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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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hatte.
    Lucas verschwand am häufigsten, nämlich beinahe so oft wie alle anderen zusammengenommen. Lag das an seinem übersteigerten Willen, etwas Produktives zu tun? Daran, dass Skye sich so oft entschuldigte, um mit ihren Freunden am Rand der Tanzfläche herumzustehen? Oder war der Grund, dass Lucas nicht genug Vertrauen in sich selber hatte, um so lange in unmittelbarer Nähe eines Menschen zu sein? Vermutlich eine Mischung aus all diesen Gründen. Jedes Mal, wenn er die Halle verließ, ging er an meinen Eltern vorbei, und alle drei wirkten mit einem Schlag sehr angespannt. Aber sie akzeptierten einander nun, und Mom und Dad hatten ihren Zorn überwunden, was, wie ich hoffte, ein gutes Zeichen war.
    Alles lief wie am Schnürchen, bis ich plötzlich ein kaltes Ziehen bemerkte und die Visionen begannen.
    Mein Geist war plötzlich angefüllt mit Bildern von den Menschen unter mir, Leuten, die ich vielleicht nie gut gekannt hatte, doch zu denen ich eine Nähe spürte, die beinahe so mächtig wie Liebe war. Eine Vielzahl an Gesichtern, unterschiedliche Gefühle, verschiedene Altersstufen: Jeder Mensch dort unten war mir plötzlich wertvoll. Und über all dem lag ein dunkler Schleier aus entsetzlicher Angst um die Sicherheit dieser Menschen und Hass auf die Vampire, die in deren Mitte tanzten.
    Die Geister. Die Verschwörer, um genau zu sein. Plötzlich konnte ich sie überall spüren; sie sammelten sich über der tanzenden Menge wie Gewitterwolken.
    Hatte der Angriff letztes Jahr ebenso begonnen? »Was tut ihr?«, flüsterte ich, was ungefährlich war, denn ich schwebte so weit über den Ballgästen, dass das Orchester meine Worte verschluckte.
    Die Visionen, die sich mir aufdrängten, waren nun gewaltvoller. Vampire standen in Flammen oder waren in Eisblöcken eingefroren. Oder sie saßen in Fallen fest, die jenen ähnelten, die Mrs. Bethany für die Geister aufgestellt hatte. Kein Plan wurde in die Tat umgesetzt, aber ich verstand, was die Bilder zu bedeuten hatten. Diese Geister fürchteten um die Sicherheit ihrer Anker und damit um ihre eigene. Außerdem wollten sie Rache an Mrs. Bethany üben, und zwar stellvertretend an den Vampiren dort unten.
    Diese Menschen sind in Sicherheit , versprach ich. Wenn ihr weiterziehen wollt, dann wisst ihr, dass ich euch helfen kann.
    Ich hatte Erstaunen erwartet, Freude, vielleicht auch ein Drängen zum Aufbruch. Stattdessen jedoch spürte ich eine noch größere Welle von Furcht. Ehrlich gestanden hatte ich nicht weniger Angst, und ich wusste noch nicht, wie – oder ob überhaupt – ich die Wunder vollbringen könnte, die Christopher verheißen hatte. Also wie konnte ich den anderen solche Versprechungen machen?
    Und doch hatte ich das Gefühl, dass ich es würde versuchen müssen, wenn sie bereit wären, mir zu folgen. Wenn es mir gelänge, etliche der Geister in einem Rutsch aus Evernight fortzubringen, dann wäre das eine ebenso gute Möglichkeit, Mrs. Bethany aufzuhalten, wie all unsere anderen Pläne auch.
    Aber ein entschlossener Widerstand traf mich wie eine brechende Welle an einem Winterstrand. Und dann war da ein anwachsender Energiewirbel, der wie mit Hunderten Pfeilen nach unten gerichtet war.
    Was geschieht hier ?, dachte ich. Ich sah mich mit wildem Blick in der Menge um. Balthazar und Patrice waren fort, um Fallen aufzuspüren, aber alle anderen, die mir am Herzen lagen, tanzten noch. Es blieb nicht einmal mehr genügend Zeit für eine Warnung.
    Die Energie schoss wie Blitze zur Tanzfläche hinab, und ich erwartete einen Eisregen oder Schnee. Vielleicht auch Geistererscheinungen.
    Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass jeder einzelne Mensch mit einem Schlag ohnmächtig zu Boden sank.
    Die Musik des Orchesters verebbte, als ein Instrument nach dem anderen aufhörte zu spielen. Die ersten Vampire reagierten. Einige von ihnen waren abgebrüht genug, dass sie anfingen zu lachen, doch die meisten waren tief besorgt, sei es um die Menschen, die ihnen wichtig waren, oder sei es, weil ganz offensichtlich etwas Gefährliches im Gange war. Lucas kniete auf dem Fußboden und presste zwei Finger gegen Skyes Hals, um ihren Puls zu fühlen. Ranulf hatte Cristina in den Armen, deren Körper keinerlei Spannung mehr hatte und deren Kopf nach hinten baumelte. Vic lag mit dem Gesicht nach unten, und seine Arme und Beine waren seltsam verdreht wie bei einer weggeworfenen Stoffpuppe. Doch dann bewegte er sich mit einem Mal. Oder sollte ich besser sagen, dass sich sein Körper

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