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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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dass ich nicht mit mir selber sprach. Es war sie, die junge Geisterfrau, die sich irgendwie in mir drin artikulierte. Du bist in Gefahr.
    Die Gefahr geht von dir aus! Wenigstens konnte ich noch meine eigenen Gedanken fassen. Gib mich frei!
    Ihre unirdischen, aquamarinfarbenen Augen weiteten sich. Du wirst bald erfroren sein. Das ist der einzige Weg, dich zu retten.
    Sie hatten vor, mich zu töten, um mich zu retten? Waren die Geister verrückt geworden? Hatten sie das schon die ganze Zeit versucht? Ich konnte mit ihnen nicht verhandeln, konnte sie nicht zur Vernunft bringen. Ich war hier gefangen, mit dieser Geisterstimme in meinem Kopf.
    Schnee wirbelte um uns herum und bildete blaugrüne Hände, die meine Wangen berührten. Der ganze Körper der jungen Frau schien greifbar zu werden, und ihre Fingernägel kratzten leicht über meine Haut. Ich konnte nicht zurückzucken. Ihre Gedanken gruben sich wieder in meinen Geist: So ist es versprochen worden .
    Versprochen? Um was für ein Versprechen geht es hier?
    Mit einem Mal veränderte sich der Raum; das knir-Mit einem Mal veränderte sich der Raum; das knirschende Geräusch von brechendem Eis ertönte, ein entsetzlicher Laut wie von berstendem Metall. Das Mädchen schrie mit einer hohen, silberhellen Stimme, die die Luft zu zerschneiden schien. Die Farben veränderten sich, aus dem Aquamarin wurde plötzlich ein tiefes Indigo, während die Hände des Geistermädchens an ihren Bauch fuhren … aus dem eine Eisenspitze herausragte, die wie ein Jagdmesser in ihren Körper geschleudert worden war. Einen Moment später zerfiel der Geist in Graupel und verschwand. Die Metallspitze fiel mit einem Klappern zu Boden.
    »Bianca!« Balthazar zog mich durch die Tür, kaum dass das Eis unter meinen Füßen nachzugeben begonnen hatte. Geräusche und Gefühl kehrten zurück, und ich merkte, dass sich der Flur mit Leuten füllte, mit Schülern, Lehrern und meinen entsetzten Eltern. Mrs. Bethany stand neben mir, die Hände immer noch in der Position, aus der heraus sie die Metallspitze geworfen hatte, und sah mit grimmiger Zufriedenheit zu, wie alles Eis im Zimmer zu schmelzen begann.
    Mom stürzte auf mich zu und umarmte mich fest. Erst als ich ihre Wärme spürte, bemerkte ich, wie durchgefroren ich doch war, und begann zu zittern. »Du wusstest … Es war Eisen … Eisen tötet sie, w-w-weil Eisen auch im Blut vorkommt …«
    »Ich sehe, Sie haben mehr über das Thema gelernt, als es bislang den Anschein hatte. Und hoffentlich wissen Sie es von heute an besser, als einem Geist zu vertrauen«, sagte Mrs. Bethany und strich sich die gestärkten Spitzenaufschläge an ihrer Bluse glatt. Dann wandte sie sich mit stechendem Blick an meinen Vater: »Adrian, das reicht jetzt. Das Mädchen kann nicht mehr länger hierbleiben.«
    »Was ist denn los?«, rief eine Stimme weiter hinten im Flur. Ich sah Raquel durch die Menge spähen, offenbar in Panik. Sie musste gesehen haben, dass ich halb erfroren war und Blutflecken meine Kehle und meine Arme überzogen. Ich wollte ihr etwas zurufen, um sie zu beruhigen, auch wenn es nur eine Lüge wäre, aber meine Zähne klapperten zu stark, als dass ich hätte sprechen können.
    Mrs. Bethany klatschte in die Hände. »Das reicht. Meine Herrschaften, in die Zimmer.« Die Schüler gehorchten, auch wenn ich Gemurmel und Flüstern wie »der Geist« und »schon wieder« hörte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Balthazar.
    »Mit ihr ist alles okay«, antwortete Dad, und seine Worte klangen scharf. Erst jetzt fiel mir auf, dass Balthazar und ich nur halb bekleidet waren. Auch wenn meine Eltern unglaublich großzügig mit uns beiden gewesen waren und ohne Zweifel angenommen hatten, dass wir schon längst viel weiter gegangen waren, gefiel es meinem Vater trotzdem überhaupt nicht, den Beweis dafür unmittelbar vor Augen haben zu müssen. »Balthazar, vielen Dank für deine Hilfe, aber du kannst jetzt gehen.«
    »Alle müssen sich jetzt zurückziehen«, sagte Mrs. Bethany und ließ den zufriedenen Blick durch das Klassenzimmer für Moderne Technologien schweifen. »Celia, Adrian, wir werden die Angelegenheit morgen weiterbesprechen.« Dann stapfte sie hinaus, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
    »Mein Liebes, bist du sicher, dass alles in Ordnung mit dir ist?«, fragte Dad.
    »Ja, alles ist gut«, murmelte ich. »Ich will einfach nur in mein Zimmer gehen.«
    Balthazar warf mir ein schiefes Lächeln zu. Die Haut an seiner Brust war rot und rissig von der Kälte,

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