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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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Idee ist. Uns steht ein Kampf bevor, und du brauchst all deine Kraft.«
    »Mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe lange gebraucht, um mir einzugestehen, was ich tun muss, aber jetzt weiß ich es. Wir können das nicht noch länger hinausschieben.« Sein Gesichtsausdruck war undurchdringlich, aber seine Stimme klang entschlossen: »Vertrau mir.«
    Nachdem ich so viele Monate damit zugebracht hatte, ihm bei allem, was er tat, Hintergedanken zu unterstellen und ihn für Dinge verantwortlich zu machen, die von Anfang an gar nicht seine Fehler gewesen waren, war ich ihm das schuldig, nicht wahr? »Okay. Ich werde kommen.«
    Wir gingen zurück zur Schule. Der prachtvoll dekorierte Ballsaal war in schrecklichem Zustand. Die Kerzen waren erloschen, die in Panik geflohenen Schüler hatten Blumen zu Boden gerissen, und die Bühne des Orchesters war augenscheinlich in großer Eile geräumt worden. Balthazar lockerte seine Frackschleife und knöpfte seine Manschetten auf, während er die Treppe emporstieg. Seine Schritte hallten auf dem Stein. Nach alldem, was in dieser Nacht bereits geschehen war, hätte ich alles darauf verwettet, dass die meisten Leute noch stundenlang hellwach waren, doch niemand ging das Risiko ein, um Mitternacht allein in der Schule herumzulaufen.
    Balthazar schaltete nicht das Licht ein, als wir sein Zimmer betraten. Vermutlich wollte er unbeobachtet sein, wenn er sich umzog, und natürlich wandte ich trotzdem meinen Blick ab. Das helle Mondlicht schien durchs Fenster, sodass ich Balthazars Schatten an der Wand sehen konnte, als er sein Hemd auszog und seinen Gürtel öffnete.
    Und der ist nicht Patrices Typ ?, dachte ich. Das verstehe, wer will.
    Als ich hörte, wie er seine Bettdecke umschlug, schaute ich wieder zu ihm und schwebte unmittelbar über seinem Bett. Balthazar lag auf der Seite, und er schien zu den glücklichen Leuten zu gehören, die nur die Augen schließen mussten, um einzuschlafen. Schon nach wenigen Minuten spürte ich, dass er zu träumen begann.
    Ich kam mir komisch dabei vor, beinahe so, als würde ich Lucas hintergehen, indem ich nun in die Träume eines anderen Jungen eindrang. Doch dann machte ich mich ganz lang und dünn und tauchte hinab, mitten in Balthazars schlafenden Geist hinein.
    Dort fand ich mich in einem Wald wieder, und es herrschte Nacht.
    Zuerst glaubte ich, dies wäre der Wald rings um Evernight, aber dann merkte ich, dass das nicht stimmte. Die meisten Bäume hier waren höher, und einige ihrer Stämme waren beeindruckend dick und wahrscheinlich sehr, sehr alt.
    In einiger Entfernung unterhielten sich Leute, wie ich hörte, und dann war da noch ein anderes Geräusch: Pferdehufe. Ich spähte durch die tintenschwarze Nacht und entdeckte, dass die Menschen in einem altmodischen Wagen auf einem unbefestigten Weg entlangrumpelten. Die Kleidung, die sie trugen, war fremdartig, mit großen Hüten und langen Mänteln. Es erinnerte mich ein wenig an die Szene, die ich in Christophers Lebenserinnerungen gesehen hatte, aber ich hatte das Gefühl, dass diese Bilder aus noch früherer Zeit stammten.
    »Du hast es geschafft«, sagte Balthazar.
    Als ich mich umdrehte, sah ich, dass er neben mir stand und ebenso wie die anderen Leute gekleidet war. Aus dieser kurzen Entfernung konnte ich erkennen, dass seine Hosen nur bis zu den Knien reichten und dass er Stiefel trug, die oben am Schaft weiter wurden. Sein Oberteil war gegürtet, seinen Umhang säumte prächtiger Pelz. Und sein Hut … Unwillkürlich musste ich lächeln. »Du siehst aus wie die Hauptfigur in einem Schauspiel, das sie an Erntedank aufführen.«
    »Ich muss dich wohl darüber informieren, dass das die neueste Mode der Kolonialzeit im Jahr 1640 war.« Balthazar rückte seinen Hut zurecht, sodass er in verwegenem Winkel auf seinem Kopf saß.
    Etwas ernsthafter fragte ich: »Davon träumst du? Von deinem Leben?«
    »Manchmal.« Balthazar deutete auf ein Licht in der Ferne, das Glühen einer Öllampe im Fenster eines kleinen Häuschens. »Mal schauen, was wir zu sehen bekommen.«
    Ich lief neben Balthazar durch den Wald, bis wir die Lichtung erreichten, auf der die Hütte stand. Sie war primitiver, als ich angenommen hatte. Doch wenn ich darüber nachdachte, ergab das einen Sinn. Vermutlich hatte Balthazar seinem Vater dabei geholfen, dieses Heim mit eigenen Händen und den wenigen Werkzeugen, die ihnen zur Verfügung standen, aufzubauen. Rauch stieg aus einem leicht schiefen Schornstein auf, und das einzige Fenster

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