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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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es denn nicht genug Geister?«
    »Ich könnte mir denken, dass es weniger um Sie persönlich geht, Miss Olivier, als vielmehr um die Schmach des gebrochenen Versprechens. Wenn sie sich verraten fühlen, sind sie unbarmherzig.« Mrs. Bethanys Schuhe klapperten auf dem Holzfußboden, als sie zu mir herüberkam, die Hände hinter ihrem Rücken gefaltet. »Es gibt einige leer stehende Wohnungen für die Mitarbeiter in Evernight. Für den Rest des Schuljahres werde ich eine davon beziehen. Es steht Ihnen frei, stattdessen hier zu wohnen.«
    »Hier?« Ich musste sie irgendwie missverstanden haben. »Sie meinen: hier in Ihrem Haus?«
    »Ja. Ich gehe davon aus, dass Sie noch immer am Unterricht teilnehmen können, solange Sie dies hier tragen.« Sie streckte mir einen Kettenanhänger entgegen - den Obsidian, den meine Eltern mir zu Weihnachten geschenkt hatten und den ich ihnen vor die Füße geworfen hatte. »Der Stein stellt einen Schutz für Sie dar, auch wenn Sie das bislang noch nicht bemerkt zu haben scheinen. Trotzdem ist dieser Schutz nicht vollkommen sicher, was bedeutet, dass Sie nachts in meinem Haus besser aufgehoben sind.«
    »Warten Sie, ich habe das nicht ganz verstanden. Wenn ich in der Schule in Gefahr bin, warum bin ich dann hier sicherer?«
    »Ihnen ist vielleicht das Kupferdach aufgefallen«, sagte Mrs. Bethany. »Wie Sie vermutlich wissen, sind Geister besonders empfindlich, was Metalle und Mineralien angeht, die sich in menschlichem Blut befinden, wie Eisen und Kupfer. Mein Haus kann von ihnen nicht heimgesucht werden. Kein Geist der Welt kann hier herein.«
    »Warum greifen Sie denn nicht für die ganze Schule zu solchen Mitteln, damit es dort auch völlig sicher ist?«
    Es war eine ganz automatische Frage gewesen, und ich erwartete, dass Mrs. Bethany darauf eine gute Erwiderung parat hätte. So etwas wie, dass Kupfer zu teuer sei. Stattdessen legte sie wachsam den Kopf schräg. »Es gibt gute Gründe«, sagte sie, als wäre das eine Erklärung.
    Doch beinahe sofort dämmerte mir die wahre Antwort. Vielleicht, weil ich mich in demselben Raum befand, in den ich bei meinem ersten Einbruchsversuch eingestiegen war, um herauszufinden, warum Mrs. Bethany menschliche Schüler in Evernight aufnahm. Ich erinnerte mich daran, was ich mit Balthazar zusammen herausgefunden hatte: Die Menschen standen in einer Verbindung zu den Geistern. Ich hatte geglaubt, dass Mrs. Bethany irgendwie mehr über die Feinde der Vampire herausfinden wollte. Doch seitdem hatte ich auch gesehen, wie sie einen Geist angriff und beinahe augenblicklich ausschaltete. Ich hatte gesehen, dass sie mehr darüber wusste, wie man sie kaltblütig aus dem Weg schaffte, es aber gewöhnlich doch nicht tat. Mrs. Bethany hatte etwas anderes im Sinn.
    »Sie jagen die Geister«, hauchte ich. »Sie wollen, dass sie nach Evernight kommen, damit Sie sie fangen können.«
    Seltsamerweise leuchteten ihre Augen auf, als wäre sie beinahe aufgeregt, weil jemand mitdachte. Aber sie erwiderte nur: »Ihre Theorien sind irrelevant, Miss Olivier. Die Geister stellen eine Gefahr für Sie und Ihresgleichen dar. Hier werden Sie am sichersten sein.«
    »Sie werden mir nicht verraten, warum Sie sie jagen.« Sie hatte es auch nicht abgestritten, wie mir nicht entgangen war.
    »Nehmen Sie mein Angebot an oder nicht?«
    »Habe ich denn eine Wahl?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    Ich hätte Mrs. Bethany gerne gesagt, wohin sie sich ihr Angebot stecken konnte. Aber sie hatte recht damit, dass ich eine Gefahr für die anderen darstellte. Zu ihrem Schutz wie zu meinem würde ich ins feindliche Lager ziehen müssen.
     
    Wenn man sich erst mal daran gewöhnt hatte, dann war Mrs. Bethanys Kutschhaus eigentlich ganz hübsch, aber dort zu wohnen machte mich fertig. Egal, wie oft ich das Fenster aufmachte oder mein eigenes Parfüm in die Luft sprühte, das Haus roch unverkennbar nach Lavendel und erinnerte mich damit tagaus, tagein an die wirkliche Besitzerin.
    Natürlich bemerkte ich, dass jede Schreibtischschublade und jeder Schrank vor meinem Umzug sorgfältig geleert worden war. Sie ließ mir wirklich keine Chance, ein bisschen herumzuschnüffeln.
    Meine menschlichen Freunde konnten natürlich nicht begreifen, warum Mrs. Bethanys Haus sicherer als die Evernight-Akademie sein sollte, aber nachdem ich ihnen einen etwas geschönten Bericht des letzten Geist-Angriffs gegeben hatte, bezweifelten sie nicht mehr, dass irgendetwas unternommen werden musste. Raquel half mir dabei, meine

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