – aneinander fest, während um uns herum überall Blitze einschlagen.
    »Konzentrier dich!«, schreie ich, die Augen gegen den prasselnden Regen geschlossen und die Lippen an seinem Ohr. »Das gehört zur Prüfung, klammere dich an die Vergangenheit, sträub dich gegen das Vergessen, ganz egal, wie beängstigend es auch wird!«
    Ich weiß wieder nicht genau, woher ich das habe, doch auch diesmal spüre ich, dass es wahr ist. Ich kenne die gewaltige Macht der Angst, nachdem ich schon einmal von ihr beherrscht worden bin.
    Es ist das Gegenteil von Glauben.
    Das Gegenteil davon, an ein höheres Selbst zu glauben.
    Angst lässt einen zittern und schwitzen und macht einen so unsicher, dass man selbst das infrage stellt, von dem man weiß, dass es wahr ist.
    Angst veranlasst einen dazu, sich von dem abzuwenden, was am wichtigsten ist.
    Angst führt zu überstürzten Entscheidungen, falschen Schritten und später zur erbarmungslosen Last der Reue. Und wenn Damen und ich das durchstehen wollen, unseren Weg weitergehen wollen, dann müssen wir diesen Fluss schlagen und diesen Sturm besiegen, indem wir tun, was nötig ist, um das alles abzuwehren.
    Das Wasser wallt schäumend weiter, während das Boot auf beängstigende Weise knarrt und kippelt. Damen und ich sitzen eng aneinandergeschmiegt da und vertiefen uns in unsere Erinnerungen, als plötzlich ein Blitz in den Bug einschlägt und ihn in Flammen aufgehen lässt, sodass er
entzweibricht und eine Wasserwalze über uns hereinstürzt. Durch deren Wucht fällt der Boden heraus, während sich der Fluss aufbäumt, um uns restlos zu verschlingen.
    Wir recken die Arme, greifen nacheinander, kämpfen um unser Leben und ringen darum, uns nicht zu verlieren – doch es hat keinen Sinn.
    Unsere Haut ist zu nass, zu glitschig, zu glatt, um einen Halt zu finden.
    Und obwohl ich mich bemühe, Damen nicht aus den Augen zu verlieren, obwohl ich darum ringe, die Richtung auszumachen, aus der er meinen Namen ruft, ist es zu dunkel und das Wasser zu wild. Ich habe kein Gefühl mehr für Ort und Zeit, kein Gefühl mehr für oben und unten – und schon im nächsten Moment weiß ich, dass ich untergehe.
    Es ist vorbei.
    Zu spät.
    Der Fluss hat mich verschlungen.

DREIUNDZWANZIG
    I ch würge.
    Würge an Schlamm und Matsch und total ekligem Schleim vom Grund des Flusses. Etwas Hartes, Metallisches klirrt gegen meine oberen Backenzähne und liegt auf meiner Zunge – etwas, was ich unbedingt schnellstens loswerden will.
    Ich stütze mich erst auf die Ellbogen und dann auf die Knie. Auf allen vieren spucke ich aus, fahre mir mit einem Finger im Mund herum und schaufele Sand und Steinchen heraus. Daneben kommt auch ein sonderbares Medaillon zum Vorschein, das mir vor den Augen baumelt und an einer braunen Lederkordel um meinen Hals hängt.
    Ich nehme das Medaillon zwischen Zeigefinger und Daumen und spähe auf einen kleinen silbernen Kreis aus einer Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschluckt. Ich finde es merkwürdig und irgendwie faszinierend, habe aber keine Ahnung, woher es kommt.
    Keine Ahnung, warum ich es trage.
    Keine Ahnung, was es bedeuten könnte.
    Ich lasse mich erschöpft zu Boden fallen und schließe gegen die Sonne die Augen. Zuerst genieße ich das Gefühl, wie mir die Wärme die Kleider trocknet, doch schon bald nimmt das Vergnügen ab, da die Strahlen so intensiv werden, dass ich schwitze und außer Atem gerate und schlagartig heftigen

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