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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte
Autoren: Claudia Gray
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ist nichts im Vergleich zu dem, was andere Vampire erleben. Diejenigen, die sich selbst zerstören, sind immer die mit dem größten Blutdurst. Er macht sie verrückt und kehrt ihr Innerstes nach außen.«
    Unsere Blicke kreuzten sich, als wollte er mich fragen, ob er noch weitersprechen sollte. Aber ich wusste, dass ich von ihm hören musste, was er als Nächstes sagen würde.
    Balthazar verstand mich ohne Worte und sagte: »Es scheint, dass Lucas zu den Hungrigen gehört.«
    »Gibt es denn gar nichts, was wir für ihn tun können?«, fragte ich. »Irgendetwas, um es ihm leichter zu machen?«
    Langsam erhob sich Balthazar vom Bett und kam mit unsicherem Blick auf mich zu. »Ich denke nicht, dass wir es wirklich erträglicher für ihn machen können, aber es gibt einen Ort, an dem wir ihn weit weg von den meisten Menschen unterbringen und ihn auch vor dem Schwarzen Kreuz in Sicherheit bringen können. Dort kann Lucas vielleicht lernen, mit dem, was er geworden ist, klarzukommen.«
    Es dauerte einen Augenblick, bis mir dämmerte, was Balthazar meinte. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
    »Welcher Ort soll das sein?«
    Balthazar bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen, als er tonlos antworte: »Wir müssen Lucas zurück nach Evernight bringen.«

4

    »Wir sollen Lucas nach Evernight bringen?«, wiederholte ich. »Bist du verrückt geworden? Balthazar, denk doch mal nach! Lucas war beim Schwarzen Kreuz. Er hat Evernight für die Jäger ausgespäht. Mrs. Bethany hasst ihn – jeder da hasst ihn. Sie werden ihn endgültig töten, sobald er ihnen unter die Augen tritt.«
    »Nein, das werden sie nicht. Denn sie können es nicht«, beharrte Balthazar. »Jeder Vampir kann jederzeit nach Evernight kommen und um Zuflucht bitten. Ganz gleich, wer er ist und was er getan hat, Mrs. Bethany muss ihn einlassen.«
    »Aber das ist eine Regel, die Mrs. Bethany aufgestellt hat, richtig? Sie kann sie also auch brechen, wenn es ihr in den Kram passt.«
    Balthazar verzog den Mund; näher kam er einem Lächeln an einem trüben Tag wie diesem nicht. »Mrs. Bethany bricht keine Regeln. Das solltest du wissen. Erinnere dich mal daran, dass sie sogar Charity eingelassen hat.«
    Das stimmte, und Mrs. Bethany und Charity hatten einander aus tiefstem Herzen verabscheut. Trotzdem war ich nicht überzeugt. Lucas war ein Vampirjäger gewesen; sicherlich war das schlimmer, als sonst irgendeine Art von Vampir zu sein, ganz gleich wie gefährlich. Allerdings waren meine Bedenken durchaus auch egoistischer Natur. Zurück zur Evernight-Akademie zu gehen würde auch bedeuten, zu meinen Eltern zurückzukehren. Auf der einen Seite wollte ich sie so gerne wiedersehen, dass es wehtat; auf der anderen Seite wusste ich, dass sie sich immer vor Geistern gefürchtet und sie abgelehnt hatten. Wenn sie mich nun verstoßen würden – so wie Kate ihren Sohn Lucas –, dann glaubte ich nicht, dass ich es aushalten könnte.
    Ich hörte Schritte draußen auf den Betonstufen und ging zur Tür, um Vic und Ranulf hereinzulassen, die eine große Einkaufstüte bei sich hatten, in der sich, so vermutete ich, mehrere Liter Kuhblut verbargen. Vic trat dieses Mal ein, entfernte sich aber nur wenige Schritte von der Tür. Als er meinen Blick bemerkte, reichte er mir die Tüte, nachdem er eine einzelne Flasche Mountain Dew herausgeholt hatte. »Ich schätze, ich sollte mal eine Weile im Hintergarten herumhängen«, sagte er, und seine Augen waren nervös auf den Boden geheftet, wo Lucas lag, »bis ihr dafür gesorgt habt, dass Lucas sich wieder normalisiert.«
    »Gute Idee.« Ich trug die Tüte zum Tisch.
    »Und noch mal danke, Vic.«
    »Sorg einfach dafür, dass wir mal ein oder zwei Tage lang nicht angegriffen werden. Das ist Dank genug.«
    Balthazar und Ranulf nahmen sich jeder einen Liter Blut aus der Tüte, abgefüllt in kleine Plastikflaschen, wie man sie im Feinkostladen benutzt, um Suppe transportabel zu machen. Sie öffneten sie und begannen zu trinken. Zuerst hielt ich das für selbstsüchtig, doch ich begriff schon bald, was sie da taten: Sie sorgten dafür, dass ihre Kräfte zurückkehrten. Wenn Lucas nach dem Aufwachen so wild war wie zu dem Zeitpunkt, als Balthazar ihm einen Pflock durchs Herz gejagt hatte, dann würden sie die dringend brauchen.
    Ich nahm einige Liter Blut in Flaschen und legte sie in die Mikrowelle. Blut schmeckte einfach besser, wenn es Körpertemperatur hatte. Als es aufgewärmt war, warf ich meinen Freunden einen Blick zu. Ranulf hatte
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