Evernight Bd. 2 Tochter der Dämmerung
dich so, und wir hatten keine Gelegenheit mehr, über alles zu sprechen. Das Letzte, was ich heute erwartet hatte, war, dass es da einen anderen Typen gibt, mit dem du viel Zeit verbringst, während wir das nicht können.«
»Du bist derjenige, der für mich zählt. Der Einzige.« Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn sanft. »Okay?«
»Okay.« Er straffte die Schultern. »Gut, ich bin lieb und nett zu Balthazar, und dann können wir von hier verschwinden. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Arm in Arm liefen wir wieder zum Vordereingang des Kinos. Balthazar stand noch genauso wie vorher gegen das Auto gelehnt. Als er uns kommen sah, richtete er sich jedoch auf und kam großspurig auf uns zu. Ich hätte mich deswegen über ihn lustig gemacht, wenn Lucas nicht plötzlich ganz genauso stolziert wäre. »Balthazar«, setzte Lucas mit gedehntem Tonfall an. »Das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, hast du mir einen Schwinger versetzt.«
»Und als ich dich zuletzt getroffen habe, hast du mir beinahe die Nase gebrochen. Ein Glück, dass wir in dieser Sache zusammenarbeiten.«
»Glück für mich oder für dich?« Lucas’ hämisches Grinsen machte mehr als deutlich, dass er glaubte, Balthazar sei derjenige, der von Glück sagen konnte, dass sie nicht miteinander kämpften. »Übrigens eine tolle Karre, die du da hast. Könnte dich auch direkt von einem Treffen mit deinem Bankberater zu einer Sitzung des Elternbeirats bringen. Mann, es ist echt sonnenklar, dass du über hundert Jahre alt bist.«
»Es ist der Wagen, in dem wir Fahrstunden haben.« Balthazar hatte die Kiefer zusammengebissen, als wollte er eine Menge von dem hinunterschlucken, was ihm eigentlich auf der Zunge gelegen hatte.
Ich warf Lucas einen warnenden Blick zu und wünschte, er würde das Thema wechseln, aber er konnte nicht aufhören, sich so zu benehmen, als ob er sich etwas zu beweisen hätte. »Was denn, seitdem dein Studebaker den Geist aufgegeben hat, hast du keinen eigenen Wagen ohne Pferde mehr?«
Balthazar lächelte zufrieden. »Tatsächlich war das letzte Auto, das ich besessen habe, ein roter 1968er Mustang GT 390 mit Fließheck.«
Ich hatte keinen Schimmer, was das sein sollte, Lucas aber offenbar schon. Der Ausdruck auf seinem Gesicht änderte sich von Verachtung zu Neid und dann zu zähneknirschendem Respekt.
»Nicht schlecht.«
»Ja.« Balthazar seufzte, und für einen kurzen Moment waren alle Vorbehalte vergessen.
Jungs , dachte ich. »Okay«, sagte ich und hoffte, die Sache zu beenden, ehe die beiden wieder aneinandergeraten würden. »Wir treffen uns hier in, sagen wir, zwei Stunden?«
»Du verschwindest noch nicht.« Balthazar hatte seine Aufmerksamkeit wieder Lucas zugewandt. »Zuerst verrätst du mir, was du über meine Schwester weißt, und versprichst mir, dass du das Schwarze Kreuz von der Jagd auf sie zurückpfeifst.«
»Ich habe beim Schwarzen Kreuz nichts zu sagen, verstanden? Sie werden nicht tun, was ich will. Die Jagd auf diese Gang ist eröffnet, und solange Charity mit ebendiesen Leuten rumhängt, wird sie auch in der Schusslinie sein. Also müssen wir sie auf irgendeine Weise von den anderen trennen.«
»Es gibt nur eine Weise, nämlich meine.« Balthazar trat näher und betonte jeden Zentimeter, den er Lucas voraus hatte, der zwar groß, aber nicht so groß war.
»Charity ist eine Person wie du und ich.«
»Du und ich sind nicht gleich.«
Balthazar legte den Kopf schräg. »Dann lass uns sagen, sie ist wie Bianca. Bringt dich das dazu, mir zuzuhören?«
»Bianca ist keine Killerin. Sie hat keine Wahl, was sie ist.«
»Jungs, hört auf damit«, flehte ich, aber sie beachteten mich überhaupt nicht.
»Eine Wahl? Du denkst, wir hätten alle eine Wahl?« Auch wenn Balthazar leise gesprochen hatte, lag da doch etwas Raues, Belegtes in seiner Stimme, was ich noch nie zuvor gehört hatte. Es lief mir kalt den Rücken hinunter. »Lass dich doch mal mitten in der Nacht überraschen. Versuch, so weit und so schnell, wie du kannst, wegzulaufen, nur um herauszufinden, dass sie schneller sind. Komm in den Stall und sieh die toten Körper deiner Eltern vor dir liegen, während dir die Hände über dem Kopf zusammengebunden sind und ein Dutzend hungriger Vampire darüber streiten, wer als Nächstes dran ist. Sehen wir mal, welche Wahl du dann noch hast.«
Lucas starrte ihn an. Offenbar hatte er sich so etwas nicht träumen lassen. Ich genauso wenig.
Noch leiser fuhr Balthazar fort: »Sieh zu, wie
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