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Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung

Titel: Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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einem Schiff ist, kann man sich einige Wochen lang verstecken. Man wacht ausgehungert auf, aber es ist machbar. In einem Flugzeug glauben sie, man sei eingeschlafen, und man kommt meistens zu sich, kaum dass sich der Flieger wieder über Festland befindet. Versteh mich nicht falsch: Es ist kein Vergnügen. Aber auf diese Weise verschläft man das Schlimmste. Hier gibt es nichts als diese Schockwelle, die einen überrollt.«
    Ich dachte an die albernen Vampirfilme, die ich mir im Nachtprogramm des Fernsehens angesehen hatte, in denen rumänische Grafen mit schwarzen Umhängen eine Seereise nach England unternehmen, während sie schlafend in ihrem Sarg liegen. Inzwischen war mir klar geworden, dass diese Legenden auf einem wahren Kern beruhten; sich selbst als Leiche zu verschiffen war die sicherste Art und Weise, dafür zu sorgen, dass man auch dorthin kam, wo man hinwollte. Wer hätte gedacht, dass man selbst aus Horrorfilmen noch was lernen konnte?
    Der Fluss schimmerte sanft im Mondlicht, und in mir stieg Furcht auf. »Können wir es nicht einfach hinter uns bringen? Beim letzten Schulausflug war es doch auch gar nicht so schlimm, weil wir’s auf die schnelle Tour gemacht haben. Vielleicht ist das besser.«
    Balthazar sah mich mit wachsamem Blick an. »Dann hast du es beim letzten Mal auch gespürt?«
    »Oh. Hm. Ja.«
    »Langsam fängst du an, mehr von dem zu empfinden, was wir fühlen. Du wirst immer mehr zur Vampirin.« Er klang ganz aufgeregt bei dieser Vorstellung.
    »Ich will auch immer häufiger Blut trinken«, gestand ich. »Und ich denke daran, na ja, zu töten. Eichhörnchen zum Beispiel.«
    »Hast du denn schon mal was getötet?«
    Ich schämte mich so entsetzlich. »Ein einziges Mal. Eine Maus.« Noch immer hatte ich das mitleiderregende kleine Quieken im Ohr.
    »Das ist schon in Ordnung. Hin und wieder verlangt es uns alle nach dem Blut eines lebendigen Wesens.«
    »Ich sage mir immer wieder, dass es eigentlich auch nicht viel schlimmer ist, als einen Cheeseburger zu essen, der mal eine Kuh war.«
    »Das ist es auch nicht.« Balthazar machte eine Pause, ehe er fragte. »Hast du Lucas davon erzählt?«
    »Ja«, log ich. Ich hatte ihm zwar nicht nichts davon gesagt, aber ich hatte ja auch noch kaum eine Chance dazu gehabt. Und ich würde im Gegenzug Balthazar auch nichts von den Vampirkräften anvertrauen, die Lucas nach und nach zu entwickeln begann.
    »Begreift er, dass du schon bald eine wirkliche Vampirin sein wirst? Ist er bereit, sich dieser Tatsache zu stellen?«
    »Ich werde keine richtige Vampirin sein, bis ich ein menschliches Wesen getötet habe, und es ist noch ein Weilchen hin, bis das passiert, okay?«
    »Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen, Bianca. Eine geborene Vampirin, meine ich. Aber soweit ich das verstanden habe, kannst du es nicht für alle Ewigkeit rauszögern. Früher oder später wirst du töten müssen.«
    »Es muss eine Wahl geben«, beharrte ich. »Weißt du, was geschehen würde, wenn ich niemals jemanden umbringen würde?«
    »Nein.« Ich zweifelte nicht daran, dass er die Wahrheit sagte. »Und du?«
    »Alles, was ich weiß, ist, dass Lucas mich liebt, egal, was ich bin.«
    Balthazar presste seine Lippen zusammen und ließ den Wagen wieder an. »Bringen wir’s hinter uns«, murmelte er, während er aufs Gaspedal trat.
     
    Als wir vorm Kino anhielten, stand Lucas bereits dort, die Hände in den Jackentaschen vergraben. Er hob den Kopf und lächelte, dann fiel sein Blick auf Balthazar. Sein ganzer Körper erstarrte und war sprungbereit und wachsam. Ich lächelte Lucas an, um ihm zu zeigen, dass alles in Ordnung war. Er sah nicht überzeugt aus.
    »Hi«, sagte ich, als ich aus dem Auto sprang und auf ihn zustürmte. »Es ist okay. Balthazar hilft uns.«
    »Und warum sollte er das tun?« Lucas’ Augen wurden schmal.
    Balthazar verschränkte die Arme vor der Brust. »Gern geschehen.«
    »Hört auf damit«, ging ich dazwischen. Die Lichter auf dem Kinovordach blitzten im vorgegebenen Muster auf und erloschen wieder, und auf einem Poster an der Wand waren Bogey und Bacall in Haben und Nichthaben zu sehen. Ich küsste Lucas sanft auf die Wange, was ihn immerhin davon abbrachte, Balthazar anzustarren. »Lucas und ich müssen uns kurz unterhalten. In Ordnung, Balthazar?«
    Lucas sah wenig erfreut darüber aus, dass ich soeben Balthazar für irgendetwas um Erlaubnis gebeten hatte. Rasch griff ich nach seinem Arm und zerrte ihn zur Seite des Kinos. Balthazar lehnte sich mit

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