Evianna Ebel und die Tafeln des Schicksals
sagst, was du weißt. Was mich daran stört ist, dass es hier um das Leben so vieler Menschen geht. Das kann dir doch nicht egal sein?!“
Gabriel sah sie unverwandt an. Seine Nasenflügel bebten.
Dass er ihr nicht sofort widersprach und sie auch nicht anbrüllte, wertete Evianna als gutes Zeichen. Vielleicht war noch nicht alles verloren und sie bekam doch noch das, was sie wollte. Sie gab die Hoffnung nicht auf.
„Ich bitte nicht gern’. Aber in diesem Fall würde ich es tun“, sagte Evianna. „Allein kommt die BVb hier nicht weiter. Deshalb bitte ich dich , Gabriel: hilf mir den oder die Täter zu finden. Ich verspreche, dass ich es niemandem verrate.“
Gabriels Blick verfinsterte sich.„Dir liegt viel daran,den Fall aufzuklären“, sagte er wobei er sich noch ein Stück weiter vorbeugte.
Evianna schob ebenfalls den schlanken Oberkörper vor, sodass sich ihr Gesicht jetzt unmittelbar vor Gabriels befand.„Ich will es unbedingt. Und ich werde es schaffen.“ Gott, dieser Mann sah wirklich verboten gut aus. Und er roch noch viel besser, stellte sie fest, als sein würziger männlicher Duft sie umfing. Es entstand eine Pause, in der keiner von beiden gewillt war, auch nur einen Zentimeter zurückzuweichen. Evianna ertappte sich dabei wie sie sich in dem hellen Blau seiner Augen verlor und zwang sich dazu sich zusammenzureißen.
Es war Gabriel, der das Schweigen brach.„Ich kann deinen eisernen Willen spüren, er ist sogar nahezu greifbar. Doch was ich nicht spürenkann ist Angst.“ Aus irgendeinem Grund schien ihm das zu gefallen. Er lächelte dämonisch, wobei nur die kleinen weißen Spitzen seiner Fänge zum Vorschein kamen.
„Ich habe keine Angst, Vampir“, zischte Evianna - und bereute es sogleich. Wie auf ein Stichwort verloschen alle Kerzen. Im Raum war es plötzlich stockdunkel und im Gegensatz zu Gabriel sah Evianna im Dunkeln nichts. Sie war blind wie ein Maulwurf. Doch ihr Verstand arbeitete einwandfrei. Einem Impuls folgend unterbrach sie die Verbindung zwischen ihrem Kopf und ihrem Körper und unterdrückte so jeglichen Fluchtreflex. Es hatte keinen Sinn zu fliehen, zum einen weil sie bezweifelte, dass sie weit kommen würde, denn mit großer Wahrscheinlichkeit stand Gabriels Schlägertrupp zwischen ihr und dem Weg in die Freiheit. Zum anderen wäre es ein Leichtes für Gabriel sie zu töten, egal ob es dunkel war oder hell. Er brauchte diese Spielchen nicht. Diese kleine Demonstration seiner Macht diente lediglich dazu sie einzuschüchtern.
Im Raum war es totenstill. Trotzdem glaubte Evianna, ihn immer noch dicht vor sich zu spüren. Die Finsternis schien ewig zu dauern, bevor die Kerzen plötzlich wieder aufflackerten. Und direkt vor ihr stand Gabriel, die Zähne gefletscht, die Augen dunkel vor Hunger. Unter Aufbietung jeglicher Willenskraft zwang Evianna ihren Körper dazu stillzuhalten. Selbst als Gabriel langsam den Kopf senkte und seine scharfen Fänge ihrem Hals gefährlich nahe kam, rührte sie sich nicht. Wie gebannt starrte Gabriel auf ihre pulsierende Halsschlagader. Tief in ihm regte sich die Gier nach Blut. Nach dem Blut der Frau, die dort vor ihm stand. Er stellte sich vor, wie sie schmecken würde, süß, kräftig, ohne den Beigeschmack von Furcht. Sein Hunger wuchs. Das Blut floss schnell in ihren Adern und– bei allen Mächten– sie war erregt. Er spürte, dass sie sich nicht wehren würde, wenn er sie jetzt und hier nahm. Wie eine Woge schlug diese Erkenntnis über ihm zusammen und sein Körper reagierte darauf. Ein heißer Blutstrom schoss durch seine Hüften, und bescherte ihm eine riesige Erektion. Gabriel atmete schwer und senkte den Kopf auf ihren Hals. Er öffnete den Mund. Seine Zunge glitt heraus und fuhr aufreizend langsam über die pochende Ader.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Mehdi und Reuben stürmten herein. Beim Anblick von Gabriels langen Fängen dicht an Eviannas Hals blieben sie abrupt stehen und tauschten unsichere Blicke. „Alles okay?“, fragte Reuben vorsichtig. „Verschwindet“, knurrte Gabriel. „Ihr seht doch, ich binbeschäftigt.“
Unter anderen Umständen hätten die beiden jungen Vampire Gabriels Befehl wahrscheinlich sofort Folge geleistet doch waren sie eben nicht nur Vampire sondern auch Adiutoren im Dienste der BVb. Und eine Kollegin mit dem Oberhaupt der Vampire in dieser Situation allein zu lassen, kam daher für sie nicht in Frage– jedenfalls nicht unbedingt. Gabriel drückte sich vom Tisch ab und ging bedrohlich
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