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Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig

Titel: Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyson Noël
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kann.

    Als wir zum nächsten kommen, halten wir inne, da wir augenblicklich etwas Ungewöhnliches spüren. Schlagartig nehmen wir etwas wahr, das anders ist als bei den Vorgängern. Und obwohl die Energie im Inneren des Glaskäfigs ebenso aufgewühlt ist wie bei allen anderen und wütend herumtobt, indem sie so schnell von oben nach unten und von links nach rechts saust, dass man sie überhaupt nicht richtig erkennen kann, sondern nur einen verschwommenen Fleck sieht, ist es doch eine Energie, die wir beide sofort erkennen.
    Daher ziehe ich mich zurück. Trete beiseite.
    Diese Seele muss Damen befreien, nicht ich.
    Auch wenn wir alle ein und dieselbe Vergangenheit teilen, eine lange, verwickelte Geschichte der Eifersucht, die stets mit Mord endet, dem Mord an mir, teilen die beiden doch gemeinsame Erinnerungen, in denen ich nicht vorkomme und die nichts mit mir zu tun haben – und die nicht allesamt schlecht sind.
    Ich reiche ihm den Kristall und höre zu, wie er sie im Stillen anruft, telepathisch, doch ich höre es trotzdem. Und als er die Hände rechts und links auf den Glaskäfig legt, wird alles ruhig.
    Damen? , ruft sie, da sie seine Gegenwart spürt, seine Energie, oder vielleicht auch nur, weil sie sich ihn so sehr herbeiwünscht. Vielleicht ruft sie seit dem Tag nach ihm, an dem ich sie umgebracht und ihre Seele hierhergeschickt habe.
    Ich bin da. Er schließt die Augen und presst die Stirn gegen die Scheibe, ohne dabei die Hände von den gläsernen Seiten zu nehmen. Ich habe dich im Stich gelassen. Dich in so vieler Hinsicht im Stich gelassen. Dich nicht so geliebt, wie du es gewollt und gebraucht hättest. Und auch wenn ich dein Leben gerettet und dich vor der Pest bewahrt haben mag, habe ich mich
am Ende leider in Dinge eingemischt, die mich nichts angingen, und dadurch habe ich dich zu dem hier gemacht.
    Durch seinen Atem beschlägt das Glas, sodass er mit dem Finger darüberwischen muss.
    Drina Magdalena, du bist nicht mehr Poverina. Also bitte geh. Sei frei. Es gibt andere Orte für dich. Ich war nie dazu bestimmt, dein Schicksal zu sein.
    Er setzt den Kristall auf die Scheibe und zieht ihn auf jeder Seite einmal nach unten und einmal oben quer rüber. Dadurch zerbricht die Scheibe in dünne Streifen, die sich in kleinen Scherbenhaufen zu seinen Füßen sammeln.
    Ich wappne mich. Mache mich auf so gut wie alles gefasst. Rechne mit einem wütenden Energiewirbel, der – falls die Vergangenheit als Indikator dienen darf – sich wahrscheinlich sofort auf mich stürzen wird.
    Weshalb ich überrascht bin, als sie stattdessen ganz langsam herausquillt.
    Ihre Energie schwebt vor uns, dehnt und streckt sich, wobei sie sich zuerst kurz zu einem Abbild meiner Cousine Esme formiert, das jedoch nur ein paar Sekunden lang anhält, bevor sie zu ihrer letzten Inkarnation wird, der strahlend schönen, rothaarigen Drina mit den grünen Augen – eine so hinreißende Schönheit, dass nicht einmal der Tod sie verunstalten kann.
    Sie schwebt näher an Damen heran und lässt den Blick über ihn schweifen, saugt ihn förmlich auf, während ein stiller Austausch zwischen ihnen stattfindet. Und obwohl ich es hören kann, obwohl keiner von beiden es vor mir zu verbergen sucht, wende ich mich trotzdem ab, da ich nicht in ihre Intimsphäre eindringen will. Ich fange nur etwa jedes dritte Wort auf, sodass ihr Dialog ungefähr folgendermaßen klingt:

    Entschuldige – verzeihe dir – verzeih mir – falsch – vergeudet – irregeleitet – schade – und dann wieder zurück zu Entschuldige.
    Sie greift nach ihm, umfasst sein Gesicht mit beiden Händen und verzieht den Mund, als er unter ihrer Berührung unwillkürlich zusammenzuckt. Unter der abgrundtiefen Reue, die sie in seinen Augen erkennt, verdüstert sich ihre Miene.
    Als sie sich mir zuwendet, fällt dies ganz anders aus, als ich erwartet habe. Die gewohnte Mischung aus Hass, Spott und Drohungen ist von sanfter, leiser Ehrfurcht abgelöst worden.
    Ich hätte es schon beim ersten Mal, als ich dich getötet habe, wissen müssen, denkt sie. Ich hätte bereits damals begreifen sollen, dass eure Liebe selbst ohne dich an seiner Seite nie gestorben ist. Es mag mir ja gelungen sein, ihn mir für eine Weile zu borgen, aber er war nie wirklich mein, und es hat nie besonders lange gedauert, bis er sich wieder auf die Suche nach dir gemacht hat. All die Jahre hindurch, vom ersten Moment an, in dem er dich als Adelina kennen gelernt hat, war sein Herz für immer vergeben. Er

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