Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung
wieder ducken, aber ich kümmerte mich nicht darum.
»Sie ist weg«, versicherte ich ihm. »Wir sind in Sicherheit, okay?«
Lucas wurde langsamer, dann machte er noch einige letzte, schwere Schritte, beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie. Ich fühlte mich ebenfalls noch recht zittrig und brauchte einige Minuten, um wieder richtig zu Atem zu kommen. »Bist du sicher?«
»Ganz sicher. Alles in Ordnung bei dir?«
»Nur, wenn es dir auch gut geht.« Lucas richtete sich auf und strich sich sein verschwitztes Haar mit dem Handrücken zurück. »Himmel, Bianca … Wenn sie hinter dir her gewesen wäre …«
»Sie war nicht gefährlich. Nicht, bis sie es mit der Angst zu tun bekam.«
»Was? Bist du dir sicher?«
»Ja.« Mit einem Schlag wurde mir bewusst, dass Lucas und ich zum ersten Mal seit mehr als sechs Monaten allein waren. Ich schlang meine Arme um ihn, und er hielt mich so fest, dass ich kaum atmen konnte.
»Ich habe dich vermisst«, flüsterte ich in sein Haar. »Ich habe dich so sehr vermisst.«
»Ich dich auch.« Er lachte leise. »Ich kann kaum glauben, dass das hier wahr ist.«
»Dann werde ich es dir beweisen.« Er nahm mein Gesicht in seine Hände, und wir beugten uns zueinander, um uns zu küssen - als plötzlich Scheinwerfer über uns hinwegglitten und wir zusammenfuhren.
Der Wagen raste auf uns zu und kam nur einige Meter vor uns mit quietschenden Reifen zum Halten. Im gleißenden Licht konnte ich mühsam erkennen, dass sich offensichtlich mehrere Leute in dem großen Auto drängten.
Lucas stöhnte. »O nein.« Als eine der Türen aufgestoßen wurde, schrie er: »Krise vorbei. Viel zu spät, Leute.«
»Es ist erst fünf Minuten her, dass wir deine SMS bekommen haben.« Die Stimme der Frau, die aus dem Wagen stieg, klang vertraut. Noch bevor ich sie erkennen konnte, war mir klar, dass dies Kate, Lucas’ Mutter, sein musste.
Dann ging die Beifahrertür auf und gab den Blick auf ein großes, kräftiges Mädchen mit schwarzer Haut und geflochtenen Haaren frei. Ich kramte in meiner Erinnerung, dann fiel es mir ein: Dana. Als wir uns in die Augen schauten, änderte sich ihr Gesichtsausdruck von Besorgnis zu einem breiten Lächeln.
»Seht mal, wen wir hier haben.« Sie stieg aus, lehnte sich gegen die Motorhaube und machte mit einer Armbrust, die sie offenbar nicht mehr einzusetzen gedachte, eine Geste in unsere Richtung. »Lucas, hat dir noch keiner gesagt, dass die Notfallnummer nicht dazu gedacht ist, uns zu deinen Dates dazuzurufen?«
Kate verschränkte die Arme. »Jetzt verstehe ich, warum du darauf bestanden hast, bei der Jagd in Amherst dabei zu sein.«
»Okay, du hast mich durchschaut«, winkte er leichthin ab. »Können wir Bianca irgendwo hinbringen, wo sie in Sicherheit ist? Die Vampirin hat ihr gerade einen Mordsschrecken eingejagt.«
»Das sehe ich«, sagte Kate nun etwas freundlicher. Sie mochte mich, vor allem, weil sie glaubte, ich hätte einmal Lucas’ Leben gerettet. Die anderen Leute im Kleinbus murmelten etwas zur Begrüßung. »Komm mit und erhol dich erst mal. Keine Sorge, jetzt bist du in Sicherheit.«
In Sicherheit beim Schwarzen Kreuz? Ich war nur genau so lange in Sicherheit, wie sie nicht herausfanden, dass ich »der Feind« war. Der bloße Gedanke, mich in die Fänge einer Bande von Vampirjägern zu begeben, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen und bewirkte, dass mir ganz kalt im Innern wurde. Als wir uns zuletzt getroffen hatten, waren sie sehr nett zu mir gewesen, aber dieses vorherige Mal wäre beinahe in einer Katastrophe geendet. Doch wenn sie bei diesem Treffen die Wahrheit herausfinden würden, dürfte alles noch weitaus schlimmer werden.
Lucas und ich wechselten einen Blick, und ich war mir sicher, dass er wusste, wie ich mich fühlte. Aber wir konnten nichts tun, als zu lächeln, danke zu sagen und in den Bus zu steigen.
6
Lucas’ Hand schloss sich fest um meine, als der Kleinbus in ein Industrieviertel einbog. Dieses hatte wohl schon bessere Tage gesehen - und die Hälfte der Gebäude schien leer zu stehen. Mein Kopf schwirrte noch vom plötzlichen Angriff der Vampirin und unserer Flucht, und auch die Tatsache, dass Lucas und ich wieder zusammen waren, war noch gar nicht richtig zu mir durchgedrungen.
Oder vielleicht, dachte ich, während wir uns verstohlene Blicke von der Seite zuwarfen, fühlte es sich auch einfach nur so an, als wären wir nie wirklich getrennt gewesen.
»Ich gehe davon aus, dass ihr euch nicht rein
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