Evermore Bd. 6 - Für immer und ewig
mache mich auf eventuelle harte Worte von seiner Seite gefasst, doch er schüttelt nur den Kopf und wendet sich ab. Er ist so wütend, dass er mir nicht in die Augen sehen kann. Als er wieder spricht, presst er die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen
hervor. »Der Grund, warum wir nicht zusammen sein können, ist der, dass du soeben das Gegengift weggeworfen hast.« Er ballt die Fäuste. »Ever, ich begreife das nicht – willst du denn nicht mit mir zusammen sein?«
Als er sich endlich umdreht, als sich unsere Blicke endlich begegnen, betrübt es mich zutiefst, was ich dort sehe.
»Wie kannst du das auch nur denken?«, frage ich erschüttert. »Nach allem, was ich durchgemacht habe, nur in der Hoffnung, dann mit dir zusammen sein zu können?« Ich schließe die Augen, versuche, ruhiger zu atmen und mich zu fassen, damit ich nichts Unüberlegtes sage. »Hast du nichts von dem gehört, was ich gerade gesagt habe? Natürlich will ich mit dir zusammen sein! Ich will mehr mit dir zusammen sein, als du wahrscheinlich je begreifen wirst! Aber nicht so! Nicht mithilfe des Gegengifts. Es gibt einen anderen Weg. Einen besseren Weg, da bin ich mir jetzt sicher. Damen, wir haben endlich die Chance, diesen gigantischen Fehler zu beheben – wir haben endlich die Chance, die Leben zu leben, für die wir bestimmt sind! Und wenn wir das tun, brauchen wir kein solches Zeug wie Elixiere und Gegengifte. Begreifst du denn nicht, was das heißt? Begreifst du nicht, wie epochal das ist?«
»Epochal?« Er spuckt das Wort förmlich aus. »Mal im Ernst, Ever, hörst du dich eigentlich selbst reden? Was könnte epochaler sein als die Liebe zwischen uns? Ist es nicht das, was uns immer wieder zueinanderführt?«
Ich seufze, erschöpft von seinem Einwand, erschöpft von seiner abgrundtiefen, unerschütterlichen Sturheit. Dennoch bin ich entschlossen, ihn zum Verständnis zu führen, ehe es zu spät ist, ehe es Zeit zu gehen ist und er sich weigert, mich zu begleiten.
»Das ist nur ein Teil des Grundes«, sage ich. »Der andere
Teil ist, dass ich jedes Mal, wenn ich zurückkehre, jedes Mal, wenn ich wiedergeboren werde, eine neue Chance bekomme, meine Bestimmung zu erfüllen. Um den Fehler wiedergutzumachen, den du vor all den Jahren unabsichtlich begangen hast. Und diesen Fehler richtigzustellen ist der einzige Weg, durch den du und ich jemals wirklich frei sein und leben und lieben können, wie wir es wollen.«
Er blickt seufzend in die Ferne und schweigt so lange, dass ich schon fast wieder das Wort ergreifen will, als er doch etwas sagt. »Es gibt noch etwas anderes, was du wissen musst.«
Ich sehe ihn an.
»Der Baum ist ein Mythos. Er ist Stoff von Legenden. Es gibt ihn nicht wirklich. Die Legenden behaupten, er trüge alle tausend Jahre eine einzige Frucht. Eine Frucht, die demjenigen Unsterblichkeit garantiert, der sie zuerst pflückt.« Er grinst verächtlich. »Sag mal, Ever, kommt dir das auch nur entfernt realistisch vor?«
Ich überhöre seinen spöttischen Tonfall und erwidere: »Vor einem Jahr wäre ein Ort wie das Sommerland auch noch völlig abwegig erschienen. Genau wie Hellseherinnen, Geister, Chakren, Auren, Magie, Zeitreisen, Wiedergeburt, Nahtoderlebnisse, Medien, Manifestieren, die Macht der Kristalle oder Zauberelixiere, die einen unsterblich machen. « Ich zucke die Achseln. »Also wer kann schon sagen, ob es diesen Baum gibt oder nicht? Aber stell dir nur mal vor, es gibt ihn, Damen. Kannst du dir ausmalen, was diese Reise dann bedeuten könnte?« Ich mustere ihn eindringlich und versuche, ihn zu beschwören, mir wenigstens auf halbem Weg entgegenzukommen. »Wenn es erfolgreich ist, könnte es deine karmischen Schulden abtragen. Es könnte dir erlauben, deine Vergangenheit wieder in Ordnung zu
bringen. Reinen Tisch machen und so. Vielleicht hast du ja nie jemanden gezwungen, vom Elixier zu trinken, na ja, niemanden außer mir …« Ich halte inne und presse die Lippen zu einer dünnen, grimmigen Linie zusammen, ehe ich kopfschüttelnd weiterrede. »Vielleicht warst du viel zu jung und zu naiv und zu unerfahren, um die weitreichenden Konsequenzen deines Tuns ganz zu verstehen und zu begreifen, in welche Gefahr du uns alle gebracht hast, Mann, allein die Existenz des Schattenlands, von der du natürlich nichts gewusst hast, bis du selbst dorthin geschickt worden bist, aber trotzdem, auch wenn du nicht gezielt vorgehabt hast, eine ganze Menge Seelen in diesen grässlichen Abgrund zu schicken, führt es doch
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