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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Gray
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unwichtig.
    Trotzdem beunruhigte mich das Wissen um diese seltsame, feindselige Energie. Rasch glitt ich wieder hinunter, um möglichst viel Abstand zwischen mich und diesen Ort zu bringen und mir die Ankunft der Schüler anzusehen, was meiner Aufmerksamkeit im Augenblick viel mehr bedurfte.
    Als ich mich wieder auf die Menge dort unten konzentrierte, sah ich das erste vertraute Gesicht, und ich spürte ein warmes, glückliches Glühen, was ein Lächeln hätte sein können.
    Patrice!
    Patrice Deveraux, meine Zimmergefährtin während meines ersten Jahres in Evernight, stieg aus einem schnittigen, grauen Lexus. Ihre maßgeschneiderte Version der Schuluniform ließ sie weltgewandt und schlank aussehen, obwohl sie einen Rock und einen Pullover anhatte. Ihr Haar trug sie in natürlichen Locken, sodass es wie ein Heiligenschein ihren Kopf umrahmte, was ihr gut stand. Sie hatte das letzte Jahr ausgesetzt, um sich in Skandinavien mit ihrem neuen Freund zu vergnügen, aber einer von beiden musste Schluss gemacht haben – vermutlich Patrice, die Männer vor allem für ein Modeaccessoire zu halten schien.
    Obwohl sie so besessen von Aussehen und Luxus war, hatte sie Mumm in den Knochen, wofür ich sie mochte. Ich war ziemlich überrascht gewesen, dass sie in dem Sommer, als ich durchgebrannt war, versucht hatte, zu mir Kontakt aufzunehmen. Für mich war das ein Beweis gewesen, dass sie nicht so oberflächlich war, wie sie manchmal tat. Ich war froh zu sehen, dass nicht alle Vampire in der Evernight-Akademie düster und bedrohlich waren. Außerdem sah ich Patrice zum ersten Mal nach meinem Tod wieder. Ich verspürte den Wunsch, ihr Hallo zu sagen, aber natürlich war das völlig unmöglich.
    Kurz bevor Patrice eintrat, blieb sie vor der Tür stehen und hob den Blick, sodass sie unmittelbar zu der Stelle emporblickte, wo ich schwebte. Konnte sie mich sehen? Mir war schnell klar, dass das nicht sein konnte, aber der Zufall war trotzdem verblüffend. Patrice zögerte noch eine Sekunde, ehe sie ihre Sonnenbrille geraderückte und hineinging.
    Weitere bekannte Gesichter tauchten auf, sowohl Vampire als auch Menschen. Zum größten Teil waren es Leute, die ich nicht allzu gut gekannt hatte, mit denen ich aber gemeinsame Kurse besucht und mich von Zeit zu Zeit unterhalten hatte. Auch einige der Lehrer tauchten auf – Mr. Yee und Professor Iwerebon mischten sich unter die Neuankömmlinge und plauderten mit einigen der Eltern. Ich hielt nach meiner Mutter und meinem Vater Ausschau, halb ängstlich, halb voller Hoffnung, aber sie ließen sich nicht blicken. Unter den menschlichen Schülern entdeckte ich keine alten Freunde, erkannte aber einige Gesichter wieder. So zum Beispiel Clementine Nichols, deren Eintrittskarte nach Evernight das Auto ihrer Familie gewesen war, in dem es spukte, und Skye Tierney, Raquels Partnerin im Naturwissenschaftsunterricht in ihrem zweiten Jahr. Raquel hatte erzählt, sie sei »im Grunde ganz in Ordnung«. Aus dem Mund von Raquel war das das reinste Lob gewesen. Gewöhnlich hasste sie die meisten Menschen aus Prinzip, bis sie ihr einen Grund gaben, ihre Meinung zu überdenken.
    Trotzdem hatte ich mir nie die Mühe gemacht, mich mit ihr ernsthaft zu unterhalten, ebenso wenig wie mit vielen der anderen Leute. Wieso nur hatte ich Clementine nie gefragt, wie es war, ein Spukauto zu besitzen? Ich hätte mich viel mehr um meine Mitmenschen bemühen müssen. Ich war nie wirklich aufgeschlossen anderen gegenüber gewesen, aber irgendwie fühlte ich mich im Tod einsamer als früher.
    Schließlich näherte sich auch das Auto der Woodsons, und Vic und Ranulf stiegen aus. Beide trugen die vorgeschriebene Schuluniform, aber Vic hatte, wie gewöhnlich, seine Baseballkappe auf, und zu meinem Vergnügen entdeckte ich, dass auch Ranulf eine Schirmmütze trug.
    »Wie bemerkenswert.« Mrs. Bethany eilte aus dem Schulgebäude, als ob sie jede Abweichung vom Protokoll schon aus der Ferne riechen konnte. »Mr. Woodson, Ihr Einfluss auf Mr. White in Kleidungsfragen ist ebenso offensichtlich wie unerfreulich.«
    »Wir werden die Kappen vor dem Unterricht absetzen«, versprach Vic und lief in einem Bogen an Mrs. Bethany vorbei. »Auf jeden Fall.«
    »Vergessen Sie es ja nicht!«
    Mrs. Bethany sah den beiden hinterher, und ihre scharfen Augen folgten ihnen wie die eines Falken, der den Blick nicht von seiner Beute lässt. Sie sah auf eine düstere Weise schön aus, mit ihren dicken Haaren, die sich auf ihrem Hinterkopf auftürmten,

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