Evermore - Das dunkle Feuer - Noël, A: Evermore - Das dunkle Feuer
dir helfen lassen.«
Ich versteife mich. Mein ganzer Körper wird stocksteif, während mein Herz wie wild gegen meine Brust hämmert.
»Ich kenne die Zeichen - die innere Unruhe, die Lügen, den Gewichtsverlust, das verminderte Äußere. Du bist süchtig, Ever. Süchtig nach der dunklen Seite der Magie. Jude hätte dich nie da reinziehen dürfen.« Wieder schüttelt er den Kopf, und sein Blick weicht nicht von mir. »Aber je eher du es zugibst, desto eher kann ich helfen, dass es dir besser geht.«
»Es ist nicht …« Ich mühe mich ab zu sprechen, doch die Worte wollen nicht hervorkommen. Das Ungeheuer
hat die Herrschaft übernommen, ist wild entschlossen, uns auseinanderzusprengen. »Bist du nicht deswegen in die Großen Hallen des Wissens gegangen? Damit du mir helfen kannst?« Ich sehe ihn an, sehe, wie sich sein Gesichtsausdruck verändert, zu einer Miene verletzter Verblüffung. Doch das reicht nicht, um das Ungeheuer aufzuhalten, nein, nicht einmal annähernd. Dieser Zug rollt jetzt aus dem Bahnhof, und er hat einen weiten Weg vor sich. »Also, erzähl schon, was hast du denn nun gesehen? Was hat die allmächtige Akasha-Chronik dir mitgeteilt?«
»Gar nichts«, antwortet er, und seine Stimme ist müde und besiegt. »Ich habe überhaupt nichts erfahren. Anscheinend ist der Zugang untersagt, was andere betrifft, wenn der Betreffende sein Problem selbst verursacht hat. Es ist mir verwehrt, in irgendeiner Weise, Form oder Gestalt einzugreifen.« Er zuckt die Schultern. »Das ist wohl alles Teil der Reise. Trotzdem, eins ist klar, Ever. Letzten Donnerstagabend hat Roman einen Zauber erwähnt. Und seit Jude dir dieses Buch gegeben hat, ist nichts mehr so wie früher bei dir … bei uns. Alles ist anders geworden.« Er sieht mich an und wartet auf eine Bestätigung, doch sie kommt nicht, kann nicht kommen. »Ihr beide habt eine lange, komplizierte gemeinsame Geschichte, und es ist ziemlich deutlich, dass er immer noch nicht über dich hinweg ist. Und ich habe einfach das Gefühl, dass er uns in die Quere kommt, dass Magie uns in die Quere kommt, und Ever, sie wird dich vernichten, wenn du nicht aufpasst. Ich habe so etwas schon erlebt.«
Meine Augen suchen in seinem Gesicht; ich weiß, dass er versucht, mir ein Bild zu schicken, irgendeine Botschaft, doch dieser seltsame, fremde Puls schlägt mit voller Kraft …, die dunkle Flamme lodert hell …, schwächt meine Kräfte,
sodass ich Damens Gedanken nicht mehr zu fassen vermag, seine Energie, sein Kribbeln und seine Hitze. Ich kann gar nichts mehr fassen.
Doch sosehr ich es auch möchte, ich kann ihn nicht einlassen, kann nicht zulassen, das er mich so sieht. Der Abscheu, den er in meinen Augen sehen wird, kommt nicht von mir, es ist das Ungeheuer, doch er wird den Unterschied nicht erkennen.
Und obwohl es mich beinahe umbringt, obwohl es beweist, dass er Recht hat, dass ich wirklich und gefährlich außer Kontrolle geraten bin, schüttele ich trotzdem nur den Kopf und gehe davon, bis zum Bordstein, wo mein Auto parkt.
»Tut mir leid, Damen«, rufe ich über die Schulter, »aber da liegst du falsch. Total falsch. Ich bin bloß überarbeitet und wahnsinnig müde, wie ich es dir ja andauernd sage. Und falls du jemals Lust haben solltest, ein bisschen Nachsicht mit mir zu haben - na ja, du weißt ja, wo du mich findest.«
ZWANZIG
I ch schaffe es nicht einmal zum Tor hinaus, bevor mein Auto plötzlich verschwunden ist und mein Hintern jäh und hart auf die Straße knallt. Es dauert einen Moment, bis ich begreife, dass sich der Wagen unter mir glatt in Luft aufgelöst hat. Benommen blicke ich mich um und versuche gerade zu ergründen, wie das passieren konnte, als ein Mercedes viel zu schnell auf mich zugerast kommt und mich beinahe überfährt. Der Fahrer hupt, zeigt mir den Stinkefinger und brüllt mir lauter Obszönitäten zu.
Hastig krabbele ich an den Straßenrand und schließe fest die Augen, wild entschlossen, ein neues Auto zu manifestieren, ein stärkeres, schnelleres diesmal. Ich stelle mir einen feuerroten Lamborghini vor und sehe ihn so deutlich vor mir, dass ich völlig schockiert bin, als ich die Augen öffne und er nicht da ist. Und nachdem ich tief durchgeatmet habe und es noch mal versuche, zuerst mit einem Porsche und dann mit einem Miata wie dem, den ich zuhause stehen habe, da klappt es immer noch nicht. Ich versuche es mit einem silbernen Prius, wie Mr. Muñoz einen fährt, gefolgt von einem Smart - aber es kommt nichts. Überhaupt nichts.
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